Baby von Häftling

Wachebeamtin: “Ich bereue die Beziehung nicht”

Österreich
13.07.2013 15:39
Eine blöde Idee. "Eine saublöde", korrigiert Astrid Wagner ihre Mandantin. Damit ist eigentlich alles gesagt. Sandra - suspendierte Justizwachebeamtin, werdende Mutter, des Amtsmissbrauchs verdächtigt - lässt sich auf dem Besuchersessel in der Wiener Anwaltskanzlei nieder, seufzt. Sie hat Insassen in Österreichs größter Strafvollzugsanstalt illegal mit Handys versorgt, hat sich mit einem Häftling eingelassen. Für die 34-Jährige eine "Beziehung" und keine "Affäre".

Sie spricht von Liebe, Liebe zu einem 31-jährigen Bosnier, der in Salzburg eine Prostituierte ausgeraubt hat und dafür zu acht Jahren Haft verurteilt wurde. Auch Sandras Schmuggel-Aktivitäten werden nicht ohne Konsequenzen bleiben. Sie weiß das, bereut, "so blöd" gewesen zu sein. Was die werdende Mutter aber nicht bereut: das Kind eines verurteilten Räubers unter dem Herzen zu tragen.

"Es wird ein Mädchen"
Sandra verschränkt ihre Finger schützend vor ihrem Babybauch, spielt mit den Bändern ihrer blauen Bluse. Eigentlich passt die Farbe gar nicht. "Es wird ein Mädchen", erzählt sie mit einem Lächeln im Gesicht, als sei alles eitel Wonne. Namen gibt es noch keinen für den Nachwuchs. Wie auch, sie will ihn gemeinsam mit dem Kindesvater aussuchen - doch jeglicher Kontakt zu ihm ist ihr seit Mai untersagt.

Sufjan wurde damals aus seiner Zelle im niederösterreichischen Krems-Stein geschmissen, besser gesagt nach Suben in Oberösterreich "verlegt", um die Wogen zu glätten und weiteren Kontakt zu seiner "geliebten" Bewacherin zu unterbinden. Wie es überhaupt zu dieser Beziehung kommen konnte? Sandra hatte Dienst in der Werksküche der Anstalt, er auch – als Kellner. "Aber da war noch nichts", erklärt Sandra.

Handys ins Gefängnis geschmuggelt
Im März 2012 wurde der Strafvollzug des Häftlings gelockert, er kam in die Außenstelle Oberfucha. Keine versperrten Zellentüren mehr, Handys erlaubt. Im Juni bekam er endlich Haftausgang. Was dann passierte, muss wohl nicht im Detail ausgeführt werden - nur eines: "Viele glauben, wir hätten es in einer Zelle getan. Nein, es ist nie etwas in der Justizanstalt passiert", beteuert die Beamtin - zumindest nichts Sexuelles. 

Kriminelle Aktivitäten seitens der 34-Jährigen gab es aber schon. Sie schmuggelte Handys ins Gefängnis - in Wien in Empfang genommen, im Eistee-Tetrapak verstaut, in der Haftanstalt in einen Mistkübel "geschmissen", um von den Endverbrauchern abgeholt zu werden. Ein Mithäftling ihres Lebensgefährten habe ihr das Angebot gemacht, "sich eine Kleinigkeit dazuzuverdienen". Offenbar mit etwas Nachdruck, er wusste von der Beziehung der beiden. 

"Haben versucht, es geheim zu halten"
Einmal 600, einmal 800 Euro gab es für die Schmuggel-Tätigkeiten. "Ich habe einen Fehler gemacht, und ich stehe dazu. Er (Sufjan, Anm.) wusste nichts davon", erklärt Sandra - ebenso wenig wie die Chefetage und Kollegenschaft von der verbotenen Liebe des ungleichen Paares. "Wir haben versucht, es geheim zu halten. Ich wusste, dass wir beide Schwierigkeiten bekommen - er und ich!", so die 34-Jährige. Wie wahr. Der mutmaßliche Schmuggel-Auftraggeber plauderte Anfang des Jahres. Sandra weiß nicht, warum.

Telefonüberwachungen folgten, Einvernahmen, dann die Suspendierung als werdende Mutter. Das Baby - eigentlich hätte die Beamtin laut Prognose ihrer Ärzte aufgrund einer Schilddrüsen-Unterfunktion nie schwanger werden können -, der Traum von einer gemeinsamen Zukunft mit einem Mann, der "einen Fehler gemacht hat, aber ein Mensch ist", so Sandra. All das gibt der gebrochenen Frau Kraft.

"Jeder macht Fehler im Leben"
Und die wird sie brauchen. Gegen Sufjan wurde ein Aufenthaltsverbot ausgesprochen. "Ich wünsche mir, dass alles seinen richtigen Weg findet. Und dass er bei der Geburt da ist", so Sandra. Dann blickt die 34-Jährige mit ihren rehbraunen Augen auf, sagt mit fester Stimme: "Jeder macht Fehler im Leben! Aber ER ist sicher nicht mein Fehler gewesen."

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