Opfer leiden Jahre

„Gewalt in der Familie ist noch immer Alltag“

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Betretungs- und Annäherungsverbote haben im ersten Halbjahr 2022 in OÖ stark zugenommen, die Opfer sind oft jahrelangen Übergriffen ausgesetzt.

Die wenigsten kommen nach dem ersten Vorfall zu uns. Aus unserer Erfahrung liegen meistens zwei Jahre des Leidens hinter den Opfern. Die meisten Betroffenen erleben Gewalt durch ihre Ehemänner oder Lebensgefährten“, weiß Sonja Ablinger, die Vorsitzende des oö. Gewaltschutzzentrums. 81 Prozent der Opfer sind Frauen, und diese sind wiederum zu 98 Prozent der Gewalt von Männern ausgesetzt. Und auch bei den männlichen Opfern sind die Täter in drei von vier Fällen Männer.

(Bild: Daniel Scharinger, Krone KREATIV)

Jedes fünfte Opfer war ein Kind
Im vergangenen Jahr suchten 2972 Personen im Gewaltschutzzentrum Hilfe, im heurigen Halbjahr waren es bereits 1825 Opfer – siehe Grafik. Die Tendenz ist also stark steigend. Jedes fünfte Opfer im vergangenen Jahr war übrigens ein Kind. Und sowohl Täter als auch Opfer waren mehrheitlich Österreicher. „Stresssituationen und Unsicherheit sorgen für ein größeres Konfliktpotenzial. Die Zahlen hängen auch damit zusammen, dass es ein anderes Bewusstsein als früher gibt und sich viel mehr Opfer melden. Gewalt in der Familie ist jedenfalls noch immer Alltag“, so Ablinger.

Die Hochrisikofälle machen leider sichtbar, wie viele Opfer, und zwar fast ausschließlich Frauen, in Gefahr sind, ermordet zu werden.

Eva Schuh, Geschäftsführerin Gewaltschutzzentrum OÖ

Insgesamt zeigten Opfer im Vorjahr 702 Körperverletzungen, 642 gefährliche Drohungen/Nötigungen, 88 Stalking-Fälle, 36 Vergewaltigungen, 23 sexuelle Missbräuche, 57 fortgesetzte Gewaltausübungen und fünf versuchte Morde an. Mit 2021 wurden die sicherheitspolizeilichen Fallkonferenzen bei Hochrisikofällen eingeführt. „Hochrisikofall heißt, dass die Gefahr eines Tötungsdeliktes oder schwerster Gewalt vorliegt“, erklärt Geschäftsführerin Eva Schuh. Heuer gab es bereits 17 solcher Treffen.