"Schwarze Witwe"

Astronomen finden gefräßigen Pulsar in Doppelsternsystem

Wissenschaft
25.10.2012 15:40
Ein Doppelsternsystem mit Rekordeigenschaften hat ein internationales Astronomenteam, darunter Wissenschaftler der Universität Innsbruck, mithilfe des NASA-Satelliten "Fermi" entdeckt: Wie die Forscher berichten, vernichtet ein sogenannter Pulsar - einer "Schwarzen Witwe" gleich - seinen Begleitstern langsam in engem Kreistanz.

Pulsare sind kompakte Überreste der Explosion eines massereichen Sterns. Manche drehen sich sehr schnell um die eigene Achse und senden dabei Strahlungsbündel ins All. Bisher ließen sich solche Millisekunden-Pulsare nur durch ihre Radiostrahlung aufspüren. Wissenschaftlern des Max-Planck-Instituts für Gravitationsphysik ist es nun mit internationalen Kollegen - darunter die beiden Innsbrucker Astrophysiker Olaf und Anita Reimer - erstmals gelungen, ein solches Objekt allein anhand der von ihm ausgesendeten gepulsten Gammastrahlung zu entdecken. 

Der neu entdeckte Millisekunden-Gammapulsar "PSR J1311-3430" dreht sich rund 390-mal pro Sekunde um seine Achse. Die beiden Partner des Doppelsternsystems umrunden in einem Abstand von lediglich dem 1,4-Fachen der Erde-Mond-Entfernung den gemeinsamen Schwerpunkt in nur 93 Minuten, wobei der kleinere Begleiter mit 2,8 Millionen Kilometer pro Stunde durchs All rast.

Mit neuer Methode identifiziert
Wissenschaftler waren schon 1994 im Sternbild Zentaur auf eine intensive Gammastrahlenquelle gestoßen und vermuteten, dass ein Pulsar dahintersteckt. Doch erst jetzt konnte PSR J1311-3430 mithilfe einer neuen Datenanalysemethode als Verursacher identifiziert werden.

Den kleineren Begleitstern hatte man bereits mit optischen Methoden beobachtet. Die dabei gesammelten Daten halfen, die Position des Pulsars einzugrenzen. Die Analyse der Daten, die der Gammasatellit Fermi über vier Jahre gesammelt hatte, brachte Ergebnisse, die "sehr aufregend" waren, wie Holger Pletsch vom Max-Planck-Institut für Gravitationsphysik in einer Aussendung erklärte.

Pulsar und sein Begleiter brechen alle Rekorde
Der Pulsar bricht gemeinsam mit seinem Begleiter alle Rekorde: Zum einen ist die Rotationsgeschwindigkeit von PSR J1311-3430 höher als bisher bekannt. Zum anderen ist sein Begleitstern sehr klein und außergewöhnlich dicht. Er hat mindestens die achtfache Masse des Jupiter, weist aber nur maximal 60 Prozent seines Radius auf.

Offenbar ist der Begleiter der kompakte Überrest eines Sterns, der bereits früher den Pulsar umrundete. Im Laufe der Entwicklung verlor er Materie an den Pulsar und beschleunigte dessen Drehung. Dabei kamen sich die beiden immer näher.

Astronomen nennen Pulsar "Schwarze Witwe"
"Heute wird der zurückgebliebene Sternkern, der vermutlich vor allem aus Helium besteht, von der Strahlung des Pulsars sehr stark erhitzt und buchstäblich verdampft", so Pletsch, weshalb die Astronomen den Pulsar in Anlehnung an eine Spinnenart, die das kleinere Männchen nach der Paarung auffrisst, als "Schwarze Witwe" bezeichnen. Die abgedampfte Materie dürfte auch der Grund sein, warum der Pulsar bisher für Radioteleskope unsichtbar blieb, sie schirmt den Großteil der Radiowellen ab.

Die beiden Partner umrunden den gemeinsamen Schwerpunkt auf einer fast perfekten Kreisbahn, ihre Umlaufzeit ist die kürzeste bisher bekannte aller Pulsare in Doppelsternsystemen. Auch mit einem Abstand von lediglich rund 520.000 Kilometern ist es das engste bisher bekannte Doppelsternsystem mit einem Pulsar.

Enormes Magnetfeld
Der Pulsar hat ein Oberflächenmagnetfeld von rund 230 Millionen Gauß, das entspricht fast dem 500-Millionenfachen des irdischen Magnetfelds (0,5 Gauß). Er läuft mit einer Geschwindigkeit von mindestens rund 13.000 km/h auf seiner Bahn - relativ langsam im Vergleich zu seinem Begleiter, der 2,8 Millionen km/h draufhat. Die Erde umrundet die Sonne übrigens mit rund 100.000 km/h. Die Ergebnisse der Studie wurden in der Fachzeitschrift "Science" veröffentlicht.

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