Randalierer im Visier

Cameron: “Ihr werdet die Kraft des Gesetzes spüren”

Ausland
10.08.2011 08:51
Angesichts der schweren Krawalle in London mit mittlerweile einem Todesopfer, massiven Verwüstungen in mehreren Stadtteilen und Hunderten Festnahmen sagt Premierminister David Cameron den Randalierern nun den Kampf an. In einer Pressekonferenz vor der Tür von Downing Street Nummer 10 erklärte der Regierungschef am Dienstag, ab sofort habe die Exekutive den Auftrag, mit 10.000 zusätzlichen Polizisten der "puren Kriminalität" Einhalt zu gebieten. Indes breitet sich die Gewalt auch auf andere Städte Großbritanniens aus.

"Ich habe eine klare Botschaft für die Menschen, die für dieses Chaos verantwortlich sind: Ihr werdet die Kraft des Gesetzes spüren", schoss der Regierungschef den Randalierern entgegen. Und weiter meinte Cameron, der wegen der dramatischen Lage in London seinen Urlaub in der Toskana abgebrochen hat: "Wenn ihr alt genug seid, diese Verbrechen zu begehen, seid ihr auch alt genug, für sie zu büßen." Die Zahl der Polizeikräfte in London werde ab sofort von 6.000 auf 16.000 aufgestockt. "Wir werden alles tun, um die Ordnung wiederherzustellen", so der Premierminister.

Vor Cameron waren bereits Vizepremierminister Nick Clegg und Innenministerin Theresa May verfrüht aus ihren Urlauben heimgekehrt. Der Premier holte mittlerweile auch das Parlament aus den Ferien zurück. Noch am Dienstag berief Cameron eine Sondersitzung des Nationalen Sicherheitsrates ein, das Parlament werde am Donnerstag in London zusammenkommen, hieß es.

Angeschossener 26-Jähriger starb in Spital
In der Nacht auf Dienstag haben die schweren Krawalle ein erstes Todesopfer gefordert. Ein 26-Jähriger, der angeschossen worden war, starb wenige Stunden später in einem Krankenhaus, wie Scotland Yard mitteilte. Der Mann war mit mehreren Schusswunden in einem Auto im südlichen Londoner Stadtteil Croydon gefunden worden, wo die Randalierer besonders schwere Schäden angerichtet hatten. Nach Angaben der Polizei waren an dem Ort, wo der 26-Jährige aufgefunden wurde, auch zwei weitere Personen aufgegriffen worden. Die beiden wurden verhaftet, weil sie Diebesgut bei sich trugen.

Medien berichten von "Schlacht um London"
Indes verschlimmerte sich die Lage in der britischen Hauptstadt bis immer mehr. Tausende Jugendliche zogen seit der Nacht auf Sonntag durch die Straßen mehrerer Stadtviertel, lieferten sich Kämpfe mit der Polizei, legten Brände, verwüsteten Geschäfte. In britischen Medien war bereits von einer "Schlacht um London" die Rede, seit in der vergangenen Woche der 29-jährige Mark Duggan im Stadtteil Tottenham von einem Polizisten erschossen worden war, was die Krawalle auslöste. Die vierte Krawallnacht in der Nacht auf Mittwoch war in London hingegen ruhiger abgelaufen - offenbar zeigte das massive Polizeiaufgebot seine Wirkung.

Mann in Tottenham schoss nicht auf Polizei
Die Polizei hatte die Situation zunächst so dargestellt, dass der farbige vierfache Familienvater das Feuer eröffnet habe. Der Polizeischütze habe demnach aus Notwehr gehandelt, als er ihm in einem Taxi sitzend in die Brust schoss. Diese Version, die von der Familie des Toten von Beginn an angezweifelt wurde, wurde dann am Dienstagabend widerlegt. Wie Scotland Yard mitteilte, seien bei einer Untersuchung keine Beweise dafür gefunden worden, dass der Mann zuerst geschossen hätte. Es seien am Tatort keine Geschosse gefunden worden, die aus der Waffe des 29-Jährigen stammten, hieß es. Nach dieser Bekanntmachung befürchten die Behörden nun noch eine Ausweitung der Gewalt.

Hunderte Festnahmen, Gefängnisse randvoll
Seit Beginn der Ausschreitungen wurden nach Angaben von Scotland Yard allein in London rund 770 Randalierer festgenommen - die Gefängnisse platzten demnach aus allen Nähten. Zigtausende Notrufe gingen ein, 44 Polizisten wurden verletzt. Drei Menschen sind wegen des Verdachts auf versuchten Mord festgenommen worden. Ihnen wird nach Angaben von Scotland Yard vorgeworfen, am frühen Dienstagmorgen mit einem Auto zwei Polizisten im nördlichen Londoner Stadtteil Brent angefahren und verletzt zu haben.

Ein führender Polizist von Scotland Yard erklärte, das Profil der Krawallmacher habe sich seit Beginn der Ausschreitungen am Wochenende geändert. Während in den ersten beiden Nächten vor allem 14- bis 17-Jährige beteiligt gewesen seien, hätten in der Nacht auf Dienstag Gruppen älterer Randalierer mit Autos die Plünderungen organisiert. Einige hätten versucht, Sanitäter und Feuerwehrleute anzugreifen. Aber auch Gruppen gewalttätiger Kinder zwischen zehn und 14 Jahren seien unterwegs.

Krawalle mittlerweile auch in anderen Städten
Zudem ist seit Montagabend nicht mehr nur London betroffen. Das Virus der Gewalt hat neben der Hauptstadt inzwischen mehrere andere Städte Englands voll erfasst. Auch in Liverpool, Birmingham und Bristol gingen vermummte Randalierer auf die Straßen und setzten Fahrzeuge sowie Häuser in Brand. Am Dienstagabend, dem Beginn der vierten Randale-Nacht, steckten dann Gewalttäter auch in Manchester Geschäfte in Brand. Hunderte Jugendliche rannten durch die Stadt im Nordwesten Englands, schlugen Schaufenster ein und plünderten die Läden. Auch in West Bromwich in der Nähe von Birmingham zogen gewaltbereite Jugendliche auf.

Empörte Londoner Bürger fordern Militär-Einsatz
Die Polizei agierte Beobachtern zufolge zumindest bis zum Dienstag verhältnismäßig zurückhaltend auf die Gewaltausbrüche und bekam die Lage - den Fernsehbildern nach zu urteilen - kaum in den Griff. Deshalb forderten empörte Bürger in London sogar, das Militär zur Beruhigung der Lage einzusetzen. Man müsse härter gegen die randalierenden Jugendlichen vorgehen.

Innenministerin Theresa May wiederum verteidigte das Vorgehen der Polizei: "In Großbritannien halten wir niemanden mit Wasserwerfern zurück." Stattdessen setze sie auf die Mitarbeit der Menschen an Ort und Stelle - so funktioniere britische Polizeiarbeit. Sie rief die Eltern der randalierenden Jugendlichen und die Vertreter der Gemeinden auf, den Behörden dabei zu helfen, die Gewalttäter auf den Bildern der Überwachungskameras zu identifizieren.

Bisher keine Österreicher zu Schaden gekommen
Nach Kenntnis des österreichischen Außenministeriums sind in London bisher keine Österreicher zu Schaden gekommen. Von den Ausschreitungen betroffen gewesen seien manche heimische Reisende aber insofern, als dass sie etwa zeitweilig nicht in ihre Hotels zurückkehren konnten, sagte Außenamtssprecher Peter Launsky-Tieffenthal am Dienstag. Punktuell seien auch von Touristen frequentierte Stadtteile Londons von den Krawallen betroffen gewesen.

Das Außenministerium rät, Menschenansammlungen, die im Zusammenhang mit den Krawallen stehen, zu meiden und unbedingt den Anweisungen der britischen Sicherheitskräfte Folge zu leisten. Zudem sollten sich England-Reisende auch nach ihrer Ankunft auf der Insel über Medienberichte und die Website des österreichischen Außenministeriums "laufend informiert halten", da die Situation derzeit "im Fluss" sei und es auch zu "nicht vorhersehbaren, spontanen Ausschreitungen" kommen könne.

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