Mädchen ermordet

Belgien: Gericht prüft Freilassung von Dutroux

Ausland
04.02.2013 16:44
Unter schärfsten Sicherheitsvorkehrungen hat ein Brüsseler Gericht am Montag über den Antrag des Mädchenmörders Marc Dutroux auf vorzeitige Haftentlassung beraten. Die Anhörung hinter verschlossenen Türen dauerte rund zwei Stunden. Vor dem Justizpalast war es erstaunlich ruhig geblieben. Nur einige wenige Demonstranten hielten Schilder hoch mit der Aufschrift: "Hängt die Pädophilen" und "Dutroux muss in Haft bleiben". Das Gericht hat nun zwei Wochen Zeit, zu dem Antrag Stellung zu nehmen.

Der 56-Jährige war für die Dauer der Anhörung vom Gefängnis in den Brüsseler Justizpalast gebracht worden. Polizisten in schusssicheren Westen hatten ihn am frühen Morgen aus dem 25 Kilometer entfernten Nivelles abgeholt. Eine Polizeieskorte begleitete den abgedunkelten Wagen mit Belgiens bekanntestem Kriminellen in die Hauptstadt.

Einsatz kostet Staat 50.000 Euro
Im Justizpalast schlossen die Beamten Ausgänge und sperrten Flure mit Stacheldraht ab. Die Vorsicht ist angebracht: 1998 gelang Dutroux bei einem Gerichtstermin in Neufchateau die Flucht, erst Stunden später spürten Fahnder ihn in einem Waldstück auf. Der Polizeigewerkschaft zufolge belaufen sich die Kosten für den Einsatz am Montag auf rund 50.000 Euro.

Nach Angaben der belgischen Nachrichtenagentur Belga hatten die Anwälte vereinbart, nichts über die Anhörung zu berichten. Die Öffentlichkeit war bei dem Gerichtstermin nicht zugelassen. Angehörige der Opfer waren hingegen zugelassen, viele hatten aber einen Boykott angekündigt. Die Opferfamilien werden üblicherweise zu den Auflagen bei einer vorzeitigen Haftentlassung angehört.

Positiver Entscheid wäre nur "erster Schritt" Richtung Freiheit
Eine Entscheidung über den Antrag oder gar eine Freilassung Dutroux' noch am Tag der Anhörung war laut Gericht ausgeschlossen. Selbst ein positiver Entscheid wäre allenfalls "ein erster Schritt" Richtung Freiheit, erklärte das Gericht. Der Richter hat nun zwei Wochen Zeit, sich zu äußern. Erst in einem zweiten Schritt könnten Richter dann über eine mögliche Entlassung entscheiden.

Dutroux war 2004 verurteilt worden, weil er in den 1990er-Jahren sechs Mädchen entführt, gefoltert und vergewaltigt hatte. Vier davon starben. Seine damalige Komplizin und Frau Michelle Martin war im vergangenen Sommer unter Auflagen freigekommen (siehe Infobox). Sie lebt nunmehr in einem Nonnenkloster. 

Nach belgischem Recht ist es möglich, dass verurteilte Mörder einen Antrag auf Freilassung stellen, wenn sie ein Drittel der Strafe abgesessen haben. Im Fall Dutroux entspricht das 16 Jahren, diese Zeitspanne läuft genau am 30. April 2013 ab.

Chancen auf Freilassung laut Experten gleich null
Nach Ansicht von Experten sind Dutroux' Chancen, in absehbarer Zukunft wieder auf freien Fuß zu kommen, aber gleich null. Der Mann erfülle laut Juristen keine der notwendigen Vorbedingungen. Denn der 56-Jährige müsste per Gutachten belegen, dass von ihm keine Gefahr mehr ausgeht. Zudem müsste er einen Aufenthaltsort sowie eine Beschäftigung vorweisen.

Selbst der Anwalt des verurteilten Mörders geht nicht davon aus, dass sein Mandant mit seinem Antrag durchkommt. "Es ist ein symbolischer Schritt", sagte Pierre Deutsch dem Radiosender RTBF. Nichtsdestotrotz arbeiten der Anwalt und Dutroux eifrig an einem Resozialisierungsplan, um die Auflagen für eine Freilassung zu erfüllen. "Wir haben einiges getan, um das Gericht zu überzeugen", sagte Deutsch, ohne Details zu nennen. Nach Informationen der Tageszeitung "Le Soir" gebe es einen Mann in Antwerpen, der bereit sei, Dutroux aufzunehmen.

Justiz blieb bislang hart
Belgiens Justizministerin Annemie Turtelboom wollte sich im Fernsehsender RTL nicht zu den Chancen des 56-Jährigen äußern: "Das ist Sache der Unabhängigkeit der Justiz." Bisher hatte sich diese hart gezeigt: Im April 2012 bat Dutroux um Freigang für einen Tag. die Gefängnisleitung lehnte jedoch ab. Doch der meistgehasste Verbrecher Belgiens, der sich dauernd über seine Haftbedingungen beschwert, lässt nicht locker. Nun will er die Freiheit mit elektronischer Fußfessel erreichen.

Arzt glaubt nicht, dass sich Dutroux geändert hat
Dass sich Dutroux wirklich geändert hat, bestreitet jedoch selbst sein Arzt Michel Matagne, der demnächst ein Buch über seinen Patienten veröffentlichen will. "Dutroux hat sich seit seiner Jugend in seinem Kopf einen Kokon geschaffen mit seiner eigenen Wahrheit - und darin lebt er immer noch", sagte Matagne belgischen Medien. Grund dafür sei, dass er von klein auf von seinen Eltern, einem Lehrerehepaar, zu wenig Liebe und Hinwendung bekommen habe.

Loading...
00:00 / 00:00
Abspielen
Schließen
Aufklappen
kein Artikelbild
Loading...
Vorige 10 Sekunden
Zum Vorigen Wechseln
Abspielen
Zum Nächsten Wechseln
Nächste 10 Sekunden
00:00
00:00
1.0x Geschwindigkeit
Loading

Da dieser Artikel älter als 18 Monate ist, ist zum jetzigen Zeitpunkt kein Kommentieren mehr möglich.

Wir laden Sie ein, bei einer aktuelleren themenrelevanten Story mitzudiskutieren: Themenübersicht.

Bei Fragen können Sie sich gern an das Community-Team per Mail an forum@krone.at wenden.

Kostenlose Spiele
Vorteilswelt