Die gescheiterte Pkw-Maut kommt Deutschland teuer zu stehen. Nach einem Schiedsverfahren muss die Bundesrepublik 243 Millionen Euro Schadenersatz zahlen, wie der österreichische Maut-Betreiber Kapsch TrafficCom am Mittwoch mitteilte. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hatte im Sommer 2019 die von der konservativen CSU forcierten Pläne gekippt, da die geplante Abgabe ausländische Fahrzeughalter diskriminiere.
Der österreichische Maut-Spezialist Kapsch sowie der Ticket-Vermarkter CTS Eventim, die für die Maut das Gemeinschaftsunternehmen autoTicket gegründet hatten, hatten milliardenschwere Aufträge zum Kassieren der Abgabe sowie zur Vergabe der elektronischen Maut-Vignetten erhalten.
Nachdem der EuGH die deutschen Mautpläne kippte, verlangten sie in dem Schiedsverfahren ursprünglich rund 560 Millionen Euro Schadenersatz. Die Unternehmen und Deutschland hätten dem Vergleichsvorschlag des Schiedsgerichts zugestimmt, erklärte CTS Eventim am Mittwoch.
Die 243 Millionen Euro sollen demnach an die Firma Autoticket gezahlt werden - das Gemeinschaftsunternehmen des Mautspezialisten Kapsch und des Ticketanbieters Eventim sollte Betreiberin der Pkw-Maut sein. Mit der Zahlung würden „die wechselseitigen Ansprüche aus dem Betreibervertrag bereinigt und verglichen sein“, erläuterte Kapsch. Die Einigung solle voraussichtlich in den kommenden Tagen finalisiert und ausgefertigt und damit wirksam werden.
Maut war Prestigeprojekt der Christsozialen
Die Pkw-Maut war ein Prestigeprojekt der konservativen CSU, die aber eine Zusatzbelastung der deutschen Autofahrer verhindern wollte. Daher sah das deutsche Konzept vor, dass die Maut zwar zunächst alle Nutzer zahlen sollten.
Inländische (also deutsche) Fahrzeughalter sollten aber über die Kfz-Steuer in mindestens gleicher Höhe entlastet werden, sodass unter dem Strich nur ausländische Halter hätten zahlen müssen. Die Maut sollte eigentlich ab Oktober 2020 erhoben werden und unter dem Strich 500 Millionen Euro einbringen.
Geldregen verbessert Betriebsergebnis
Wegen des Geldregens aus dem Schiedsverfahren hob Kapsch seine Prognose an. Das Unternehmen erwartet im Geschäftsjahr 2023/24 nun eine signifikante Verbesserung des operativen Ergebnisses (Ebit) bei einem Umsatzwachstum im einstelligen Prozentbereich. Bisher war Kapsch nur von einer leichten Ergebnissteigerung ausgegangen. Im vergangenen Geschäftsjahr verdiente Kapsch vor Steuern und Zinsen lediglich 7,6 Millionen Euro.
Der deutsche Verkehrsminister Volker Wissing bezeichnete den fälligen Schadenersatz in Höhe von 243 Millionen Euro als „bittere Summe“. Der FDP-Politiker sagte am Mittwoch in Berlin zugleich, der Bund habe Schadensbegrenzung betrieben. Ursprünglich seien über 700 Millionen Euro Schadenersatzforderung im Raum gestanden.
Bundestag wird Schiedsspruch zustimmen
Wissing nannte die geplatzte Pkw-Maut einen schweren Fehler. Er bedauere, dass die Schadenersatzsumme nicht für Infrastruktur-Investitionen zur Verfügung stehe. Wissing sagte, das Schiedsgericht habe eine Beendigung über einen Schiedsspruch vorgeschlagen. Der Haushaltsausschuss des deutschen Bundestages habe am Mittwoch grünes Licht gegeben, dass man diesem Schiedsspruch zustimme.
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