Kampf um Regierung

Schicksalstage in Athen: Gespräche gehen weiter

Ausland
14.05.2012 07:10
Das Drama um die Regierungsbildung in Griechenland ist noch nicht zu Ende. "Wir machen morgen weiter", sagte Staatspräsident Karolos Papoulias am Sonntagabend nach mehrstündigen Verhandlungen mit Vertretern der verschiedenen Parteien. Einen Durchbruch gebe es nicht, betonte der Chef der Demokratischen Linken (Dimar), Fotis Kouvelis (2.v.l.), der als Letzter bei Papoulias war. Zum ersten Mal in der Geschichte Griechenlands sind am Sonntag auch Faschisten vom Staatspräsidenten empfangen worden.

In welcher Zusammensetzung die Gespräche am Montag fortgesetzt werden sollen, blieb zunächst offen. Wie die Nachrichtenagentur Reuters aus dem Präsidialamt erfuhr, soll die Runde am Abend gegen 18.30 Uhr beginnen.

Tsipras legt sich weiter quer
Ein erstes Krisentreffen unter der Leitung von Staatspräsident Papoulias ging am Sonntag nach nur eineinhalb Stunden ohne konkretes Ergebnis zu Ende. Eine Schlüsselrolle hat der Chef der linksradikalen SYRIZA, Alexis Tsipras (Bild 2), der die Bildung einer breiten Koalition in Griechenland erneut energisch ablehnte. So lehnte er auch die Einladung zum vorerst letzten Vermittlungsversuch des Präsidenten ab. Der 37-Jährige werde an dem Treffen am Montag nicht teilnehmen, sagte ein Parteivertreter.

Konservative, Sozialisten und die Demokratische Linke hätten zusammen 168 Abgeordnete im 300 Sitze umfassenden Parlament und könnten auch ohne seine Partei problemlos regieren, sagte Tsipras nach dem Treffen mit Papoulias. Ihre Forderung an sein Bündnis, unbedingt an dieser Regierung teilzunehmen, sei "absurd und unlogisch".

"Barbarisches Sparprogramm"
Das Sparprogramm, zu dem die EU und andere internationale Geldgeber Griechenland gezwungen hätten, sei "barbarisch". SYRIZA war aus der Parlamentswahl am vergangenen Sonntag als zweitstärkste Kraft hinter den Konservativen und vor den Sozialisten hervorgegangen. Schon in der vergangenen Woche waren alle Sondierungsbemühungen am erbitterten Widerstand von Tsipras gescheitert.

Auch im Umfeld der konservativen Nea Dimokratia war nach dem Treffen im Amtssitz des Staatspräsidenten von einer Sackgasse die Rede. Er habe noch "eine kleine Hoffnung", sagte Sozialistenchef Evangelos Venizelos.

Rechtspartei AE bereit für Mehr-Parteien-Regierung
Die Rechtspartei Unabhängige Griechen (AE) erklärte sich am Sonntagabend grundsätzlich bereit, in eine Mehr-Parteien-Regierung einzutreten, wie Parteichef Panos Kammenos nach einem Treffen mit Staatspräsident Papoulias erklärte. Er ließ allerdings offen, welche Parteien sich an einer solchen Koalitionsregierung beteiligen sollen.

Kammenos nannte als Grundvoraussetzung für eine Regierungsbeteiligung, dass der Sparpakt nicht in die Tat umgesetzt werde. Er forderte darüber hinaus, dass Deutschland Reparationen für den Zweiten Weltkrieg zahlt. "Der Präsident sagte mir, er werde diese unsere Thesen den anderen Parteien bekannt machen", so Kammenos.

Die Unabhängigen Griechen haben 33 Abgeordnete im neuen griechischen Parlament und könnten theoretisch zusammen mit den Konservativen (108 Sitze) und den Sozialisten (41 Sitze) eine Mehrheit im 300 Mitglieder starken Parlament bilden. Ob die zwei Parteien jedoch dazu bereit sind, ist eher unwahrscheinlich.

Sitzprotest, als Faschisten zum Präsidenten kamen
Zum ersten Mal in der Geschichte Griechenlands sind am Sonntag Faschisten vom Staatspräsidenten empfangen worden. Dieser musste notgedrungen mit Vertretern der "Goldenen Morgenröte" sprechen, weil er per Verfassung verpflichtet ist, alle Möglichkeiten zur Bildung einer Regierung auszuschöpfen.

Zahlreiche Journalisten setzten sich aus Protest auf den Fußboden, als Parteichef Nikos Michaloliakos am Sitz von Papoulias auftauchte. Anhänger der faschistisch-rassistischen Partei fordern immer wieder, dass alle Anwesenden aufstehen müssen, sobald ihr "Anführer" einen Raum betritt.

Der Präsident empfing den Rechtsextremisten mit ernster Miene. Die beiden tauschten kein Wort aus, solange die Fernsehkameras liefen. Nach dem Treffen erklärte Michaloliakos, er unterstütze keine Regierung, die das Sparprogramm umsetzen wolle. Das Land werde Opfer einer "Finanzattacke". Zuvor hatte sich der Chef der Partei gegenüber einer Zeitung anerkennend über Nazis geäußert (siehe Infobox).

Die faschistische Partei hatte bei den Wahlen am 6. Mai überraschend fast sieben Prozent gewonnen, sodass sie künftig 21 Sitze im Parlament hat.

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