Wer sich von der Wien Energie, der Stadt Wien oder sonst irgendjemanden eine sinnvolle Erklärung, Transparenz oder vielleicht sogar eine Entschuldigung erwartet hat, wurde bei der Erklärung des Bürgermeisters am Dienstag herb enttäuscht. Von Selbstkritik, Demut oder einer Entschuldigung war keine Spur. Österreich, du brauchst eine andere Fehlerkultur!
Die Pressekonferenz, kurz für Sie zusammengefasst: Sehr geehrte Wienerinnen und Wiener, bitte gehen Sie weiter, es gibt hier nichts zu sehen und lassen Sie uns doch bitte noch sechs bis zehn Milliarden Euro für Nachschusspflichten aus Termingeschäften da. Danke und Wienliebe, Ihre Stadtregierung.
Die Erklärung: „Die Märkte sind verrückt“
Eine Antwort auf die Frage, warum die Wien Energie dreimal so viel Strom an der Börse verkauft, wie sie selbst produziert - Fehlanzeige. Warum zwei Zuschüsse von je 700 Millionen Euro nicht unverzüglich gemeldet wurden? Wegen der Sommerpause! Ob es personelle Konsequenzen geben muss? Nein, wo denkt man hin! Das knappe Fazit des Finanzstadtrates Peter Hanke: „Die Märkte sind verrückt“. Das muss als Erklärung reichen.
Es geht um Anstand!
Aber selbst wenn man nun die Details beiseite lässt und darauf hofft, dass in ein paar Jahren der Rechnungshof Licht ins Dunkel der Finanzmisere der Wien Energie bringt: Der größte Frevel an der Geschichte ist die nicht einmal in Spuren vorhandene Fehlerkultur aller Beteiligten und das lässige Achselzucken, wenn es denn um die Forderung von sechs bis zehn Milliarden Euro Steuergeld geht! Das kann man mit keiner komplizierten Schwurbelei von Hedging, Margin-Calls und Nachschussverpflichtungen erklären. Da geht es um Anstand!
Warum war Ludwig nicht beim Krisenkabinett?
Auch, dass sich die Wiener Stadtregierung beim vom Bund einberufenen Krisenkabinett am Sonntag sich nicht blicken ließ, ist an Nonchalance nicht zu überbieten. Wer vom Bund Geld haben möchte, weil er sich verkalkuliert hat, sollte zumindest auch für einen Moment das parteipolitische Hickhack hintenanstellen können und persönlich erscheinen. Ist das Beiseitestellen des Sonntagsbratens in Krisenzeiten denn wirklich zu viel verlangt?
Fehlerkultur ist eigentlich das Mindeste
Stattdessen müssen wir uns mit den immer wiederkehrenden Beschwichtigungen, dass alles gut läuft, zufriedengeben. Das ödet an. Es ist nämlich keine Schande, Selbstreflexion an den Tag zu legen und zu sagen: „Ja, wir haben einen Fehler gemacht und brauchen jetzt Hilfe“. Vor allem dann nicht, wenn es um ein paar Milliarden geht. Da ist ein Funken Fehlerkultur eigentlich das Mindeste! Aber wir Österreicher sind ja schon Leid gewöhnt.
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