Rund zehn Prozent aller Erkrankten spüren auch noch Wochen nach der Infektion unterschiedlichste Symptome. Auch Kinder sind betroffen.
„Ein Glas Wasser fühlte sich wie eine schwere Hantel an“ – die damals 35-jährige körperlich fitte, intelligente und mitten im Berufsleben stehende Geraldine S. erkannte sich selbst nicht wieder. „Nicht nur Gehen, schon Stehen war enorm anstrengend. Wenige Minuten zu telefonieren laugten mich total aus, die starken Nervenschmerzen im Gesicht waren kaum zu ertragen.“
Zusätzlich zu diesen körperlichen Symptomen machten ihr auch Gedächtnis- und Konzentrationsprobleme zu schaffen. Und auch die Ärzte waren mit dieser neuen Krankheit überfordert, konnten sie weder über die Ursachen aufklären noch auf eine erprobte Behandlung zurückgreifen. Es fehlten schlicht die Erfahrungswerte.
Rückfall, nachdem sie sich wieder fit fühlte
Long Covid hatte Geraldine selbst Monate nach ihrer Infektion im September 2020 fest im Griff. „Derzeit fühle ich mich gut. Doch das tat ich auch letzten Sommer, dann kam im Oktober ein Rückfall.“ Ein Rückfall, den zeitgleich auch andere Betroffene in ihrem Bekanntenkreis verspürten. „Das zeigt, dass äußere Gegebenheiten Einfluss auf die Krankheit haben.“ Eine Annahme, die von der Wissenschaft belegt wird.
„Es ist schwierig, sich selbst zurücknehmen zu müssen"
Genauso wie die Tatsache, dass sich Stress negativ auf den Zustand des Patienten auswirkt. „Man muss ganz genau auf sich achten, darf sich nicht übernehmen. Es ist schwierig, sich selbst zurücknehmen zu müssen“, weiß Geraldine, die verrät: „Ich konnte mich hineinversetzen, wie der Alltag für meine Großmutter aussieht. Long Covid hat mir die Augen geöffnet: Man wird sensibler, lernt sich selbst und seine Grenzen besser kennen.“
So wie ihr ergeht es vielen. Ihr Rat: „Vermeidet Stress, sprecht mit Leuten, denen es ähnlich geht, und sucht euch Hilfe.“ Die erste Anlaufstelle sollte Ihr Hausarzt sein.
Long Covid auch bei Kindern immer häufiger
Kinder sind von Long Covid genauso betroffen wie Erwachsene: „Noch sind wir zweistellig, wir werden aber bald dreistellig“, berichtet Beate Biesenbach, Fachärztin für Kinder- und Jugendheilkunde im kokon-Kinder-Reha-Zentrum im oberösterreichischen Rohrbach über den regen Ansturm an Kindern, die wegen Long Covid behandelt werden müssen. „Und die Anträge nehmen derzeit ständig zu“, berichtet die Expertin, die aufgrund mangelnder Datenlage nur schwer einschätzen kann, wie viele Kinder genau von Long Covid betroffen sind.
Diese Krankheit kann viele Monate andauern
Kinder und vor allem Jugendliche sind ebenso betroffen, wenn auch seltener als Erwachsene. Bisher ist man von vier bis fünf Prozent der jugendlichen Covid-Infizierten mit Symptomen über vier Wochen bzw. von ein bis zwei Prozent mit Beschwerden über drei Monaten ausgegangen.“ In diesen Fällen spricht man vom Post-Covid-Syndrom.
Dass dieses Krankheitsbild schwer zu erforschen ist, liegt vor allem an den verschiedenen Symptomen, wobei alle Organsysteme betroffen sein können. „Es gibt verschiedene Erkrankungsursachen, die wiederum verschiedene Therapieansätze benötigen werden, dafür ist aber Forschung notwendig“, so Biesenbach, die betont: „Aktuell ist die Boosterimpfung wichtig. Diese verringert zumindest in gewissem Ausmaß die Wahrscheinlichkeit, an Long Covid zu erkranken.“
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