Rufe nach Rache

Tausende Tunesier bei Mordopfer-Trauerzug

Ausland
27.07.2013 16:09
In Tunesien haben bei der Beerdigung des ermordeten Oppositionspolitikers Mohamed Brahmi (Bild) Zehntausende Menschen gegen die herrschenden Islamisten demonstriert. Sie forderten die Regierung am Samstag zum Rücktritt auf und machten den Chef der Regierungspartei Ennahda, Rached Ghannouchi, für das Attentat verantwortlich. Später zogen Demonstranten vor die Verfassungsgebende Versammlung in der Hauptstadt Tunis. Die Polizei ging mit Tränengas gegen sie vor. Die Proteste forderten auch schon ein Todesopfer.

In der Stadt Gafsa im Zentrum des Landes kam in der Nacht auf Samstag ein Demonstrant ums Leben. Zu den näheren Umständen des Todes gab es widersprüchliche Angaben. Fest steht jedoch, dass der 45-Jährige bei einem Polizeieinsatz getötet wurde. Laut einem AFP-Reporter wurde der 45-Jährige tödlich von einer Tränengaspatrone am Kopf getroffen, als die Polizei Demonstranten an der Erstürmung von Regierungsbüros hindern wollte. Der Demonstrant erlag seinen Verletzungen kurze Zeit später im Krankenhaus.

Auslöser der Proteste war der Tod Brahmis, der am Donnerstag vor seinem Haus erschossen worden war. Die Regierung macht eine radikale Salafistengruppe dafür verantwortlich. Brahmi sei mit derselben Waffe getötet worden wie bereits im Februar der Oppositionspolitiker Chokri Belaid.

Rufe nach Rache bei Begräbnis
Das Begräbnis des ermordeten Politikers am Samstagvormittag wurde gleichzeitig als Protestmarsch inszeniert. Der Trauerzug setzte sich am Morgen an Brahmis Wohnhaus im Vorort Ariana in Bewegung. Mitglieder seiner Familie und Anhänger des Ermordeten nahmen den mit einer tunesischen Flagge geschmückten Sarg auf die Schultern. Auch viele Trauernde schwenkten Fahnen. "Mit unseren Seelen und unserem Blut werden wir dich rächen, Märtyrer", rief die Menge. Zu den Trauerfeierlichkeiten waren auch mehrere Hundert Menschen aus Brahmis Geburtsort Sidi Bouzid angereist, Vertreter der Regierung nahmen hingegen nicht teil.

Die Sicherheitskräfte begleiteten den Trauer- und Protestmarsch mit einem Großaufgebot. Hunderte Soldaten und Polizisten waren an der Strecke postiert, Militärhubschrauber flogen über die Menge hinweg. Brahmi sollte neben dem Grab des im Februar ebenfalls ermordeten Oppositionspolitikers Chokri Belaid beerdigt werden.

Bombenanschlag wenige Stunden vor Trauerfeier
Aufgeheizt wurde die ohnehin schon aufgeladene Stimmung von einem Bombenanschlag, der sich wenige Stunden zuvor nahe einer Polizeiwache ereignet hatte. Der Sprengsatz war in einem Polizeiauto versteckt (Bild 2). Opfer gab es laut einem Sprecher des Innenministeriums keine.

Fast alle Flüge nach Tunesien ausgefallen
Bereits am Freitag waren Tausende Oppositionelle in der Hauptstadt Tunis auf die Straße marschiert und forderten in einem Generalstreik die Absetzung der moderat-islamischen Regierung. Europäische Fluggesellschaften mussten fast alle Flüge in das nordafrikanische Mittelmeerland streichen. Die Flaggen in Tunis wehten auf halbmast. Präsident Moncef Marzouki hatte Staatstrauer anordnen lassen, um ein Zeichen gegen Terrorismus und Gewalt zu setzen.

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