Im vergangenen Mai kam ein junger Bär im Salzburger Pongau durch einen Zusammenstoß mit einem Zug ums Leben. Im Jagdzentrum Stegenwald in Werfen-Tenneck findet das tote Tier nun eine neue Aufgabe als Schulungsbär für angehende Waidmänner.
Den Kopf geneigt, die Augen sind geschlossen. Der große, schwere Körper liegt zusammengesunken, ja, friedlich, auf den Steinen. Doch der Schein trügt. Eine dünne Blutspur zeugt von der tödlichen Verletzung, die dem Braunbären Ende Mai den Garaus gemacht hat. Doch obwohl das Jungtier an diesem schicksalhaften Tag tödlich verletzt wurde, erwacht es nun erneut zum Leben. Und kehrt als Lebendpräparat zurück in den Pongau: In das Büro der Salzburger Jägerschaft.
„Viele von uns haben einen Bären in der Natur noch nie gesehen. Daher ist es verständlich, dass wir diesen Bären, der eine bedauerliche Kollision mit dem Zug hatte, für Schulungszwecke in der Salzburger Jägerschaft dauerhaft als Ausstellungsstück verwenden“, sagt Landesjägermeister Max Mayr-Melnhof. Nach fünfmonatiger aufwendiger Präparationsarbeit durch den Salzburger Betrieb Niedermair war es am Mittwoch so weit und der Bär fand im Landesjagdzentrum in Stegenwald beim Paß Lueg eine andere Art der letzten Ruhestätte.
Das Präparat dient Jägern zu Schulungszwecken
Majestätisch, mit erhobenem Haupt, wachen Augen und geöffnetem Maul blickt der Bär in Richtung Schwarzach. An jenen Ort, an dem ihm sein noch jugendliches Leben genommen worden ist. Doch trotz seines tragischen Endes darf das Tier nun einer neuen Aufgabe entgegenblicken: Als Schulungsbär dient er ab sofort angehenden Jägern für Ausbildungs- und Schulungszwecke. Dafür erhielt er im Zuge seiner Wiederherstellung nicht nur seine abgetrennte Hinterpfote zurück. Auch sein Schädelknochen musste ersetzt werden. „Dieses Präparat ist Handwerkskunst auf höchstem Niveau“, sagt Mayr-Melnhof, der das tote Tier auch auf der jährlichen Jägermesse aufstellen möchte.
Dieses Präparat ist Handwerkskunst auf höchstem Niveau.
Max Mayr-Melnhof, Landesjägermeister
Bild: Tröster Andreas
War die Kollision wirklich die Todesursache?
Zur Erinnerung: Das 100 Kilo schwere Tier war am 23. Mai 2023 nach einem Unfall mit einem Zug auf den Gleisen zwischen Lend und Schwarzach gestorben. Zwar hatte der Zugführer noch versucht zu bremsen, doch eine Kollision mit dem Braunbären war unvermeidlich gewesen. Mittels Kran konnte der Kadaver von den Schienen geborgen und anschließend zur Obduktion nach Wien gebracht werden.
Obwohl Experten die Todesursache auf die Kollision aufgrund schwerer innerer Verletzungen zurückführen, sprach die ÖBB davon, dass das Tier bereits vor der Kollision auf den Schienen gelegen hatte. Zudem war die „Krone“ mit mehreren Lokführern im Gespräch, die bestätigt hatten, dass eine Kollision mit einem Zug schwerwiegendere Folgen für das Tier gehabt hätte. Doch was bedeutet das für die Todesursache? War der Bär verletzt auf die Gleise gekrochen? Oder hatte ihn dort sogar jemand platziert?
Tier hatte vor dem Unfall noch zwei Schafe gerissen
Spekulationen über die Todesursache und mögliche Wilderei konnten jedoch nicht bestätigt werden. Im Gegenteil: Röntgenaufnahmen belegten mehrfache und schwere Knochenbrüche und keine Schusswunden, die auf Wilderei schließen würden. Zudem hatte das Tier laut Landesveterinärdirektor Josef Schöchl massive innere Blutungen im Brust- und Bauchbereich, die auf eine Kollision zurückzuführen sind.
Obwohl das Leben des jungen Bären tragisch geendet hat, konnte er auf eine weite Reise durch die Wälder Italiens, Tirols und Bayerns zurückblicken. Dort hatte er nachweislich acht Tage vor seinem Tod noch zwei Schafe erlegt. Als Henkersmahlzeit sozusagen.
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