Moritz Franz Beichl

„Shakespeare ist queer, feministisch, genderfuck!“

Oberösterreich
04.07.2023 16:00

Deftige, schräge, lustbetonte Theaterpranke: Moritz Franz Beichl, einer der interessantesten Regisseure im Land, inszeniert „Der Sturm“ für die Festwochen Gmunden. Beim Probenbesuch der „Krone“ gab er sich auskunftsfreudig und plauderte ungezwungen über Shakespeare und mehr.

Der Niederösterreicher Moritz Franz Beichl (31) ist Nestroy-Preisträger und gilt als einer der interessantesten Jungregisseure. Karin Bergmann, Theaterintendantin der Festwochen Gmunden, hat ihn auserwählt, um Shakespeares „Der Sturm“ im Stadttheater Gmunden neu zu deuten, Premiere ist am Samstag, 15. Juli. Die „Krone“ besuchte die Proben und bat Beichl zum Interview.

„Krone“: Verraten Sie uns Ihre persönliche Geschichte mit Shakespeare. Was lieben Sie, was hassen Sie an ihm? 
Moritz Franz Beichl: Da ist nichts, was ich nur ansatzweise hassen könnte! 2019 habe ich „Was ihr wollt“ für das Deutsche Theater Göttingen gemacht, eine meiner liebsten Herzensarbeiten. Ich will jedes einzelne seiner Stücke inszenieren! Shakespeare ist queer, feministisch, genderfuck – und jeder Satz von ihm klingt, als gäbe es auf der Welt nur exakt diese eine Möglichkeit, das auszudrücken.

(Bild: Selina Schobel)

Was wird mich an Ihrer Inszenierung des „Sturms“ ganz bestimmt überraschen? 
Ich weiß nicht, was Sie überraschen wird – ich erzähle Ihnen, was mich bei den Proben überraschte: Das Stück ist verdammt lustig. Das hatte ich unterschätzt. Ich dachte beim Sturm immer an Sinnlichkeit, Poesie, Melancholie und schließlich Prosperos zartes Verschwinden aus dem irdischen Leben. Ich hätte nicht erwartet, dass ich zu alledem auf den Proben auch noch so viel lachen muss!

Wo ist er brandaktuell an sich und wo bzw. wie aktualisieren sie ihn?
Meistens langweilt mich die Frage nach der „Aktualität“ klassischer Stücke. Selbstverständlich sind Shakespeares Texte brandaktuell! Gerade der Sturm! Aber selbst, wenn es nicht so wäre: Im Theater zu sitzen und mir anzusehen, wie man in einer alten Zeit versuchte der damaligen Welt mit einer Geschichte Sinnzusammenhänge abzuringen, das alleine ist doch schon hochpolitisch! Wenn ich das erlebe und danach mit dieser Erfahrung im Köcher wieder in die heutige Welt rausgehe, dann ist mir das aktuell genug!

(Bild: Selina Schobel)

Sie arbeiten mit drei Schauspielern, reicht das? 
Beim Sturm reichen drei vollkommen – mehr als das: Drei machen das Erleben hier noch sehr viel intensiver als eine Riesentruppe!

Mögen Sie Gmunden? 
Ja, man kommt mit Kultur an, und die Leute sind aus dem Häuschen! Sie freuen sich, sind dabei, diskutieren und erzählen der Oma vom Nachbarn der Schwägerin davon. In Gmunden sind alle sehr nett zu mir, es fühlt sich beinahe so an, als wäre da selbst ein kleiner Moritz Franz Beichl ein großer Theaterstar!

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