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Prinzen und ein Zar

Welche Royals residierten im Wiener Palais Coburg?

Heute ist es eines der teuersten Luxushotels, vor dem Ersten Weltkrieg lebten im prächtigen Palais Coburg Superreiche, die mit Europas Royals verwandt waren und enge Kontakte zum österreichischen Kaiserhaus hatten. Historiker Günther Fuhrmann über einen Wiener Palast, in dem sogar ein Zar aufwuchs. 

„Krone“: Das Palais Coburg ist eines der schönsten der Wiener Innenstadt. Wer lebte dort?
Günther Fuhrmann: Das Palais Coburg in Wien wurde von Ferdinand Georg Coburg anlässlich der Hochzeit seines Sohnes August mit der französischen Königstochter Clementine von Orléans errichtet. Es erhebt sich auf der Braunbastei, einer der größten Verteidigungswerke der Wiener Stadtbefestigung. Sein Vorgängerbau war das Palais Koháry aus dem 16. Jahrhundert, das jedoch schon so baufällig war, dass man es für den prächtigen Neubau abriss.

Der Neubau wurde prächtig, allerdings verzögerte sich der Einzug des Brautpaares. Wann zog das Paar denn schließlich ein?
Erst als sich der junge Kaiser Franz Joseph mit den Coburgern anfreundete, wurde das Palais bezogen, August und seine Frau Clementine Coburg ließen das Palais prächtig ausstatten, um mit ihren Kindern hier einzuziehen. Es handelte sich um die Söhne Philipp und Ludwig August und die Töchter Clothilde und Amelie, die hier wohnten. Später kam noch der Nachzügler Ferdinand dazu.

Das Palais Coburg in den 1880er Jahren
Das Palais Coburg in den 1880er Jahren(Bild: Austrian Archives / brandstaetter images / picturedesk.com)

Herzog August war nicht sehr bekannt, seine Frau wurde allerdings eine bekannte und legendäre „Königsmacherin“.
Herzog August war ein großer Freund der Wissenschaften und der Künste, doch für Politik interessierte er sich überhaupt nicht. So war es seine Gattin Clementine, die als eine der klügsten Frauen ihrer Zeit galt, die sich um die Geschicke der Familie annahm. Sie war in Paris anwesend, als die Revolution von 1848 ihren Vater Louis Philippe vom Thron vertrieb. Nun war es ihr Ehrgeiz, für ihre Kinder eine Krone zu gewinnen. Der zweitälteste Ludwig August wurde mit der brasilianischen Kaisertochter Leopoldina der jüngeren verheiratet in der Hoffnung, im einzigen Kaiserreich in der Neuen Welt, einen neuen Familienzweig zu etablieren.

Gelang der Sprung über den Atlantik?
Nein, 1889 endete die Monarchie in Brasilien und die kaiserlich-brasilianischen Coburg-Sprösslinge mussten nach Europa ins Exil. Im steirischen Schladming fanden sie eine neue Heimat. Tochter Clothilde heiratete Erzherzog Joseph, den Chef der ungarischen Linie der Habsburger. Sie lebte in Budapest und bildete mit ihrem Mann das „First Couple“ des Landes, zumindest wenn Franz Joseph nicht dort residierte.

Clothilde Coburg sollte in die neue Welt verheiratet werden.
Clothilde Coburg sollte in die neue Welt verheiratet werden.(Bild: akg-images / picturedesk.com)

Eine Bewohnerin des Palais Coburgs heiratete in die Herkunftsfamilie der berühmten Kaiserin „Sisi“ ein.
Prinzessin Amelie sollte Prinz Leopold von Bayern, den Sohn von Prinzregent Luitpold heiraten, doch der jüngste Bruder von Kaiserin Elisabeth verliebte sich unsterblich in die Coburgerin. Max Emmanuel in Bayern bat seine kaiserliche Schwester um Hilfe und diese zögerte nicht. Sie bot dem bayrischen Prinzen Leopold die Hand ihrer eigenen Tochter Gisela an, um die Verlobung mit Amelie zu lösen. Danach war diese frei für den Bruder der Kaiserin.

Prinzessin Amelie heiratete Kaiserin Sisis Bruder.
Prinzessin Amelie heiratete Kaiserin Sisis Bruder.(Bild: Austrian Archives / brandstaetter images / picturedesk.com)

Prinz Philipp war dafür ein enger Freund von Kronprinz Rudolf und einer der wenigen, der wusste, was in Mayerling wirklich geschah. 
Philipp war der Erbe des Coburg-Koháry Vermögens. Das machte ihn sogar  ebenbürtig für eine Königstochter, so wurde er mit Luise von Belgien verheiratet. Sie wurde zur Grande Dame der Ringstraßenzeit und galt als die eleganteste Frau von Wien. Als ihre jüngere Schwester Stephanie Kronprinz Rudolf heiratete, waren die Coburgs im Mittelpunkt der Gesellschaft. Rudolf freundete sich mit seinem 15 Jahre älteren Schwager Philipp an, die beiden teilten das Interesse für Wissenschaften und Forschung.

Philipp war steinreich und ein Freund von Kronprinz Rudolf.
Philipp war steinreich und ein Freund von Kronprinz Rudolf.(Bild: Roger Viollet / picturedesk.com)

Unternahmen sie viel gemeinsam?
Sie waren immer zusammen. Regelmäßig gingen sie gemeinsam zur Jagd, Rudolf besuchte Philipp in seinen Revieren in der Tatra und den Karpaten, Philipp kam zu Rudolf in die Donauauen nach Schloss Orth und immer öfter in dessen Lieblingsaufenthalt Schloss Mayerling im Wienerwald. Auch am Morgen des 30. Jänner 1889 war Philipp von Wien nach Mayerling gefahren, man hatte auf ihn gewartet, bevor man das Schlafzimmer aufbrach. Philipp soll angesichts des Leichnams seines Freundes und Schwagers zusammengebrochen sein und erst am Abend konnte er zurück nach Wien fahren, wo er Kaiser Franz Joseph Bericht von den Ereignissen gab.

Nach Mayerling gab es den nächsten Schock in der Gesellschaft – die Scheidung Philipp Coburgs.
Die Ehe mit seiner Frau Luise sollte in einem gewaltigen Skandal enden. Luise war mit einem Liebhaber durchgebrannt und hatte gewaltige Schulden angehäuft, Philipp weigerte sich diese zu bezahlen. Als Luise versucht hatte, die Unterschrift ihrer Schwester, der Kronprinzessinwitwe Stephanie auf einem Wechsel zu fälschen, wurde eingeschritten und sie als unzurechnungsfähig in ein Sanatorium eingewiesen. Ihr Liebhaber entführte sie jedoch zwei Jahre später und verkaufte diese „Befreiung“ als große Liebesgeschichte an die Weltpresse.

Luise stammte aus dem belgischen Königshaus und heiratete bei den Coburgs ein.
Luise stammte aus dem belgischen Königshaus und heiratete bei den Coburgs ein.(Bild: Sammlung Rauch / Interfoto / picturedesk.com)

Wie reagierte der Kaiser auf so viel Presse?
Auf Befehl von Kaiser Franz Joseph ließ sich Philipp von seiner Frau scheiden. Die beiden hatten einen Sohn, Prinz Leopold, der 1916 tragisch ums Leben kam. Seine damalige Freundin hatte ihm Säure ins Gesicht geschüttet, er starb an den Folgen dieses Anschlags. Philipp verließ daraufhin Wien, er starb vereinsamt 1922 in Coburg. Seine Exfrau Luise veröffentlichte 1925 Memoiren, eine „Chronique Scandaleuse“, in der vor allem ihr Mann mehr als negativ dargestellt wurde, während Zeitgenossen meist mit großem Respekt über ihn sprachen.

Im Wiener Palais Coburg wuchs auch ein Zar heran.
Im Jahr 1861 kam als Nachzügler Prinz Ferdinand von Sachsen-Coburg zur Welt. Seine Mutter Clementine war fast 45 als ihr Jüngster geboren wurde. Er wurde ihr absoluter Liebling und sie war überzeugt, er sei für eine Krone geboren. Doch gab es weit und breit keinen freien Thron für Ferdinand – bis 1887 ein Staatsstreich in Sofia den Fürsten Alexander von Battenberg als Staatschef vertrieb. Das erst neun Jahre zuvor unabhängig gewordene Bulgarien brauchte einen neuen Fürsten, doch alle europäischen Dynastien winkten ab, denn der russische Zar Alexander III. hatte das Land zu seinem Einflussbereich erklärte, niemand wollte es sich mit Russland verscherzen.

Das Palais Coburg heute
Das Palais Coburg heute(Bild: viennaslide / picturedesk.com)

Mutter und Sohn Coburg dürfte der russische Einfluss nicht abgehalten haben.
Ferdinand und seine ehrgeizige Mutter witterten ihre Chance. Obwohl niemand es dem verwöhnten Wiener Prinzen zutraute, in einem politisch gebeuteltes Balkanland zu überleben – geschweige denn, ein solches zu regieren –, erklärte Ferdinand seine Kandidatur für den bulgarischen Thron und reiste im Sommer 1887 nach Sofia ab. Und er überraschte alle. Nicht nur überlebter er als Fürst, er stieß einen Modernisierungsprozess an, der Bulgarien binnen kurzer Zeit zu einem modernen Staatswesen machte. 1908 nahm Ferdinand den Titel eines „Zar von Bulgarien“ an, der seit dem Mittelalter als erloschen galt.

Ferdinand Coburg wurde der Zar von Bulgarien.
Ferdinand Coburg wurde der Zar von Bulgarien.(Bild: akg-images / picturedesk.com)

Ferdinand blieb aber nicht bis an sein Lebensende Zar von Bulgarien.
Die Balkankriege und der Erste Weltkrieg, in dem Bulgarien auf Seiten der Verlierer stand, zwangen Ferdinand 1918 zur Abdankung. Er ging ins Exil nach Coburg, wo er 1948 starb. Doch die bulgarische Monarchie überlebte, sein Sohn Boris III. regierte bis zu seinem Tod 1943, dessen Sohn Simeon II. bestieg als Kind den Thron und wurde erst 1946 von den Kommunisten vertrieben. In den 1990er Jahren kehrte er zurück und wurde von den Bulgaren zum Ministerpräsidenten gewählt. Simeon lebt heute in Sofia, 2024 ließ er die sterblichen Überreste seines Großvaters Ferdinand von Coburg überführen und in der neuen königlichen Gruft im Vrana-Palast vor den Toren Sofias beisetzen.

Zur Person
Günther Fuhrmann
(Bild: Starpix / picturedesk.com)

Der Jurist und Historiker arbeitet im Museumsbereich sowie als Ausstellungskurator und Autor. Neben Büchern und Ausstellungen über den Koháry-Zweig des Hauses Sachsen-Coburg erforschte er auch den Exilhof der Bourbonen in Niederösterreich. Er gestaltete zudem zahlreiche historische Dokumentationen. Günter Fuhrmann lebt und arbeitet in Wien und im Weinviertel.

Gibt es noch heute Nachfahren der Coburgs in Österreich?
Von den Coburg-Koháry leben noch heute Nachfahren der brasilianischen Linie in Österreich. Doch die Umbrüche des 20. Jahrhunderts, vor allem die Landreformen nach dem Ersten Weltkrieg und die Verstaatlichungen nach der kommunistischen Machtübernahme nach dem Zweiten Weltkrieg vernichteten den Großteil der Besitzungen.

Wer besitzt das Palais Coburg heute?
Bereits in den 1970er Jahren wurde das Palais Coburg in Wien verkauft, nach Jahren der Vernachlässigung erwarb es 1997 der Unternehmer Peter Pühringer und ließ es aufwendig sanieren. Heute gehört es einer von ihm gegründeten Stiftung, die im Palais ein Luxushotel betreibt.

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