Todesfalle Festival

Supernova-Massaker: Auf die Musik folgte der Tod

Ausland
09.10.2023 17:49

Die Terrorgruppe Hamas hat Israel mit noch nie dagewesener Koordination und Härte überfallen. Bei einem Festival im Grenzgebiet wurden Hunderte Menschen verschleppt, vergewaltigt oder getötet. Überlebende und Hinterbliebene berichten von den Stunden, als die Luft nicht mehr von Musik, sondern von Kugeln erfüllt war. Eine Rekonstruktion.

Samstagmorgen auf dem Supernova Festival. Die erste Partynacht war geschafft, doch die Menschen tanzten immer noch. Die Feier, die von den Veranstaltern als „eine Reise der Einheit und Liebe“ vermarktet wird, kennt kein Ende. Tausende junge Menschen hatten sich für das Festival an einem Ort angemeldet, der „durch seine Schönheit besticht“. So wurde es angekündigt.

Terroristen kamen aus der Luft und mit Lieferwägen
Wo genau das Gelände war, wurde erst einige Stunden vor Beginn am Freitagabend mitgeteilt. Die Wahl fiel auf eine Steppe bei der Kibbutz Reim, wenige Kilometer von der Grenze zum Gazastreifen entfernt. Als sich die ersten Sonnenstrahlen auf den Sand der Negev-Wüste legten, näherte sich über den Köpfen der leichtfüßig tanzenden Menge der Tod. Am morgenroten Himmel war er bereits in Form von schwarzen Punkten zu erkennen. Punkte, die sekündlich größer wurden.

Es handelte sich um motorisierte Paragleiter der Terrorgruppe Hamas. Die Information über den Veranstaltungsort dürfte auch sie erreicht haben. Als den Feiernden das bewusst wurde, war es bereits zu spät. Der Takt der Musik vermischte sich mit Schüssen, als militante Palästinenser das Festival stürmten. Die Mörder kamen nicht nur aus der Luft, sondern auch auf Motorrädern und mit Lieferwägen, berichten Überlebende. Eine Sirene ging los und warnte vor ankommenden Raketen, wieder folgten Schüsse.

„Code Red, wir werden angegriffen!“

Innerhalb weniger Augenblicke wurde aus einer Feier, die das Zusammenleben zelebrieren sollte, eine Todesfalle. Ein Festivalbesucher erklärte, zunächst habe der Raketenlärm „wie ein Teil der Musik“ geklungen. Dann spürten er und seine Freunde „die Kugeln, die um uns herumflogen“, sagte er dem israelischen Fernsehsender Channel 12.

Überlebende schildern ihren Kampf
Spätestens da dürfte allen klar gewesen sein: Das ist ein Terroranschlag. Unter den Besuchern bricht eine Massenpanik aus. Sie versuchen in alle Richtungen zu flüchten. Doch egal wo sie hinlaufen, die Terroristen sind schon da. „Es geschah in einem Augenblick. Die Terroristen kamen auf der rechten Seite der Straße an und stiegen dann aus einem großen weißen Fahrzeug, einer Art Lieferwagen, aus. Sie schossen aus nächster Nähe, es war schrecklich“, sagte die Überlebende Liran der Nachrichtenseite „Ynet“. Aufnahmen in sozialen Medien decken sich mit den Schilderungen.

Dieses Video zeigt, wie Menschen panisch versuchen, das Gelände zu verlassen: 

Arik Nani beschreibt in sozialen Medien, wie sie stundenlang versuchte, sich in Sicherheit zu bringen. „Wir rannten zu den Feldern und hörten hinter uns ständiges Feuer, sahen Menschen rennen und fallen“, schildert die junge Frau, die diese Woche ihren 26. Geburtstag feiert. „Wir versteckten uns im Gebüsch, während Kugeln über unsere Köpfe flogen.“

Den persönlichen Feiertag werde sie in Trauer - aber dankbar - verbringen. „Ich habe nicht gedacht, dass ich es schaffen würde.“ Sechs Stunden sei sie dehydriert und mit einer Verletzung an der Hand gerannt, bis sie es schaffte, in eine Notunterkunft zu kommen.

Andere Augenzeugen berichteten, wie sie mit Autos flüchten wollten und unter Beschuss gerieten. Besucher versteckten sich zudem in Büschen und Bäumen. „Sie gingen von Baum zu Baum und schossen. Ich sah, dass überall Menschen starben. Ich war sehr still. Ich habe nicht geweint, ich habe nichts getan“, sagte eine Überlebende der BBC.

Aufnahmen von Kameras an geparkten Autos verdeutlichen, wie aussichtslos die Situation für viele Menschen war. Die Dashcams zeigen die letzten Minuten von verletzten Festivalbesuchern. Sie werden allesamt von Mitgliedern der Terrororganisation Hamas kaltblütig erschossen. Aus Respekt vor den Verstorbenen zeigen wir Ihnen das Material, das auch krone.at vorliegt, nicht in Gänze.

Freunde und Familienmitglieder der Opfer verlangen nun Antworten. Wie konnte das passieren? Und viel wichtiger: Haben meine Lieben überlebt?

Wo ist meine Tochter?
„Ich weiß nicht, ob meine Tochter irgendwo blutend liegt, ich weiß nicht, ob man sie nach Gaza verschleppt hat, ich weiß nicht, ob sie leidet“, sagt Ahuwa Maizel am Montag der Deutschen Presse-Agentur. Das letzte Mal als sie mit ihrer Tochter sprach, sei am Samstagmorgen um kurz nach 7 Uhr gewesen. Also kurz nachdem die ersten schwarzen Punkte am Himmel erschienen waren.

Zitat Icon

Lasst das keinen neuen Holocaust werden.

Ahuwa Maizel sucht nach ihrer Tochter

Ahuwa Maizels Tochter Adi habe angerufen und gesagt: „Hier ist ein Massaker, sie richten ein Massaker an, Hunderte Terroristen schießen um sich.“ Dann sei die Verbindung abgebrochen. „Falls sie jemand gefangen hält, bitte, bitte, bleibt menschlich. Wir haben alle die gleiche DNA, wir sind alles nur Menschen“, sagt Maizel unter Tränen.

Die Ungewissheit sei nicht auszuhalten. Unschuldige Menschen dürften nicht zu politischen Zwecken missbraucht werden. „Lasst das keinen neuen Holocaust werden.“

Nach Angaben des Rettungsdienst Zaka wurden allein auf dem Festivalgelände 260 Menschen ermordet. Sanitäter berichteten von unvorstellbaren Szenen vor Ort. Die Leichen wurden mit mehreren Trucks vom Gelände gebracht. Israelischen Medien zufolge sollen zahlreiche Frauen vergewaltigt worden sein, bevor sie getötet oder verschleppt wurden.

Die 22-jährige Deutsche Shani Nicole Louk kam in den vergangenen Stunden zu trauriger Berühmtheit. Bilder ihrer Entführung kursieren im Netz. Ihre Mutter konnte sie anhand ihrer Tattoos identifizieren (siehe Tweet oben). Die junge Frau mit den Rastazöpfen liegt dabei fast nackt und leblos auf der Ladefläche eines Pick-ups, umgeben von bewaffneten Männern.

Ein Junge spuckt auf sie.

Shanis Tante gab gegenüber dem „Spiegel“ an, dass die Doppelstaatsbürgerin in Israel aufgewachsen sei. Als „überzeugte Pazifistin“ sei sie jedoch immer wieder angeeckt. So ausgelassen und glücklich sei sie gewesen, sagt ihre Tante, die nach eigenen Angaben von ihrer Nichte kurz vor Beginn des Festivals noch ein Selfie erhalten habe.

Wenige Stunden später gingen andere Bilder um die Welt. Die einer gepeinigten Shani Louk. Ein Lebenszeichen gibt es seither nicht.

Mehr als 100 Zivilisten entführt
Nach offiziellen Angaben wurden bei dem Großangriff der Hamas, der mehreren Orten im Grenzgebiet galt, mehr als 100 Zivilisten in den Gazastreifen entführt. Unter ihnen Frauen, Babys, Kleinkinder, Großeltern. Es wird erwartet, dass die Zahl deutlich höher liegen könnte.

Die Terroristen wüteten in den Grenzstädten teilweise stundenlang ungehindert. Bewohner berichten davon, dass das israelische Militär anfangs völlig überrumpelt gewesen sei und in manchen Ortschaften erst nach Stunden auftauchte. Währenddessen wurden Menschen massakriert - und aus der Musik wurde blanker Hass.

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