Nach Kritik am Krieg

Russische TV-Journalistin arbeitet im Exil weiter

Ausland
23.06.2022 18:57

Nachdem sie gegen den Krieg in der Ukraine protestiert hatte, ist die russische TV-Journalistin Marina Owsiannikowa im Exil. Anfang Juni reiste sie von dort in die Ukraine, wurde laut eigener Aussage aber angefeindet. Ihrem „plötzlichen Sinneswandel werde nicht getraut“, sagte eine ukrainische Kollegin.

Wie berichtet, tauchte die russische TV-Journalistin Marina Owsiannikowa zwei Wochen nach Kriegsbeginn während der Hauptnachrichtensendung „Wremja“ plötzlich hinter der Nachrichtensprecherin auf und hielt ein Schild mit den Worten „No War“ (Kein Krieg) in die Kamera. Auf einem zweiten Schild war in kyrillischer Aufschrift „Stoppt den Krieg. Glaubt der Propaganda nicht. Hier werdet ihr belogen“ zu lesen. Die Live-Übertragung wurde daraufhin abgebrochen. Die Journalistin wurde festgenommen, stundenlang verhört und musste eine Geldstrafe von umgerechnet 250 Euro zahlen. Da sie zusätzlich mit einer Haftstrafe rechnet, floh Owsiannikowa ins Exil.

Nicht nur Sympathien
Dort würden ihr aber nicht nur Sympathien entgegenschlagen. Ihre Gegner werfen der Journalistin vor, als russische Spionin unterwegs zu sein. „Ich stecke mitten in diesem Informationskrieg. Vielleicht dauert es ein paar Monate, bis die Menschen in der Ukraine anfangen zu verstehen, dass es auch gute Russen gibt, die gegen den Krieg protestierten“, sagte sie in einem Interview mit der Nachrichtenagentur AFP in Berlin.

Anfang Juni reiste die 43-Jährige in die Ukraine, um von dort für russische Medien über den Krieg zu berichten. „Ich wollte den Russen zeigen, was wirklich in Butscha passiert, um dem russischen Volk zu erklären, was wirklich in der Ukraine geschieht, vielleicht ein Interview mit Selenskyj aufnehmen“, sagte Owsiannikowa.

Schreibt nicht mehr für „Die Welt“
Die Bevölkerung der Ukraine würde aber „ihrem plötzlichen Sinneswandel nicht trauen“, führte die ukrainische Journalistin Olga Tokariuk aus. Sie arbeitet beim Center for European Policy Analysis im Nachrichtendienst Twitter. Die veröffentlichten Berichte ihrer russischen Kollegin bezeichnete Tokariuk als „manipulativ, inkorrekt und bevormundend.“ Owsiannikowa war kurze Zeit als freie Korrespondentin für die Zeitung „Die Welt“ tätig. Diese Zusammenarbeit habe sie wieder beendet, da unter anderem die täglichen Arbeitsabläufe nicht mehr gepasst hätten.

Für die Zukunft hofft die Journalistin auf einen neuen Job. Nach Russland werde sie so schnell jedenfalls nicht zurückkehren. „Meine Freunde fragen mich, ob ich Vergiftung oder einen Autounfall bevorzugen würde.“ Ohne Humor sei ihre Situation derzeit nicht zu ertragen.

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