Fang das Licht!

Mit dem Postschiff der Hurtigruten zum Polarkreis

Reisen & Urlaub
03.03.2012 17:00
Die Möglichkeiten, Norwegen zu bereisen, sind vielfältig. Eine der atemberaubendsten ist wohl mit den Postschiffen der Hurtigruten. Die Fahrt geht entlang der Küste bis hinauf zum Polarkreis. Hier bietet sich gerade in den Wintermonaten ein mystisches Schauspiel – von den Wikingern als der Zorn der Götter gefürchtet, für die Norweger Alltag, von den Touristen erhofft: das Nordlicht!

Kurze Sommer, lange Winter – wer Norwegen bereist, liebt entweder die Einsamkeit oder ist auf der Suche nach einzigartiger, unberührter Natur. Bereits seit 1893 bedient die Flotte der Hurtigruten die Strecke zwischen Bergen und Kirkenes. Ursprünglich zur Versorgung der Bevölkerung auf den kleinen Inseln der Lofoten und in den entlegenen Gebieten jenseits des Polarkreises gedacht, laufen die Schiffe insgesamt vierunddreißig Häfen entlang der Küste an.

Unterwegs auf Traditions-Strecke
Ich gehe in Bergen, der zweitgrößten Stadt Norwegens, an Bord der "MS Finnmarken". Die ehemalige Außenstelle der Hanse ist geprägt durch die entlang des Hafens verlaufenden "Tyske Bryggen", im 18. Jahrhundert nach mehreren Bränden wiedererbaute Giebelhäuser reicher Hanse-Kaufleute, die heute zum UNESCO-Weltkulturerbe zählen. Nach mehreren Jahren in südlicheren Gewässern wird die 2002 erbaute "MS Finnmarken" nunmehr wieder auf der von insgesamt elf Schiffen täglich befahrenen Traditions-Strecke der Hurtigruten eingesetzt.

Zwölf Tage dauert die Fahrt, bis die Schiffe wieder ihren Ausgangspunkt erreichen. Im Unterschied zu traditionellen Kreuzfahrtschiffen erfüllen die Hurtigruten in diesen Gewässern auch heute noch wichtige Transport- und Versorgungsaufgaben nach einem genauest eingehaltenen Fahrplan. Daher ist es auch möglich, seine Kreuzfahrt individuell zu gestalten und in jedem der angelaufenen Häfen zu unterbrechen bzw. fortzusetzen.

Jugendstil und gotischer Dom
Mein erster Landgang führt mich in das Jugendstil-Städtchen Alesund. Nach einem Großbrand im Jahre 1904 wurde Alesund mit Hilfe des deutschen Kaisers Wilhelm II. völlig neu im Jugendstil aufgebaut und bietet ein sehenswertes Stadtbild. Nicht verabsäumen sollte man auch einen Besuch des Bergs Aksla, von dem sich ein grandioser Blick auf die Stadt, die umliegenden Inseln und die Sunmoere-Alpen offenbart. Weiter geht die Reise durch die von eiszeitlichen Gletschern geformte Küstenlandschaft mit ihren tief eingeschnittenen Fjorden, von denen der wohl spektakulärste der Geirangerfjord ist.

Fahrplanmäßig erreicht die "Finnmarken" am nächsten Morgen die ehemalige Residenzstadt Trondheim. In der "heimlichen Hauptstadt" des Landes steht der einzige gotische Dom Norwegens. Die Nidaros-Kathedrale war die Krönungs- und Begräbniskirche vieler norwegischer Könige. Bei einem Spaziergang durch die Altstadt offenbart sich die ganze Pracht liebevoll restaurierter Bürgerhäuser im so landestypischen Stil. 

Neptuns Taufe
Wir erreichen die Lofoten und passieren damit auf unserer Fahrt gegen Norden den Polarkreis. Damit nähert sich auch meine Schiffsreise einem ihrer Höhepunkte, denn es ist Tradition, nun Neptun, den Herrscher des Meeres, herbeizurufen und alle diejenigen, die sein Reich das erste Mal betreten, von ihm taufen zu lassen. Dabei geht es durchaus feucht-fröhlich zur Sache. Mit einer Schöpfkelle wird den Täuflingen Eiswasser in den Nacken oder ins Dekolletee gegossen, eine Urkunde überreicht und zum Wärmen von innen etwas Hochprozentiges kredenzt.  

Aber auch sonst ist für Abwechslung und Stimmung an Bord gesorgt. Eine Bibliothek bietet Lesestoff, Vorträge informieren über die unterschiedlichsten Themen, Sauna und Fitnesscenter laden zum Relaxen ein und für ganz Mutige gibt es einen Poolbereich an Deck. Wassertemperatur 27° Celsius bei gefühlten zehn Grad minus Außentemperatur. Geführte Landgänge, Seeadlersafaris, Hundeschlittentouren oder ein Wikingerfest in Bodoe, an dem auch ich teilnehme, runden das fakultative Ausflugsprogramm ab. Je weiter nördlich die Reise geht, desto größer wird auch die Wahrscheinlichkeit, endlich das so erhoffte Nordlicht zu beobachten. Mit dem Bus fahren wir zurück zur "MS Finnmarken", die in der Zwischenzeit den nächsten Hafen Stamsund erreicht hat.

Das Licht fangen
Und hier reißt die Wolkendecke auf. Meine Mitreisenden und ich erleben erstmalig, worauf wir schon so sehnsüchtig warten. Ganz kurz erscheint es und ist auch gleich wieder verschwunden. Mit einem leisen Glimmen am nächtlichen Himmel kündigt sich der Höhepunkt einer jeden Skandinavien-Reise an: Nordlicht! Und dann, nach dem Auslaufen, weit weg von den Lichtern der Stadt, bietet uns die Natur ein Schauspiel ohnegleichen. Grüne Lichtkaskaden tanzen über den Himmel, werden intensiver und verblassen anschließend wieder, um Minuten später als Lichtbögen oder -bänder erneut aufzutauchen.

Meine Schiffsreise endet in Tromsoe, der Heimatstadt von Richard With, dem Gründer der norwegischen Hurtigruten-Postschifflinien. Mit einem Spaziergang durch das "Paris des Nordens" und einem letzten Blick auf die auslaufende "MS Finnmarken", die ihren Kurs Richtung Kirkenes fortsetzt, verabschiede ich mich von der wohl spektakulärsten Schiffsreise der Welt, mit der Gewissheit: Ich habe das Licht gefangen!

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