Je trüber das Wasser, desto schlechter ist die Sicht, denn Teile des für uns sichtbaren Lichts werden an Mikropartikeln, die das Wasser trüben, gestreut und absorbiert. Das langwelligere rote und infrarote Licht wird nicht so stark gestreut, daher erhöht sich sein relativer Anteil im trüben Wasser deutlich.
"Ganz offensichtlich haben sich Fische diesen Umstand im Laufe der Evolution zunutze gemacht", meint Denis Shcherbakov, Leiter der Arbeitsgruppe Magnetobiology and Animal Orientation von der Universität Hohenheim in einer Aussendung.
Buntbarsche reagierten auf Infrarotlicht
Dass Fische überhaupt in der Lage sind, Licht im Bereich des nahen Infrarots zu sehen, ist den Biologen erst seit Kurzem bekannt. "Dann fiel uns in Zusammenhang mit einem ganz anderen Experiment mit Mosambik-Buntbarschen (Bild 1) auf, dass die Tiere auf das Infrarotlicht zu regieren schienen", berichtet Shcherbakov. Im Test schwammen die Fische gezielt auf die infrarote Lichtquelle zu.
Um die ökologische Bedeutung des Infrarot-Sehens zu untersuchen, wählten Shcherbakov und seine Mitarbeiterinnen fünf Fischarten aus verschiedenen Lebensräumen aus. Dabei verglichen sie drei Arten, die Klarwasser bevorzugen, mit zwei Fischarten aus trüben Gewässern. Als Klarwasserfische wählten die Forscher die beliebten Zierfische Guppy und Schwertträger sowie den als Forschungsobjekt sehr beliebten Zebrafisch (Bild 2). Der Nil-Buntbarsch und der Mosambik-Buntbarsch, zwei wirtschaftlich wichtige Speisefische aus Afrika, bewohnen sehr trübe Gewässer.
"Wie Licht am Ende des Tunnels"
Für ihre Experimente setzte die Biologen jeweils einen Jungfisch in einen kleinen runden Wasserbehälter und beleuchteten ihn mit einer infraroten Lichtquelle, die je nach Experiment unterschiedliche Spektren emittierte. "Eine einzelne Lichtquelle wirkt auf Fische wie das Licht am Ende eines Tunnels auf uns", erklärten die Forscher. "Wenn sie es wahrnehmen, bewegen sie sich direkt darauf zu."
Bei den Versuchen zeigte sich, dass die Fischarten sehr unterschiedlich reagierten. Am lichtempfindlichsten waren Nil- und Mosambik-Buntbarsche, die beiden Spezies aus dem trüben Lebensraum. "Sie nahmen die infrarote Strahlung bis zu einem Spektralbereich von über 930 Nanometer wahr", fasst Shcherbakov zusammen. Die Lichtempfindlichkeit der Klarwasserfische sei viel geringer gewesen: "Guppys und Zebrafische zeigten bereits ab Wellenlängen über 910 nm keinerlei Reaktion. Der Schwertträger reagierte sogar nur auf Wellenlängen bis zu 845 nm."
Evolutionäre Anpassung an den Lebensraum
Diese Ergebnisse deuten auf eine klare evolutionäre Anpassung der jeweiligen Spezies an die vorherrschenden Lichtbedingungen in den von ihnen bewohnten Habitaten. Das eröffnet den Forschern völlig neue Beobachtungsmöglichkeiten für Verhaltensstudien.
"Wenn wir die individuellen Sehgrenzen der verschiedenen Fischarten kennen, können wir die Fische bei Lichtwellen beobachten, die für Beobachtungskameras sichtbar sind, während sich der Fisch in völliger Dunkelheit wähnt. Das ist für alle Studien wichtig, in denen eine störende Wirkung vom wahrnehmbaren Licht sicher ausgeschlossen werden muss", schreiben die Wissenschaftler. Die Ergebnisse wurden im Fachmagazin "PLOS ONE " publiziert.
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