In der Seegemeinde Mörbisch herrscht wieder helle Aufregung. Im Zuge der Brückenrestaurierung sollen nämlich auf einer unberührten Ruheinsel auch neue Chalets entstehen. Das passt nicht jedem.
Im Seebad Mörbisch führt eine 80 Meter lange Holzbrücke von der Liegewiese am Festland auf eine idyllische Ruheinsel - die einzige am Neusiedler See. Die Mörbischer schätzen dieses Naturjuwel sehr, weil es Badegästen und Fischern zusätzliche Erholungsmöglichkeiten bietet. Die Brücke wurde 1976 vom Bundesheer erbaut, aber 2007 aus Sicherheitsgründen behördlich gesperrt. Inzwischen ist sie 46 Jahre alt und gehört dringend saniert.
Beschluss im dritten Anlauf
Bürgermeister Markus Binder versprach, sich darum zu kümmern und setzt nun sein Wahlversprechen mit Unternehmer Gerald Tiedl von der gleichnamigen Mörbischer „Seezimmerei“ um. Dieser bot der Gemeinde nämlich an, die Restaurierung und die dafür anfallenden Kosten von 200.000 Euro zu übernehmen. Vorausgesetzt, dass ihm die Gemeinde im Gegenzug 550 Quadratmeter des südlichen Inselteils - dabei handelt es sich um „touristisches Bauland“ - 30 Jahre lang kostenlos als Pachtgrund zur Verfügung stellt, damit er darauf Privathütten errichten darf.
Am 5. September wurde im Gemeinderat zum dritten Mal darüber abgestimmt - und die Brückensanierung letztlich beschlossen. „Die Kosten für Planung, Einreichung, Statik und Bauaufsicht kosten die Gemeinde 24.000 Euro. Für die Errichtung der Infrastruktur für Strom, Wasser und Kanal kommen noch 15.000 Euro hinzu“, sagt Binder.
Lukratives Geschäft?
Vielen Mörbischern passt dieser Gemeinderatsbeschluss gar nicht. Sie kritisieren, dass nur Tiedl von dem Deal profitiere, die Allgemeinheit jedoch den Schaden habe, weil durch den Hüttenbau die Badegäste und Fischer verdrängt würden. Außerdem sei der wahre Wert des Baulands nicht bekannt, weil es „kein Schätzgutachten“ gab. Besonders wurmt die Leute, dass sich der Bürgermeister von Tiedl über den Tisch ziehen habe lassen.
Tiedl und seine Frau Stefanie verlangten nämlich für ihre „Chalets im See“ in der Ruster Bucht 250 Euro Miete pro Tag. Bei „drei ähnlich bepreisten Hütten“ in Mörbisch sowie „100 Belegungen im Jahr“ und einer „30-jährigen Laufzeit“ ergebe sich ein Umsatz von 2,25 Millionen Euro. Viel Geld also, das Binder für das verschuldete Mörbischer Seebad gut brauchen könnte.
Nach 30 Jahren muss ich den Pachtvertrag verlängern und monatliche Pacht zahlen. Geschieht dies nicht, gehen die Seehütten kostenlos in das Eigentum der Gemeinde über.
Unternehmer Gerald Tiedl
Unternehmerisches Denken
Tiedl kümmert dieses „auf Neid basierte Rechenspiel“ nicht, weil es „schlichtweg falsch“ sei und man nicht vorhersehen könne, wie sich Investitionen in Zeiten wie diesen entwickeln. „Meine Idee hätte auch ein anderer vor mir umsetzen können“, sagt er. Dass das Brücken-und-Chalet Thema auch politisch ausgeschlachtet werde, liege am Gemeinderatswahlkampf und daran, dass er auf der ÖVP-Liste stehe - wenngleich nur auf Platz 20.
„Ich bin Unternehmer, mische mich politisch nicht ein. Mir ist egal, welcher Partei ein Bürgermeister angehört. Den amtierenden unterstütze ich, weil ich will, dass Badegäste am See übernachten können. Von meinen Chalets werden die Schifffahrt, umliegende Restaurants und die Gemeindekassa durch die Ortstaxe profitieren. Außerdem gehört unternehmerischer Mut dazu, derzeit am See zu bauen - und diesen Mut habe ich!“, so Tiedl.
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