Vor exakt vier Jahren wurde Andreas Holzer vom Bundespräsidenten zum Chef des Bundeskriminalamtes ernannt. Mit der „Krone“ sprach er über die Wichtigkeit der Kriminaldienstreform, die leidige Thematik der Messenger-Überwachung – und die explodierende Zahl an Tätern und Verdächtigen aus Syrien.
Seit vier Jahren verantwortet Andreas Holzer schon mehr als 800 Mitarbeiter in acht Abteilungen des Bundeskriminalamtes. Ein Jahr, bevor seine Amtszeit (vorerst) ausläuft, zieht er mit der „Krone“ eine Zwischenbilanz. Daran, dass er ab 2026 gerne weiterhin der oberste Kriminalbeamte des Landes bleiben würde, lässt er keinen Zweifel: „Ich habe noch vieles vor.“
„Man darf hier kein Geld einsparen“
Zum Beispiel die Kriminaldienstreform, die die Polizeidienststellen des Landes digitalisieren, modernisieren und für die Zukunft aufstellen soll. Dass eine künftige Regierung jene Reform einfach abdrehen könnte, glaubt Holzer nicht. Er rät auch nicht dazu: „Die muss man trotz Beteiligung an Sparvorhaben umsetzen.“
Wie kommt die Bevölkerung dazu, dass die Polizei sie nicht richtig schützen kann?
Andreas Holzer zur fehlenden Möglichkeit der Messenger-Überwachung.
Polizei kann Bevölkerung nur mit modernen Maßnahmen richtig schützen
Ein leidiges Thema zieht sich wie ein roter Faden durch die Arbeit von Polizei, Kriminalisten und Geheimdienstlern – die fehlende Möglichkeit zur Überwachung von Messengerdiensten. Dass jene endlich umgesetzt wird, scheint auch unter Blau-Schwarz äußerst unwahrscheinlich. Man sei taub und blind bei gewissen Ermittlungen, so Holzer. Und weiter: „Wie kommt die Bevölkerung dazu, dass die Polizei nicht die adäquaten Befugnisse hat?“ Bei der Telefonüberwachung benötige man auch zahlreiche Stufen im Strafprozess und im Rechtsschutz, bevor sie genehmigt werden. Die selben Stufen würden bei der Messenger-Überwachung auch eingehalten, so Holzer.
Kooperation mit anderen Staaten weltweit notwendig
In Zukunft will Holzer weiter auf Ausbildung, Rekrutierung und Digitalisierung setzen. In Tamsweg (Sbg.), in Horn (NÖ) und im Wiener Floridsdorf gibt es dafür schon drei sogenannte Cyber-HAKs. An den Schulen würden schon junge Leute für die Polizeiarbeit begeistert. Holzer will künftig für sein Bundeskriminalamt „Leute, die sowohl Polizei als auch IT können“. Zusätzlich liegt ihm ein weiterer Ausbau der internationalen Kooperationen am Herzen. Da müsse man auch mit Staaten wie China einbeziehen: „Wir brauchen die ganze Welt als Kooperationspartner“. Vor allem, wenn man selbst keine Chats von Verdächtigen mitlesen könne.
Auch 2024 stieg die Zahl der Delikte weiter an
Das Jahr 2024 war für Kriminalbeamte kein leichtes. Neben großen Ermittlungen stieg die Anzahl an strafrechtlichen Delikten gegenüber 2023 generell an. 1400 Delikte pro Tag wurden in Österreich verübt, 36 Prozent davon alleine in Wien. Von 330.000 Tatverdächtigen (pro Jahr im Schnitt) stammen mittlerweile rund 100.000 aus Wien. Eklatant ist dabei der Anstieg an ausländischen Verdächtigen. Er stieg von 2015 bis 2024 um zehn Prozent – schon 47 Prozent der Verdächtigen kommen nicht aus Österreich.
Immer mehr Syrer als Tatverdächtige
Die meisten von ihnen stammen – wie auch schon in der Vergangenheit – aus Deutschland und Rumänien. 2024 jedoch neu unter den Top 3 der Tatverdächtigen: die Syrer. 2015 wären jene noch gar nicht in den Top 10 vertreten gewesen, so Holzer.
Worauf Holzer stolz ist: mit Aufklärungsarbeit in der Bevölkerung sei es gelungen, Cyberkriminalität, wie Internetbetrug oder Erpressungen, um sechs Prozent zu verringern. Was dagegen anstieg: Organisierte Kriminalität, Kfz-Einbrüche mit fremden Tatverdächtigen sowie Diebstähle und Angriffe auf Computersysteme, wie auch jene der kritischen Infrastruktur. Es seien immer noch zu wenige Unternehmen, die Anzeige erstatten würden, bemängelt der Direktor des Bundeskriminalamtes.
Ich würde auch ab 2026 gerne in der Funktion weitermachen – unabhängig davon, welche Regierung wir dann haben.
BKA-Chef Andreas Holzer hat auch für die Zukunft Pläne
„Stolz, große Ermittlungen bei uns zu haben“
Für eine mögliche Zukunft als BK-Chef gäbe es für Holzer demnach „noch vieles zu tun“. Rückblickend auf seine ersten vier Jahre in dem Amt zeigt sich Holzer jedenfalls stolz, große Ermittlungen verantworten zu dürfen, wie etwa die Soko Signa, die AG Fama (Anmerkung: befasste sich unter anderem mit den Vorfällen im BVT und im Zusammenhang mit der Wirecard AG) oder die aufsehenerregende Operation Achilles (Anmerkung: gegen Mafia-Organisationen in Serbien und Montenegro). Man sei, so Holzer, in manchen Bereichen der Kriminalpolizei „auf Augenhöhe mit großen Polizeibehörden wie dem FBI“. Dennoch dürfe man auch in Zukunft nicht vergessen, dass es für die Zukunft der Polizei sowohl klassische Ermittlungsarbeit als auch digitale Kenntnisse benötige.
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