Nach Schuldspruch

Putin-Gegner Nawalny vorerst auf freiem Fuß

Ausland
19.07.2013 12:26
Nach spontanen Protesten und scharfer internationaler Kritik an der russischen Justiz ist der Kremlkritiker Alexej Nawalny - vorläufig - wieder auf freiem Fuß. Unter Auflagen setzte ein Provinzgericht in der Stadt Kirow am Freitag die Untersuchungshaft aus, damit der 37-Jährige an der Bürgermeisterwahl in Moskau am 8. September teilnehmen kann. Nawalny, der den Richterspruch in einem Glaskasten hörte, zeigte sich erleichtert. Allerdings erhielt er die Auflage, Moskau nicht zu verlassen.

"Danke allen Leuten, die auf die Straße gegangen sind - ohne sie wäre das hier nicht möglich gewesen", sagte Nawalny in der Stadt Kirow, 900 Kilometer nordöstlich von Moskau. Was nun vor Gericht passiert sei, beweise einmal mehr die Willkürjustiz in Russland. Zugleich betonte der Oppositionspolitiker, dass er erst nach seiner Rückkehr nach Moskau über den Fortgang des Wahlkampfes entscheiden werde.

Der 37-Jährige Jurist warf dem Kreml vor, ihn eben noch mit dem Verfahren und einer Gefängnisstrafe aus dem Wahlkampf gerissen zu haben. Nun wollten sie ihn plötzlich praktisch an der Teilnahme zwingen. Kommentatoren meinten, Nawalnys Kandidatur diene dazu, dass Amtsinhaber Sergej Sobjanin von einer ehrlichen Abstimmung sprechen könne.

Der scharfe Gegner von Präsident Wladimir Putin war am Vortag zu fünf Jahren Straflager wegen Veruntreuung verurteilt worden, weil er 2009 als Berater eine staatliche Holzfirma betrogen haben soll. Dabei soll ein Schaden von 400.000 Euro entstanden sein. Beobachter bezeichneten das Verfahren gegen Nawalny als "Schauprozess".

Nach Urteil Proteste in zahlreichen Großstädten
Nach dem Urteil gegen Nawalny hatten sich in zahlreichen Großstädten Russlands Tausende Menschen spontan zu Protesten versammelt. Allein in Moskau sprach die Opposition von 20.000 Demonstranten. Die Behörden sperrten mehrere Plätze unweit des Parlaments und des Kreml ab und begründeten den Schritt damit, dass die Demonstration nicht genehmigt sei. Es gab Dutzende Festnahmen.

Der bekannte Blogger hatte im Internet seine zahlreichen Anhänger aufgefordert, nicht tatenlos zu sein. Der Richterspruch löste international Kritik aus. Aber auch in Russland selbst wurde der Prozess scharf kritisiert. Das Verfahren sei "von vorne bis hinten konstruiert, nicht einmal der Richter konnte das vermeintliche Motiv hinter der Tat benennen", sagte der Oppositionelle Boris Nemzow, der den Prozess im Gerichtssaal verfolgte. Der Kreml- Kritiker Michail Chodorkowski rief die Russen von dem Straflager, wo er eine elfjährige Haftstrafe verbüßt, auf, Widerstand gegen die "repressive Maschine" zu leisten.

Gorbatschow: "Russland hat keine unabhängigen Gerichte"
Der frühere sowjetische Staatschef Michail Gorbatschow erklärte, es sei "inakzeptabel", Gerichte dazu zu benutzen, um politische Gegner zu bekämpfen. Alles, was er über diesen Fall wisse, zeige ihm, dass Russland "keine unabhängigen Gerichte hat". Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International sprach von einer "Parodie eines Prozesses", der politisch motiviert sei und "höchst fragwürdige" Vorwürfe behandelt habe.

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