Prozess in Innsbruck

Haftstrafen in Wahlaffäre zu Tirols „Gletscherehe“

Tirol
03.10.2023 17:12

Im Falle der Volksbefragung zum letztlich gescheiterten Skigebietszusammenschluss Pitztal-Ötztal in Tirol sind drei wegen Missbrauchs der Amtsgewalt angeklagte Mitglieder der Wahlbehörde am Dienstag am Landesgericht Innsbruck zu bedingten Haftstrafen verurteilt worden. Den Angeklagten war vorgeworfen worden, Wahlkarten für andere Wahlberechtigte mit „Pro-Stimmen“ ausgefüllt zu haben.

Die drei Männer sollen sich laut Anklage von 17 Wahlberechtigten die Ermächtigung geholt haben, in deren Namen Wahlkarten von der Gemeinde abzuholen. Die Wahlberechtigten erhielten die Wahlkarten dann jedoch nie, warf die Staatsanwaltschaft Innsbruck den Beschuldigten vor. Die Angeklagten sollen die Wahlkarten vielmehr eigenmächtig ausgefüllt und für den Zusammenschluss gestimmt haben. 

„Handelten im Sinne der Wahlberechtigten“
Die drei Angeklagten sagten am Landesgericht getrennt voneinander aus. Alle drei bekannten sich „grundsätzlich nicht schuldig“. Während der Erst- und Zweitangeklagte einräumten, Wahlkarten selbst ausgefüllt und unterschrieben zu haben, wies der Drittangeklagte alle Vorwürfe zurück. Der Erst- und Zweitangeklagte sollen jedoch geglaubt und sich versichert haben, dass sie im Sinne der jeweiligen Wahlberechtigten handeln. 

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Die Demokratie lebt vom Wahlrecht.

Die Staatsanwältin

Im Schlussplädoyer ließ die Staatsanwältin das nicht gelten. In den Wahlkarten sei klar festgehalten, dass die Unterschrift der Wahlberechtigten selbst geleistet werden müsse. „Die Demokratie lebt vom Wahlrecht“, betonte die öffentliche Anklägerin. Durch Vorgänge wie diese werde die Akzeptanz der Demokratie weiter geschwächt.

Auf der „begradigten“ Gratspitze war eine Seilbahn-Zwischenstation geplant. (Bild: Ötztaler Bergbahnen)
Auf der „begradigten“ Gratspitze war eine Seilbahn-Zwischenstation geplant.

Alle drei Männer zu Haftstrafen verurteilt
Die Verteidiger der Angeklagten argumentierten, dass diese angesichts der Politikverdrossenheit möglichst viele Menschen zur Stimmabgabe motivieren wollten. Die Wahlberechtigten wären dann „heilfroh“ gewesen, ohne Aufwand abstimmen zu können. Der Anwalt des Drittangeklagten beharrte indes darauf, dass dieser keine Unterschriften gefälscht, sondern nur Wahlkarten übernommen, verteilt und wieder zurückgebracht habe.

Alle drei Angeklagten wurden vom Schöffensenat schließlich zu Haftstrafen verurteilt. Der Erst- sowie Drittangeklagte erhielten zwölf Monate bedingt, der Zweitangeklagte elf Monate. Zusätzlich wurden sie zu Geldstrafen sowie zum Ersatz der Verfahrenskosten verdonnert. Die Urteile waren vorerst nicht rechtskräftig.

Gletscherehe ist endgültig vom Tisch
Die Volksbefragung über das Projekt „Skigebietszusammenschluss Pitztal-Ötztal“ hatte am 17. Juli 2022 mit einer knappen Ablehnung geendet. Auf die Frage „Soll der Skigebiet-Zusammenschluss-Pitztal-Ötztal gebaut werden?“, hatten 353 Stimmberechtigte in St. Leonhard mit „Nein“ (50,36 Prozent), 348 (49,64 Prozent) mit „Ja“ gestimmt (Wahlbeteiligung: 59 Prozent). Gleich darauf hatten die Verantwortlichen der Pitztaler Gletscherbahn erklärt, das Interesse an der Fortführung des Projektes verloren zu haben. Nach Anklageerhebung betonte die Gemeinde St. Leonhard im Pitztal erneut, dass das Projekt abgesagt bleibe.

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