Fahnen geschändet

Experte: Antisemitische Vorfälle nicht organisiert

Österreich
24.10.2023 10:07

Wie die Zerstörung israelischer Fahnen in Wien, Linz und Salzburg zeigt, nehmen wegen der Eskalation im Nahen Osten auch hierzulande die antisemitischen Vorfälle zu. Der Soziologe Kenan Güngör stellte in diesem Zusammenhang fest, dass vor allem in der muslimisch-arabischen Bevölkerung Unmut und Feindseligkeit gegen Israelis und Juden herrscht, organisierte Angriffe seien die bisherigen Vorfälle aber nicht gewesen.

Es gebe latent gewaltbejahende, aggressive junge Menschen aus der islamisch-arabischen Bevölkerung, die keinen Terroranschlag verüben würden, aber etwa Fahnen herunterreißen. Während andere Konflikte oft Sachbeschädigungen zur Folge hätten, gebe es hier aufgrund von Antisemitismus auch andere Ziele, warnte Güngör.

So könne es auch zu körperlichen Übergriffen gegen jüdische Personen kommen. Je intensiver der Konflikt im Nahen Osten, desto größer werde auch das Risiko dafür. Verglichen mit Deutschland, Schweden oder Frankreich seien die Vorfälle hierzulande jedoch noch überschaubar.

Antisemitismus abseits des Nahost-Konflikts
Doch auch jenseits des Konfliktes gebe es Antisemitismus innerhalb der muslimischen Bevölkerung. Denn in den meisten islamischen, arabischen Ländern herrsche eine antijüdische, antiisraelische Position vor, die man auch in allen dortigen Medien wahrnehme, erzählte Güngör. Diese werde durch soziale Medien weiter gepusht. Sie würden Feindseligkeit schüren, nur einseitig informieren und Fake News verbreiten.

Er appellierte, solche Propaganda auf EU-Ebene stärker zu unterbinden. Allerdings sollen Kinder in Schulen auch lernen, kritisch mit Inhalten in sozialen Medien umzugehen. Im deutschsprachigen Raum kann sich Güngör außerdem vorstellen, dass bewusst Gegennarrative in solche Kanäle eingespeist werden.

Hissen der Israel-Fahne am Ballhausplatz als wichtiges Signal
Das Hissen der israelischen Flagge auf dem Bundeskanzleramt nach dem Anschlag sei ein wichtiges Zeichen gewesen. Aufgrund der schnellen Abfolge der Ereignisse habe die Fahne nun aber eine andere Bedeutung erhalten, sie könne auch so interpretiert werden, dass man das für richtig halte, was in Gaza passiert. Güngör stellte in den Raum, auch die palästinensische Fahne zu hissen, um auf das Leid auf beiden Seiten aufmerksam zu machen und für eine friedliche Lösung des Konflikts zu plädieren. Auch dass mehr „besonnene Palästinenser“ u.a. an medialen Diskussionen teilnehmen, würde Güngör für positiv halten.

Güngör warnte jedenfalls vor Einseitigkeit in der öffentlichen Diskussion: So müsse das Töten von Zivilisten auf beiden Seiten verurteilt werden. Viele islamisch-arabische Menschen hätten das Gefühl, ihr Leid würde weniger thematisiert als jenes der Israelis, und dass es mit den Toten aus Gaza keine Solidarität gebe, so Güngör. Sie würden empfinden, dass Europa und der Westen „mit Israel unter einer Decke“ stecke - „gegen uns“. Dieses Gefühl sei ein „idealer Nährboden für Islamisten und ein Brandbeschleuniger“, warnte der Soziologe.

Jüdische Gemeinde befürchtet Kippen der Stimmung

„Die Gewaltbereitschaft, die jetzt gegen Sachgegenstände gerichtet ist, kann schnell auf Menschen umschwenken“, warnte am Dienstag auch Elie Rosen, Präsident der Jüdischen Gemeinde in Graz. Oberrabbiner Jaron Engelmayer von der Israelitischen Kultusgemeinde (IKG) Wien sieht Angriffe auf Menschen ebenfalls als möglichen nächsten Schritt.

Rosen beobachtet eine „Rückentwicklung“ für das Leben jüdischer Menschen im Land. Die Stimmung könne jeden Moment überschwappen. Viele würden sich durch die zunehmenden Attacken auf israelische Symbole nicht mehr sicher fühlen und exponierte Orte oder die Synagoge meiden.

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