„Krone“-Interview

Rapper Dame: „Es ist völlig okay, Fehler zu haben“

Musik
05.09.2022 09:00

Drei Nummer-eins-Alben, mehr als 200 Millionen Klicks auf YouTube und ausverkaufte Großkonzerte in Österreich, Deutschland und der Schweiz zeigen eindeutig - der heimische Rapper Dame gehört zu den ganz Großen in seiner Zunft. Statt auf dicke Hose zu machen setzt er auf Gefühle und Emotionen und dringt damit in die Herzen seiner Fans vor. Auf seinem neuen Album „All meine Farben“ unterzog sich der 32-Jährige einer kleinen Kurskorrektur, die in mehr Richtung Pop führt und ganz neue Facetten des Künstlers aufzeigt. Im ausführlichen „Krone“-Gespräch beschreibt er den Weg dorthin, der durchaus von Steinen und Hindernissen gesät war.

(Bild: kmm)

„Krone“: Dame, hast du für dein neues Album „All meine Farben“ mit der Veröffentlichung ein bisschen zugewartet? Drei Jahre Wartezeit zwischen zwei Alben gab es bei dir bislang noch nie…
Dame:
Normalerweise hatte ich immer einen Ein- bis Zweijahresrhythmus, aber die Alben entstehen, wie das Leben läuft. Es ist wie ein Tagebuch oder ein Prisma. Ich fange Sachen auf und schieße sie nach draußen. Durch Corona hat sich alles etwas entschleunigt und das Album hat sich dadurch auch anders entwickelt.

Das letzte Album „Zeus“ ging in Deutschland bis auf Platz zwei und die Tour war sehr erfolgreich - wurde dann aber mittendrin von der Pandemie gekillt. Diesen Schock musstest du wahrscheinlich erst einmal verarbeiten…
Einerseits war es natürlich ein Schock, weil das Hamsterrad unterbrochen wurde, andererseits war es spannend. Ich habe viel über mein Leben und meine Karriere nachgedacht, denn zur Reflektion hat man im normalen Leben viel zu wenig Zeit. Ich habe mir sehr viel Zeit genommen, um zu überlegen, was ich besser machen und wo ich mit dem neuen Album hinmöchte. Ich wollte auch mal andere Facetten zeigen. Es gibt so viele Hip-Hop-Love-Songs, aber ich schreibe für andere Künstler in unterschiedlichsten Musikrichtungen. Das wollte ich auf „All meine Farben“ einfließen lassen. Wenn man sich nicht mit Beat-Produzenten trifft, sondern daheim nur die Gitarre zur Hand hat, dann entwickeln sich auch die Songs anders.

Das Album ist extrem poppig ausgefallen. Du hast 2020 schon die „Rock“-EP rausgebracht, wo die Gitarre noch deutlicher im Vordergrund war. Hast du diesen Ausflug damit für dich erledigt?
Nicht unbedingt. Ich bin ein sehr vielseitiger Mensch und liebe Rock und Pop genauso. Hip-Hop war immer mein Lieblingsgenre, weil ich dort am meisten Platz hatte, meine Botschaften anzubringen. Gleichzeitig habe ich aber bewundert, wie man im Pop mit wenig Wörtern viel aussagt. Das ist bei mir etwa so bei „Wäscheleine“. Der Song erzählt mit wenig Inhalt eigentlich sehr viel.

Ist es dir sehr schwergefallen, Kernaussagen mit wenig Text zu tätigen?
Es war auf jeden Fall schwieriger, weil man mehr über die wenigen Sätze nachdenkt, die man zur Verfügung hat. Man wählt die Worte präziser, um die Story nicht zu verfehlen.

Andererseits ist es auch respektabel, wenn man im Hip-Hop so viele Wörter zu poetischen Texten formt. Geht dir das in der quantitativen Höhe wirklich immer so leicht von der Hand, wie es nach außen wirkt?
Das Schreiben ist sicher ein eigenes Talent. Ich kenne viele grandiose Musiker wie etwa Onk Lou, der nicht nur toll singt und spielt, sondern auch gut schreibt. Viele sind super Musiker und tun sich beim Schreiben schwer, das war bei mir nie der Fall. Ich war oft bei Songwriting-Sessions dabei, wo Leute lange an einem Song bastelten und ich fand schnell die Lösung. Das ist für mich so, wie wenn am Tisch eine Gabel schief liegt und ich sie geraderichte. Ich habe eine große Leichtigkeit - sogar noch mehr, wenn ich für andere schreibe, weil da mein Image nicht damit verknüpft ist. Bei mir selbst wollte ich mich nicht wiederholen und auf „All meine Farben“ sind viele Songs am Klavier und der Gitarre entstanden, weshalb sie ruhiger sind. Das ist natürlich ein Ergebnis von Corona und der erzwungenen Isolation. Das neue Album war ein großer Schritt, weil ich viele Fans habe, die aus meinen härteren Hip-Hop-Tagen kommen und vielleicht nicht so glücklich damit werden. Aber es war mir wichtig zu zeigen, dass ich auch etwas Anderes gut beherrsche. Die Zeit hat das Album geformt. Ich wollte nicht künstlich zehn Songs verändern, nur damit sie klassisch nach Dame klingen.

Genresprünge sind deine Fans schon seit geraumer Zeit gewohnt. Hält das Schreiben und Komponieren in unterschiedlichen Bereichen die Spannung aufrecht und bleibt man damit frischer im Kopf?
Ich glaube schon. Viele Künstler versuchen zwingend einen roten Faden durch ein Album zu ziehen. Oder anders gesagt: wenn man schon vier Klaviersongs am Album hat, dann wird man darauf achten, nicht noch einen fünften zu machen. Aber so habe ich für „All meine Farben“ nie gedacht. Ich habe mich komplett davon freigemacht und immer genau das gemacht, was zum Song passt - auch wenn das bedeutet, jeder besteht aus Gitarre oder Klavier. Das Album sollte nicht nur aalglatt klingen, aber trotzdem sehr rund.

Ist das mitunter ein Teil deines Erfolgs, dass du schon seit jeher gegen Trends und das Kalkül des Marktes gearbeitet hast?
Der Song „12 Millionen“ vor mehr als zehn Jahren war natürlich ein Raketenstart, aber die Karriere hat sich kontinuierlich entwickelt und das war sehr gut. Als wir die ersten Jahre getourt sind, war ich noch Teilzeit-Koch und das hat mir eine gewisse Form von finanzieller Unabhängigkeit gegeben. Ich musste mich nie anpassen. Das galt für alle Deals und für die musikalische Ausrichtung. Ich hätte auch weiterhin nur Gaming-Songs machen können, aber das hätte mich nicht befriedigt. Ich schreibe mir viel von der Seele und verarbeite, was in meinem Umfeld passiert. Das ging alles nur, weil ich nicht auf das Geld von der Musik angewiesen war, sondern mein berufliches Standbein hatte.

(Bild: Robert Fröwein)

„Zeus“ war nicht zuletzt ein sehr maskuliner Albumtitel mit einem klaren, fast schon testosterongesteuerten Paket. „All meine Farben“ ist eigentlich das komplette Gegenteil davon…
Definitiv. Ich habe mir während Corona auch sehr viele Gedanken gemacht über das Hamsterrad, in dem ich mich immer befand. Man weiß, welche Songs in der Vergangenheit gut angekommen sind und man bucht Touren eineinhalb Jahre im Voraus ohne zu wissen, wohin man sich entwickelt. Mit 16 war ich noch auf Battle-Raps und spielte kleine Gigs und habe Schimpfwörter verwendet, die ich heute nie mehr in den Mund nehmen würde. Früher habe ich nicht darüber nachgedacht, denn es war gängiger Hip-Hop-Jargon. Man denkt als Teenager nicht, welche Bedeutung das Wort „Hoe“ hat - die Vorbilder aus Amerika verwenden es doch dauernd. Aber solche Wörter passen weder zu meinem Lebensstil oder meinem Denken, noch möchte ich jemanden so behandeln. Genauso war es mit dem übertrieben maskulinen Sound. Ich singe privat irrsinnig gerne in einer Karaokebar eines Kumpels und liebe Melodien - warum verwandle ich das nicht in meine Musik? Das heißt aber auch nicht, dass ich beim nächsten Feature nicht wieder einen Street-Rap mache. Ich werde damit nicht alle Fans erfreuen können, erreiche damit aber sicher Menschen, die mich bislang nicht mochten. Ich lasse den Dingen einfach ihren Lauf.

Einen roten Faden würde ich bei dir trotzdem verorten - die Themen Beziehungen, Menschlichkeit und Zwischenmenschlichkeit sind im Übermaß vorhanden, wie auch früher schon immer. Es ist faszinierend, dass du dem Komplex noch immer so viele Facetten abgewinnen kannst.
Die Coronazeit war dafür viel heftiger, weil man noch intensiver versucht hat, mit den Menschen, die man liebt, Kontakt zu halten. Mir selbst war es nie wichtig, dass ich hoch in den Charts bin oder sehr viel Geld mit Musik verdiene. Da hätten wir schon viel bessere Möglichkeiten gehabt, das auszuschöpfen. Für mich zählen die kleinen Dinge im Leben. Der erste Kaffee am Morgen, die aufgehende Sonne oder eine Party mit riesengroßen Pannen, die man nie mehr im Leben vergisst. Aus dem Zwischenmenschlichen schöpft man das meiste. Wenn ich nach der Show Fans treffe, sind das für mich die größten Momente. Wenn ein Rollstuhlfahrer herkommt und sagt, meine Songs hätten ihm geholfen, eine schwere Zeit zu überstehen. Da kriege ich Gänsehaut, denn im Studio fällt mir das nicht auf, wenn ich den Track einspiele. Da merkt man erst, was Musik in Menschen auslöst.

Der Titeltrack rückt den Individualismus und das Unperfekte am Menschen in den Vordergrund. Ein wichtiges Thema in einer Zeit, wo alles immer gleichförmiger und kantenloser wird.
Den Song „Panik!“ habe ich auch aufgrund meiner Panikattacken geschrieben. Ich habe immer sehr offen über das Thema gesprochen und kam erst dadurch drauf, wie viele Menschen darunter leiden und wie viele es verstecken, anstatt offen darüber zu reden. Für mich wurde die Panik zu einem Freund. Wenn die Attacken kamen, wusste ich immer, ich mache etwas falsch. Zu viel Stress, falsche Ernährung oder zu viele Nächte, die ich mir um die Ohren geschlagen habe. Das kann man aber auch nur, wenn man selbstreflektiert und offen damit umgeht, aber das gehört zu einem und dazu muss man stehen. Da sind wir beim neuen Song „Niemals perfekt“ - das sind wir und das ist gut so. Auch bei Beziehungen sind die Dinge, die mich anfangs am meisten störten, dann diejenigen gewesen, die mir am meisten fehlten, weil sie den Menschen ausgemacht haben. Man sollte Dinge nicht mit sich herumschleppen, sondern damit offen nach außen gehen. Meistens kommt man dann drauf, dass die Dinge ja eh gar nicht so schlimm sind, wie sie im ersten Moment erscheinen.

Die Songs „Niemals perfekt“, „Fehlerhaft“ und „Identitätskrise“ schlagen alle in dieselbe Kerbe. Dieses Triumvirat klingt wie nach einer therapeutischen Auseinandersetzung mit dir selbst.
Die Songs stammen teilweise aus eigenen Erfahrungen oder ich erfahre sie aus meinem sehr bunten Freundeskreis. Ich merke immer, wie viele Leute sich bei verschiedensten Dingen schwergetan haben und wie gut es war, sich dann zu öffnen. Als Künstler ist es meine Aufgabe, solche Dinge anzusprechen und es freut mich, wenn der eine oder andere etwas daraus ziehen kann.

Hast du selbst schon einmal unter einer Identitätskrise gelitten?
Zu 100 Prozent sogar. Das Leben ist ein ständiger Lernprozess. Man hat oft einen genauen Plan, wohin man will und plötzlich gibt es eine 180-Grad-Wendung und man lernt etwas ganz Neues. Man wird daraus aber auch immer größer und stärker.

In diesem Song stellst du die Frage „Wie geht Liebe?“ - hast du darauf eine Antwort gefunden?
Es kommt natürlich auch auf die Art von Liebe an. Das ganze Leben dreht sich um Liebe und dafür lohnt es sich zu leben. Es gibt nichts Schöneres, als wenn man Liebe empfängt und sie weitergeben kann. Liebe kann mit Vertrautheit verknüpft sein oder auch mit Intimitäten und dem Austausch von Körperlichkeiten. Man sollte jedenfalls immer danach streben, Negatives zu verhindern und Liebe zu spenden.

Um Liebe spenden zu können, muss man aber auch bereit dazu sein, Liebe empfangen zu können.
In erster Linie ist es wichtig, dass man aus freien Stücken gibt und liebt und sich nichts dabei erwartet. Ob da was zurückkommt und man wiederum etwas erwidern kann, ist etwas anderes, aber ich versuche in jeder Lebenssituation so viel Liebe wie möglich zu geben. Man darf dabei nicht seine eigenen Energiereserven aufbrauchen, aber man erntet was man sät und wenn man Gutes gibt, dann kommt fast immer Gutes zurück.

„All meine Farben“ scheint auch ein bisschen gegen die Ich-Gesellschaften und den übertriebenen Egoismus in der Gesellschaft vorzugehen.
Ich komme aus einer Generation, wo es noch keine Social-Media-Plattformen gab und ich merke natürlich, dass dort ein großer Konkurrenzkampf herrscht und die Leute oft die Wahrheit verschleiern. Man fotografiert das Schönste, aber dahinter ist eine Baustelle. Die fotografiert natürlich keiner. Im echten Leben erinnerst du dich aber auch nicht an den perfekten Strand, sondern an den Moment am See, wo es plötzlich wie aus Eimern zu regnen beginnt und du dem nicht mehr auskommst. Das bleibt dir für immer, aber diese perfekten, astreinen Momente, die bleiben dir sicher nicht. Ich hoffe inständig, dass die Jugend verstehen lernt, dass es absolut okay ist, Fehler zu haben und nicht perfekt zu sein. Viele Menschen wirken da schon gut dagegen, aber es sind noch immer viel zu wenige.

„Lebensgefährten“ hätte ich als eine Hommage an deinen Vater verstanden - auch das wäre ein wiederkehrendes Motiv.
Das stimmt in dem Fall aber nicht, es dreht sich um einen anderen Menschen. Der Song spiegelt die Intimität zwischen zwei Menschen wider. „Leg dich zur Ruh“ habe ich für einen Opa geschrieben, weil ich den Prozess miterlebte, wie ein Mensch noch sehr fit im Kopf ist, doch am Sterbebett liegt und gehen will, aber es nicht kann. Es war ein richtig gruseliger Moment, aus dem eigentlich ein Gedicht entstand. Der Mensch könnte im Frieden loslassen und würde gerne mit Würde gehen, aber er kam nicht mehr alleine ins Bett und musste bedient werden - das war für ihn der Horror. „Lebensgefährten“ ist auch eine für mich bewegende Geschichte und am Ende interpretiert sowieso jeder etwas für sich hinein. Das ist auch gut so.

„Leg dich zur Ruh“ hat auch einen sehr opulenten, großspurigen Sound, den man so bislang auch nicht von dir kannte. Hast du die Jahre und Erfahrungen gebraucht, um dich an so etwas heran zu wagen?
Für mich ist es ein Beerdigungssong und deshalb wollte ich einerseits die Ruhe ausstrahlen, andererseits aber auch diesen Bombast. Ich habe mir vorgestellt, wie es bei einer echten Beerdigung wäre und es sollte etwas Andächtiges sein, das trotzdem ein bisschen wuchtig klingt.

„Ohne Kontrolle“ appelliert an das gemeinsame Verlaufen, das Zusammenhalten und Zueinanderstehen in schwierigen Zeiten. Bist du jemand, der Kontrollverlust im Leben manchmal erträgt oder eher nicht?
Kontrollverlust ist für mich ein schwieriges Thema. Ganz am Anfang war ich eine Ein-Mann-Armee und es kamen immer mehr Leute ins Boot. Mit jedem einzelnen war es ein schwerer Schritt, Dinge abzugeben oder zu teilen. Gleichzeitig merkte ich aber, dass es wichtig war, weil ich sonst keine Zeit mehr gehabt hätte, mich auf die Musik zu konzentrieren. Ich will mit dem Kopf immer voll bei der Sache sein. Ich bin zwar ein Tausendsassa, der gerne an zehn Dingen gleichzeitig schreibt, aber man muss auch die Vernunft walten lassen und sich darauf konzentrieren, was man wirklich gut kann. Die unterschiedlichen Talente zu bündeln war ein wichtiger Schritt.

Angelehnt an den Song „Steine im Magen“ - hast du über die Jahre gelernt, mit Rückschlägen umzugehen und dich wieder hochzuhangeln, wenn die Dinge scheinbar aus dem Ruder laufen?
In meiner Karriere gab es immer wieder viel Neid und die Menschen sind leider oft nicht so, dass sie anderen etwas vergönnen. Ich vergönne sogar meinem schlimmsten Feind alles Glück der Welt, denn ich konzentriere mich auf mein Leben und muss schauen, wie ich dort durchkomme. Wenn man gekränkt oder getäuscht ist, dann trennen sich die Wege, aber ich würde trotzdem nie jemandem Steine in den Weg legen. Das raubt mir nur Energie und stört mich. Gerade wenn man merkt, dass viel Neid da ist, ist das eine Energie, die einem zufließt und die versuche ich ins Positive umzuwandeln. Es gibt ohnehin schon genug Schlechtes auf der Welt.

Ist deine positive Lebenseinstellung manchmal auch Mittel zum Zweck, um an der Welt und ihren momentanen Verwerfungen nicht vollkommen zu verzweifeln?
Man spricht sich damit natürlich selbst Mut zu, aber so war ich schon immer. Als ich die Panikattacken hatte, war ich komplett überfordert und ich bekam die alltäglichsten Dinge nicht mehr hin. Es war aber immer eine Hoffnung da, dass ich den Film des Lebens bis zum Ende schauen möchte. Allein schon um zu sehen, ob man verarscht wurde oder nicht. (lacht)

(Bild: Robert Fröwein)

„All meine Farben“ könnte auch ein buntes Statement gegen die Welt mit ihren Krisen und Skandalen sein. Hast du es bewusst positiv ausgerichtet, weil sonst schon alles so furchtbar ist?
Natürlich habe ich gemerkt, dass sehr viele Menschen verzweifeln und am Boden sind, viele lebensverändernde Wege einschlagen. Ich kenne Leute, die Berufe wechseln mussten, weil sie nicht mehr über die Runden kamen und dann gab es teilweise auch private Lebenskrisen. Ich wollte kein Album machen, wo ich nur Ego-Dinge mache und über Nichtiges rappe. Ich wollte wortwörtlich Farbe einstreuen und den Menschen Mut, Hoffnung und Freude machen. Ich hoffe, dass es so verstanden wird, auch wenn es sicher die eine oder andere Gegenstimme geben wird.

Warst du selbst überrascht, dass das Album gar so poppig ausfiel, oder hat sich das von Anfang an so abgezeichnet?
Ich saß im Lockdown daheim und überlegte, was ich mit der Zeit machen sollte. Dann habe ich oft zur Gitarre gegriffen oder habe was am Klavier geklimpert und merkte, das es ein ganz anderer Prozess als früher war. Es entstanden daraus ganz andere Melodien und es wäre nicht ehrlich gewesen, da künstlich etwas härter zu drehen. Die Zeit braucht im Moment vielleicht versöhnliche Melodien und ich bin gespannt, ob es den Leuten gefällt.

Wie vermischt du die softeren neuen Songs mit den harten im Livekontext?
Ich habe früher auch Songs wie „Antrieb“ gehabt, die sehr soft und fast schon Schlager-lastig waren. Ich habe es immer genossen, dass ich alle Musikrichtungen in meinen Sound einfließen ließ. Heute höre ich privat mehr Rock als Hip-Hop und bis auf Schlager gibt es kaum eine Musikrichtung, wo nicht irgendwas dabei ist, was mir gefällt. Ich finde kein Genre schlecht. Der Austropop mit STS und Co. hat mich meine ganze Jugend begleitet. Ich liebe Melodien und finde es cool, dass meine Stimme so wandlungsfähig ist, sodass ich auch komplett frei damit umgehen kann.

Wäre eine Dame-Austropopplatte nicht etwas ganz Interessantes?
Ich habe 2020 mit Hubert von Goisern den Song „Freunde… (Das Leben ist lebenswert)“ aufgenommen, das war eine sehr große Freude. Ich war beeindruckt zu sehen, wie Leute wie er arbeiten, die mit meinem Prozess gar nichts zu tun hatten. Wir waren dafür mit dem Opernsänger Andreas Schager  mitten im Wald, weil wir wegen Corona kein Studio betreten haben. Hubert zeichnet teilweise irgendwelche Straßenmusiker auf und verwendet Fetzen daraus, um sie mit volkstümlicher Musik zu paaren. Diese Arbeitsweise hat mich sehr beeindruckt. Und auch bei mir bleibt von überall immer eine Kleinigkeit hängen.

Du hast schon angemerkt, dass dir Chartplatzierungen nicht so wichtig sind, aber nach drei Nummer-eins-Alben landete „Zeus“ bei uns nur auf der drei. Willst du da jetzt mit „All meine Farben“ nicht doch wieder weiter rauf?
Das ist so eine Sache. Natürlich ist es schön, wenn man Erfolg hat, aber es ist Fakt, dass im Musikbusiness viel Manipulation herrscht. Wenn man bei einem Majorlabel unter Vertrag ist, hat man viel bessere Werbe- und Vertriebsmöglichkeiten, weil sie ganz andere Hebel in Bewegung setzen. Es ist auch eine Glückssache. Platz eins kann viel heißen, aber wenn Helene Fischer in derselben Woche wie ich ein Album veröffentlicht, ist sie unüberwindbar. Die Charts sind nicht fair und deshalb kann man sich dort nicht wirklich messen. Bessere Chartplatzierungen bedeuten auch bessere Festival-Slots oder leichtere Aufnahme in diversen Magazinen, aber mir ist es viel wichtiger, dass viele Leute zum Konzert kommen. Ich habe ein gesundes Wachstum, was mir mehr wert ist als alles andere. Es gibt Künstler, die sind Nummer eins und spielen vor 50 Leuten - das war bei mir zum Glück nie der Fall. Diese Dinge geschehen alle zeitverzögert. Wenn den Leuten „Zeus“ gefallen hat, werden sie „All meine Farben“ kaufen. Wenn sie das jetzt schlecht finden, dann wird sich das erst in den Verkaufszahlen des nächsten niederschlagen.

Hast du auch neue Farben an dir selbst und deiner Persönlichkeit entdeckt?
Das würde ich schon sagen. Bei mir ist auch privat viel passiert. Ich hatte nach zehn Jahren eine Trennung, die ich verarbeitet habe und habe mitunter sehr viele neue Leute kennengelernt. Ich bin umgeben von vielen bunten Persönlichkeiten und mit jedem neuen Menschen, den man kennenlernt, lernt man wieder etwas dazu. So hört die Reise nie auf.

Große Österreich-Tour
Rechtzeitig zur Veröffentlichung seines neuen Albums „All meine Farben“ am 9. September beginnt zeitglich auch seine Österreich-Tour. Die erste Station ist die Szene in Salzburg, dann weiter Richtung Deutschland. im November ist er dann auch in Wien, Graz, Innsbruck, Linz und St. Pölten zu sehen. Alle detaillierten Termine, Infos und Karten zu den Top-Konzerten gibt es unter www.oeticket.com

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