3% des BIP veruntreut
Milliardenbetrügerin droht in Vietnam Todesstrafe
Ein beispielloser Fall von Veruntreuung hält derzeit die Justiz in Vietnam in Atem. Der Chefin einer Immobilienfirma wird vorgeworfen, Zehntausende Menschen um ihr Erspartes gebracht zu haben. Es geht um umgerechnet 11,4 Milliarden Euro, was drei Prozent des Bruttoinlandsproduktes Vietnams entspricht. Im größten Finanzskandal der Staatsgeschichte wird die Todesstrafe für die Hauptangeklagte gefordert.
Truong My Lan wurde im Oktober 2022 festgenommen, seit Anfang März muss sie sich vor Gericht verantworten. Die ehemalige Immobilien-Mogulin soll nicht nur rund 42.000 Menschen abgezockt haben, sie soll auch die Saigon Commercial Bank, die ihr zu 90 Prozent gehört, regelrecht geplündert haben. Insgesamt sollen so 304 Billionen Dong veruntreut worden sein.
Hauptangeklagte weist „stur“ Schuld von sich
Insgesamt sind 85 Menschen in dem Finanzskandal angeklagt – acht von ihnen sind auf der Flucht. In die Machenschaften sollen auch Regierungsbeamte und Mitarbeiter der Zentralbank verwickelt sein. Viele der Verdächtigen haben ein Geständnis abgelegt. Demzufolge sei Lan der Kopf der Bande gewesen, die 67-Jährige bestreitet das jedoch und behauptet, dass Untergebene verantwortlich seien. Die Angeklagte sei „stur“ und zeige keinerlei Reue, berichtete die staatliche Zeitung „Tuoi Tre“.
Lan soll über zehn Jahre das Finanzsystem ausgehöhlt haben. Dazu dienten zahlreiche Tochterfirmen und Scheingesellschaften im In- und Ausland, über die sie Kredite in der Höhe von Dutzenden Milliarden Dollar erschlich. Ein Drittel des Betrags soll sie mit diesem Firmenkonstrukt abgezweigt haben. Zeitungen berichteten, dass der Chauffeur der Angeklagten haufenweise Bargeld in ihr Zuhause transportiert habe.
Massives Polizeiaufgebot bei Prozess
Die Liste der Anklagepunkte ist lang: Den Verdächtigen wird Beihilfe zu Unterschlagungen, Verschleierung von Machenschaften, Amtsmissbrauch, Verstoß gegen Bankengesetze und die Zahlung von Bestechungsgeldern in großem Stil vorgeworfen. Die Staatsanwaltschaft fordert die Todesstrafe für die Hauptangeklagte Lan. Die Verhandlung soll mehrere Monate dauern, es sind zehn Staatsanwälte, 200 Anwälte und Hunderte Zeugen involviert. Das Gerichtsgebäude wird von einem massiven Polizeiaufgebot geschützt.
Bankensystem Vietnams könnte ins Wanken geraten
Rund 42.000 Menschen sind als Bankkunden direkt von den kriminellen Aktivitäten betroffen. Hunderte Menschen machten ihrem Unmut bei Protesten in Hanoi und Ho-Chi-Minh-Stadt Luft – in dem kommunistischen und autoritär geführten Land eine Seltenheit. Es besteht die Befürchtung, dass der Skandal sogar das Bankensystem Vietnams ins Wanken bringt.
Anti-Korruptions-Maßnahmen bringen auch Nachteile
Seit einigen Jahren versucht die regierende kommunistische Partei Vietnams, Korruption einzudämmen. Doch diese Bemühungen haben auch negative Effekte. Experten warnen, dass die wirtschaftliche Stabilität Vietnams dadurch gefährdet werden könnte. Lokale Behörden und Beamte würden aktuell zögern, Infrastrukturinvestitionen zu genehmigen. Die Angst sei groß, selbst in den Fokus von Ermittlungen zu geraten.











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