09.12.2022 14:04

Ukraine-Krieg

„Munitionsnachschub nicht mehr gewährleistet“

Der Ukraine-Krieg befindet sich aktuell in einer Phase der Abnutzung, sagt Paul Tikal, leitender Redakteur der Krone. Die Kapazitäten für den Munitionsnachschub seien an der Grenze: „Der Konflikt lässt sich nicht mehr auf so hoher Betriebstemperatur austragen wie bisher“. Im LIVE-Interview mit Conny Winiwarter spricht er zudem über Licht und Schatten nach einem Jahr Karl Nehammer. Das österreichische Veto gegen die Schengen-Erweiterung um Bulgarien und Rumänien bezeichnet er als eine „Philosophie-Frage“.

„Gott sei Dank hat sich Niederlande angehängt“, denn somit ist das Veto gegen den Schengen-Beitritt kein Alleingang mehr von Österreich. Tikal räumt ein, dass eine Erweiterung um Bulgarien und Rumänien die ganze Situation „ins Negative kippen könnte“. Dass Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) dem Druck standgehalten hat, sei bemerkenswert. Vor allem Deutschland habe viel Druck ausgeübt.

Jede Bündnis-Erweiterung - egal ob Schengen, NATO oder EU - sei „eine Philosophie-Frage“. Irgendwann erreiche man den Punkt, wo die Frage im Raum steht, ob eine Erweiterung Probleme lösen könne - durch mehr Einflussnahme beispielsweise - oder aber, ob der Tenor lautet: „Achtung, wir vergrößern unser Problem dadurch nur“. Karner fühlt sich wohl bei letzterer Ansicht zuhause. Er befürchtet ein Ausufern der Asylproblematik.

Abschaffung der Kalten Progression: „Großer Wurf“
Ein Jahr unter dem Kabinett Nehammer ist laut Tikal „nicht so schlecht wie in der Öffentlichkeit angenommen“. Eine der wichtigsten Erfolge: das Ausbauen der österreichischen Unabhängigkeit von russischem Gas. „Das ist ein Thema, das der Österreicher spürt“. Als „zweiten großen Wurf“ der letzten zwölf Nehammer-Monate bezeichnet der Krone-Redakteur die Abschaffung der kalten Progression. Auch die Anti-Teuerungs-Maßnahmen wertet Tikal positiv und er kehrt vor allem den Strompreisdeckel hervor, dessen Modell von unseren deutschen Nachbarn übernommen wurde. „Das ist nicht nichts“, resümiert er.

Doch wo Licht, da auch Schatten: Dass viele Regierungsvorhaben noch auf ihre Umsetzung warten, liegt daran, „dass sich die Regierungspartner nicht einig werden“. Ein zentrales Beispiel für diese Uneinigkeit sei das Anti-Korruptions-Gesetz. Vielfach gewünscht, liegt ein Erlass wohl in weiter Ferne. Oder die Arbeitslosengeld-Reform, die unlängst gescheitert ist.

Nehammer auf Rosinen-Suche
Diskussionspotenzial gibt es für Tikal in Bezug auf die Kommunikationsstrategie von Nehammer. Er suche sich sehr genau aus, wo er auftritt und wem er Interviews gibt: „Das ist Rosinen picken“. Dennoch müsse man Politiker inhaltlich bewerten, findet Tikal. „Wir leben in einem medialen Zirkus, wo ein flapsiger Sager schnell mal zu mehr gemacht wird, als er eigentlich ist“. Dass Nehammer ‚Mister Message-Control‘ Gerald Fleischmann als ÖVP-Kommunikationschef re-aktiviert hat „ist eine mutige Entscheidung“. Für Tikal ist die berüchtigte Message-Control aber nicht per se negativ: „Es bedeutet nur, dass man innerhalb eines Regierungsteams einheitlich auftritt“. Medienschaffende müssten dann den „konzentrierten Bullshit“ aussieben.

„Munitionsnachschub nicht zur Gänze gewährleistet“
Im Ukraine-Konflikt sei man aktuell in einer Phase, wo es keine „Big Bangs“, also keine großen Offensiven, gäbe. Im Gegenteil: „Die Abnutzungserscheinung sind klar erkennbar“, so der leitende Redakteur. „Es ist ein Konflikt, wo viel verschossen wird und es viel Verpflegung - in Form von Munition - braucht“ Der Munitionsnachschub können aber nur mehr zum Teil gewährleisten werden, wie folgende Zahlen eindrücklich zeigen: Experten gehen davon aus, dass im Bereich der Flugabwehrraketen bereits jetzt die Produktionskapazität der letzten neun Jahre verschossen wurden, von Panzerabwehrraketen der letzten 15 Jahre. Russland reagiert und bezieht Granaten aus Nord Korea. „Kein gutes Zeichen für die Aggressoren“, sagt Tikal.

Das ganze Interview mit Paul Tikal sehen Sie im Video oben. KroneLIVE sehen Sie montags bis freitags ab 9 Uhr.

Was denken Sie über die die Schengen-Erweiterung, ein Jahr Nehammer und die Lage im Ukraine-Konflikt? Kommentieren Sie mit!

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