Jeder EU-Bürger der 27 europäischen Länder soll den Plänen zufolge künftig ein Recht auf ein Girokonto haben, berichtete die "Süddeutsche Zeitung" am Dienstag unter Berufung auf einen Gesetzesentwurf von EU-Binnenmarktkommissar Michel Barnier. Dem Bericht zufolge will Barnier bis Juni ein Gesetzespaket vorlegen, dessen Ziel es ist, "ein soziales Grundrecht" durchzusetzen.
"Nötige Buchungen", solange Konto im Plus ist
So soll das Konto für jedermann "grundsätzlich nötige Buchungen" ermöglichen, also Zahlungseingänge und Abbuchungen, solange das Konto im Plus bleibt, wie es in dem Bericht heißt. Die Kontoführung solle möglichst gebührenfrei angeboten werden, in Ausnahmefällen dürften die Institute "erschwingliche" Gebühren verlangen.
Zugleich sehe das Paket des Binnenmarktkommissars laut dem Bericht auch vor, den Wechsel von einer Bank zur anderen zu erleichtern. Dazu sollen die Finanzinstitute verpflichtet werden, transparente und leicht vergleichbare Angaben zu Gebühren und Konditionen zu machen.
Rund 150.000 Österreicher ohne Bankkonto
Derzeit haben laut Angaben der EU-Kommission 30 Millionen EU-Bürger, die 18 Jahre und älter sind, kein Bankkonto. Die meisten kontolosen Menschen leben in den osteuropäischen Ländern. So hat etwa in Rumänien und Bulgarien jeder zweite Erwachsene kein Konto. In den mittel- und westeuropäischen Ländern lebt hingegen nur einer von zehn Bürgern ohne Girokonto. In elf EU-Ländern gibt es ein gesetzlich verbrieftes Recht darauf, in Österreich nicht. Laut einer Schätzung der Arbeiterkammer Wien aus dem Jahr 2010 sind in Österreich rund 150.000 Menschen ohne Girokonto.
In sozialem Teufelskreis gefangen
Viele von ihnen befinden sich damit in einer Art sozialem Teufelkreis, da ein Girokonto beispielsweise für Wohnungsvermieter oder Telekommunikationsanbieter eine Voraussetzung für den Abschluss eines Vertrages ist. Wer kein Konto hat, hat zudem oft schon Schwierigkeiten, eine Beschäftigung zu finden.
Außerdem zahlen Menschen ohne Konto sehr hohe Spesen, weil alle Überweisungen mit Zahlschein oder eine Bargeldeinzahlung am Schalter erfolgen. Zudem ist es diesen Bürgern verwehrt, etwa im Internet günstig einzukaufen. Damit könnten sie nicht von den Vorteilen des europäischen Binnenmarktes profitieren, argumentiert nun Barnier in dem Gesetzentwurf.
Europäischer Binnenmarkt als Basis für Gesetzespaket
Der europäische Binnenmarkt liefert damit auch die gesetzliche Basis, auf der Barnier den 27 Ländern vorschreiben will, ihren Bürgern das Grundrecht auf ein Bankkonto einzuräumen, schreibt die "SZ". Da sich die Europäische Union vorgenommen habe, den gemeinsamen Markt zu vollenden, müssten alle Bürger in den 27 Ländern davon profitieren können und damit das Recht auf ein Bankkonto haben.
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