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Wie Österreich wählte

Wer siegte bei der ersten Wahl in der Republik?

 

 

Der erste Urnengang in der neu errichteten Republik Deutschösterreich im Jahr 1919 brachte eine rot-schwarze Regierung. Die Zeitgenossen bezeichneten sie als „Notgemeinschaft mit Ablaufdatum“, doch beide Parteien bemühten sich um ein gutes Auskommen. Erstmals gaben auch Frauen ihre Stimme ab.

 

Am 16. Februar 1919 fand die Wahl der konstituierenden Nationalversammlung der Republik Deutschösterreich statt. Es war die erste Wahl nach dem Ende der Habsburgermonarchie. Erstmals durften auch Frauen ihre Stimme abgeben. Bei der Einführung des allgemeinen Wahlrechts im Jahr 1907 waren sie noch ausgeschlossen geblieben – trotz lauter Proteste der Anhängerinnen der Sozialdemokratie und der bürgerlichen Frauenbewegung. Politiker aller Fraktionen hatten damals in seltener Einigkeit das Frauenwahlrecht abgelehnt und die wenigen, die die Frauen dennoch unterstützten, hatten dies nur halbherzig getan.

Große Ängste rund um das neue Frauenwahlrecht
Die Erklärungen der Herren Politiker, warum sie das Frauenwahlrecht verhinderten, waren allerdings höchst unterschiedlich ausgefallen: Die Mehrheit der bürgerlichen Abgeordneten des Reichsrats – des alten Parlaments der Habsburgermonarchie – hatte sich hinter der höflich klingenden Begründung verschanzt, dass man „die Frauen nicht durch den politischen Schmutz gezogen“ sehen wollte. Aufseiten der Sozialdemokraten hatte man befürchtet, dass vor allem jene Frauen das Wahlrecht nutzen würden, die „von Pfaffen beeinflusst“ waren und wohl mehrheitlich christlichsozial wählen würden – was sich zwölf Jahre später als richtige Annahme erwies, erhielten dann doch die Christlichsozialen den höheren Stimmenanteil bei weiblichen Wahlberechtigten.

1919 brachte die neue Regierungsform auch neue gesellschaftspolitische Verhältnisse: Gleich bei Ausrufung der Republik wurde das allgemeine, gleiche Wahlrecht für Mann und Frau festgeschrieben.

Die erste Regierungsbildung in der Republik
Auch die Zusammensetzung des Parlaments war nun grundlegend verändert – die ersten Wahlen der Republik schufen völlig neue Mehrheitsverhältnisse. Vor dem Ersten Weltkrieg hatte die Großdeutsche Volkspartei (ein Zusammenschluss deutschnationaler und deutsch-liberaler Parteien) die stärkste Fraktion gestellt. Jetzt gingen die Sozialdemokraten als stimmenstärkste Partei aus den Wahlen hervor, dicht gefolgt von den Christlichsozialen.

(Bild: Krone KREATIV)

Als Folge der Wahlergebnisse wählte die Nationalversammlung eine sozialdemokratisch-christlichsoziale Koalitionsregierung. Diese Koalition machte zwar weder Rot noch Schwarz glücklich – hinter vorgehaltener Hand wurde bei beiden Fraktionen von einer „Notgemeinschaft mit Ablaufdatum“ gesprochen –, was beide Parteien aber wussten, und auch ernst nahmen, war, dass man mit dem ungeliebten Partner konstruktiv zusammenarbeiten musste.

Die wirtschaftliche Lage war katastrophal, die Parteien mussten handeln
Es galt schließlich, für das Schicksal von Land und Bevölkerung wesentliche Entscheidungen zu treffen: Die Versorgungslage war nach wie vor katastrophal, die Menschen hatten einen weiteren Hungerwinter hinter sich. Es mussten Hilfslieferungen aus dem Ausland organisiert werden. Zudem standen die Friedensverhandlungen mit der Entente bevor: Nur eine geeinte, starke Regierung würde überzogenen Forderungen seitens der Siegermächte Paroli bieten können.

Die rot-schwarze Koalition sollte nur bis 1920 halten. Doch in dieser kurzen Zeit verabschiedete sie eine Reihe bedeutender sozialpolitischer Maßnahmen. Für Fabriksarbeiter wurde der Acht-Stunden-Tag eingeführt, sie mussten insgesamt nur mehr 48 Stunden pro Woche arbeiten, Frauen und Jugendliche nur mehr 44 Wochenstunden. Außerdem wurde u.a. eine Arbeitslosenversicherung und eine Urlaubsregelung eingeführt sowie ein Betriebsräte-Gesetz erlassen. Dennoch kam es schon nach 15 Monaten zum Koalitionsbuch, bis zu den Neuwahlen wurde die Koalitionsregierung durch ein Proporzkabinett ersetzt. Aus den Neuwahlen am 17. Oktober 1920 gingen dann die Christlichsozialen als Sieger hervor.

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