lauernde gefahr

Rechtsextremismus mitten in unserer Gesellschaft

Vorarlberg
05.06.2022 08:00

Rechtsextremismus ist weit tiefer in der Gesellschaft verwurzelt, als man denkt. Das liegt nicht zuletzt an den Neuen Medien und der Corona-Pandemie.

Ein 18-Jähriger marschierte im Mai in Buffalo (USA) mit einem halbautomatischen Sturmgewehr in einen Supermarkt und tötete zehn Menschen - vorwiegend Schwarze. Wie sich herausstellte, hatten „Memes“ und „Shitposts“ auf der Plattform „4chan“ den Amokläufer mitradikalisiert. Er hatte seine Tat zudem nicht nur im Internet angekündigt, sondern auch über die Gamingplattform „Twitch“ live übertragen. Auf solchen Plattformen versuchen Rechtsextreme immer häufiger, Jugendlichen zu ködern. Der Täter von Buffalo bezog sich etwa in einem Manifest dezidiert auf die rechtsextreme „Great Replacement Theory“, wonach die „Ursprungsbevölkerung“ durch „Ausländer“ verdrängt würde. Eine Ideologie, die auch bei den Coronademos in Österreich auftauchte - von Aktivisten der rechtsextremen Szene unter die Massen getragen.

Jerome Trebing, Mitarbeiter der „Amadeu Antonio Stiftung“, die in Deutschland Regierung und Behörden berät, beschäftigt sich seit Jahren mit Rechtsextremismus. Aufgrund seiner Arbeit wird der gebürtige Deutsche regelmäßig bedroht. Er stand sogar eine Zeit lang unter Polizeischutz. Trebing hielt diese Woche auf Einladung des „ÖGB Vorarlberg“ Workshops für Lehrlinge und Pädagogen ab, um für die Thematik zu sensibilisieren. An Aktualität fehlt es nicht: „Wir haben während der Pandemie gemerkt, dass die allerhärtesten Verschwörungstheorien auf einmal ganz viele Menschen erreicht haben.“

Rechtsextremes Gedankengut wird über alle möglichen Kanäle verteilt - vor allem über Social-Media. Das können Bilder mit Bezug auf die NS-Zeit sein oder einschlägige Kommentare in Internetforen. Auch in WhatsApp-Gruppen von Schülern würden entsprechende Postings und Chats auftauchen, berichten Lehrer, die an den Workshops von Trebing teilgenommen haben. Dass vieles davon strafbar ist, interessiert die wenigsten.

Vorarlberg ist ein Hotspot des Rechtsextremismus
Vorarlberg ist Sachen Rechtsextremismus keineswegs eine Insel der Seligen. Das „subere“ Ländle gilt sogar als österreichweiter Hotspot für rechtsextreme Umtriebe. „Wegen der geografischen Nähe zu Deutschland und der Schweiz, aber auch wegen der Abgelegenheit vieler Gegenden.“ Das Dreiländereck ist seit jeher ein Rückzugsort für neonazistische Strukturen. Vereinigungen wie „Blood and Honor“ sind hierzulande immer wieder aktiv und nutzen das Dreiländereck, um für möglichst viele ihrer Kameraden Events zu organisieren. „Gerade jetzt nach Corona steigt die Zahl der Events wieder rasant an.“ Organisiert werden solche Treffen im Verborgenen. Zum einen über Messengerdienste, zum anderen über Checkpoints, die angefahren werden müssen, um zum Veranstaltungsort zu kommen. Wie viele derartige Veranstaltungen jedes Jahr stattfinden, ist nicht genau zu eruieren.

Einige werden aber doch publik, wie etwa die Schießübungen von Rechtsextremen in Feldkirch im Jahr 2016 oder das Rockerfest in Nenzing, wo ein 27-jähriger Neonazi mit einem Gewehr zwei Menschen erschossen hatte. „Bei Rechtsextremen ist Gewalt nicht nur eine Phantasie - sie möchten sie auch in die Tat umsetzen.“ Deshalb sei es ein grundlegendes Bestreben der Szene, sich zu bewaffnen. „Die Vorstellung, das demokratische System zu zerstören, ist eine Gewaltidee. Von diesen Menschen geht eine unmittelbare Gefahr aus“, warnt Trebing. Um den Umtrieben Herr zu werden, brauche es mehr Geld und Ressourcen für die für die Strafverfolgung. „Da wurde einiges - vor allem was den Rechtsextremismus im Netz angeht - verschlafen.“ Vor allem aber sei es Sache der gesamten Gesellschaft, sich für ihre Werte stark zu machen.

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