Seit bekannt ist, dass das Land die stillgelegte Zuckerfabrik übernehmen möchte, herrscht in Siegendorf Unfriede im Gemeinderat. Bürgermeisterin Rita Stenger hat nun Sorge, dass die ÖVP den geplanten Kauf der alten Fabrik vereiteln könnte.
Die Zuckerfabrik Siegendorf zählt zu den historischsten Betriebsstätten des Burgenlandes und gilt als „Wahrzeichen“ der 3000 Einwohner großen Marktgemeinde. Bis 1988 wurde hier 136 Jahre lang Zucker produziert. Tausende Menschen fanden in den 1970er-Jahren Arbeit. Seit 35 Jahren ist die Zuckerfabrik stillgelegt, 1992 wurde sie an den oberösterreichischen Industriellen Anton Krobath verkauft.
Stengers Retrospektive
„In den vergangenen Jahren wurden viele Gebäudeteile baufällig und mussten aus Sicherheitsgründen abgerissen werden. Auch wenn ein kleines Industriegebiet mit zahlreichen innovativen Firmen entstanden ist, scheiterten Pläne, wie das gesamte Areal einer kompletten Nutzung zugefügt werden kann“, resümiert Bürgermeisterin Rita Stenger.
Mit dem Kauf der Zuckerfabrik durch das Land habe man jetzt eine riesige Chance, die Entwicklung der Gemeinde nachhaltig abzusichern. Verwundert zeigt sich die 47-Jährige allerdings über das Vorgehen der türkisen Ortsgruppe:
Die ÖVP ist an Dilettantismus nicht mehr zu überbieten. In der Causa Zuckerfabrik riskiert sie mit ihrer unüberlegten Politik sogar, dass dieser Mega-Coup verzögert wird oder gar scheitert - ganz nach dem Motto: Schlechtreden und Verunsichern um jeden Preis.
Siegendorfs Bürgermeisterin Rita Stenger, SPÖ
Rüffel für türkise Landesfraktion
Stein des Anstoßes sind Gemeinderatsanträge der ÖVP an die Bürgermeisterin, die für sie „skurril und fragwürdig“ anmuten. Erst kürzlich stellte die ÖVP den Antrag, Stenger möge eine schriftliche Anfrage an die Landesregierung zu diesem Kauf stellen.
„Anscheinend verwechselt die ÖVP Siegendorf Kommunalpolitik mit Landespolitik. Es erweckt den Eindruck, dass sie von Fazekas, Sagartz & Co beraten wird, um politisches Kleingeld auf Kosten der Siegendorfer und Siegendorferinnen zu schlagen. Die Partei sollte mehr auf die Anliegen der Bevölkerung hören statt auf ihre Parteifreunde in der Landesfraktion“, tadelt Stenger.
Mahnende Worte an ÖVP-Gemeindevorstand
Die Ortschefin der 3.000 Einwohner zählenden Marktgemeinde, die davor als Direktorin die Neue Mittelschule im Ort leitete, sieht eine völlig falsche Entwicklung in der überparteilichen Zusammenarbeit im Gemeinderat. Vor allem auf ÖVP-Gemeindevorstand Bernd Pichlbauer schießt sie sich ein:
Seit er das Ruder übernommen hat, gibt es ständig Anfeindungen und Versuche, mich anzupatzen. Parteipolitik muss hier an zweiter Stelle stehen.
Bürgermeisterin Rita Stenger über ÖVP-Gemeindevorstand Bernd Pichlbauer
In den vergangenen Jahren habe die Kooperation mit der ÖVP gut geklappt. Diskussionen wurden auf Augenhöhe geführt, Beschlüsse einstimmig gefasst. Diesen Weg hätten die Türkisen Stengers Empfinden nach nun verlassen.
Ihre Vorstellung
„Ich kann die Pichlbauer-ÖVP nur einmal mehr auffordern, gemeinsam und sachlich an Lösungen für Siegendorf zu arbeiten. Nur so können wir unsere Gemeinde weiterbringen. Wir haben mit dem Kauf der Zuckerfabrik durch das Land eine einzigartige Chance für ein weiter aufstrebendes Siegendorf. Lassen wir uns diese nicht nehmen“, appelliert sie an die Vernunft ihres politischen Mitbewerbers.
Stenger selbst schwebt ein gesamtheitliches Konzept vor und ein Areal, von dem viele Siegendorfer profitieren. Letztendlich gehe es darum, die Lebensqualität im Ort mit diesem Projekt weiter zu steigern: „Ich bin überzeugt, dass hier gemeinsam mit dem Land wieder etwas Großartiges geschehen und ein wichtiger Meilenstein in der Dorfentwicklung und im Sinne der Nachhaltigkeit gesetzt werden kann. Das geht nur, wenn jetzt alle an einem Strang ziehen.“
Genau so sieht das Bernd Pichlbauer: „Wichtig dafür wäre aber eine rechtzeitige strategische Planung und die Einbeziehung des gesamtes Gemeinderates. Das ist bisher leider nicht geschehen." Wenn die SPÖ schon den Nachhaltigkeitsaspekt betone, dann sollte dieser auch im örtlichen Raumplanungskonzept miteinbezogen werden.
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