Präsidentenwahl
Rumänien: Sorgenfall an Europas Ostflanke
Die Präsidentenwahl in Rumänien kommende Woche treibt der NATO und der EU Sorgenfalten auf die Stirn. Was es bedeutet, wenn Putin-Freund Georgescu gewinnt.
Rumänien steht vor einer entscheidenden Weichenstellung. Die erste Runde der Präsidentschaftswahlen hat das Land in Unruhe versetzt. Der überraschend starke Auftritt des rechtsextremen Kandidaten Călin Georgescu sorgt für Sorgenfalten bei westlichen Partnern, während seine Gegnerin Elena Lasconi versucht, ein breit gefächertes Mitte-rechts-Bündnis zu mobilisieren. Eine Neuauszählung der Stimmen soll nun Klarheit verschaffen, wer am 8. Dezember in die Stichwahl geht. Doch es geht um mehr als nur eine Personalfrage.
Strategische Bedeutung für NATO und EU
Mit der längsten EU-Grenze zur Ukraine und seiner Rolle als Transitland für Waffenlieferungen an Kiew ist Rumänien ein unverzichtbarer Pfeiler der NATO-Ostflanke. In Deveselu steht die NATO-Raketenabwehrbasis, in Constana entsteht bis 2040 die größte Luftwaffenbasis des Militärbündnisses in Europa – ein milliardenschweres Projekt, das Rumäniens strategische Bedeutung unterstreicht. Anstoss für die Planungen war die russische Annexion der Krim 2014.
Georgescu, ein Kritiker der NATO-Präsenz, hat sich wiederholt gegen diese Einrichtungen ausgesprochen. Seine möglichen Wahlerfolge könnten die Sicherheitsarchitektur in Osteuropa destabilisieren. „Bestehende Stationierungsverträge hindern ihn daran, die Raketenabwehrbasis zu schließen“, so Experte Gustav Gressel zur „Krone“, „aber er könnte durch Verzögerungstaktiken und Personalentscheidungen das Vertrauen in Rumänien als zuverlässigen Verbündeten untergraben“.
Gefährdung der Einheit in der EU
Gleichzeitig stellen Georgescus pro-russische Positionen die bisher klare Unterstützung Bukarests für die Ukraine infrage. Rumänien ist nicht nur ein militärischer Akteur, sondern auch ein wichtiger Partner in der europäischen Solidarität mit Kiew. Ein Kurswechsel würde negative Folgen für die Ukraine und möglicherweise auch für den Nachbar, die Republik Moldau, nach sich ziehen, deren pro-europäische Regierung ohnehin unter Druck steht. Hinzu kommt die Sorge, dass ein populistisch-nationalistisches Rumänien sich mit Ungarn und der Slowakei zu einer Gruppe Staaten formieren könnte, die Russlands Einfluss innerhalb der EU und der NATO stärken und Reformbemühungen auf europäischer Ebene blockieren würde.
Eine Polarisierung der Gesellschaft
Georgescu hat seine Popularität auch dem Frust vieler Rumänen zu verdanken. Die Unterstützung für die Ukraine wird in Teilen der Bevölkerung als intransparent wahrgenommen, wirtschaftliche Sorgen und ein zunehmender Populismus auf Plattformen wie TikTok nähren Misstrauen gegenüber etablierten Parteien. Gleichzeitig fällt es der liberalen Kandidatin Elena Lasconi schwer, traditionelle Wähler in ländlichen Regionen zu gewinnen – insbesondere jene, die einer Frau im höchsten Staatsamt skeptisch gegenüberstehen. Die bevorstehenden Stichwahlen am 8. Dezember entscheiden nicht nur über die politische Zukunft Rumäniens, sondern auch über die Stabilität an der östlichen Flanke Europas. Morgen wählt das Land ein neues Parlament. Ein unzuverlässiges Rumänien könnte die Einheit der NATO und EU schwächen – und wäre ein unverhoffter Triumph für den Kreml.
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