Blendung im Iran

Bahrami nennt Vollstreckungs-Aussetzung “Farce”

Ausland
16.05.2011 15:55
Als "Farce" bezeichnet Ameneh Bahrami die Entscheidung der iranischen Behörden, die Urteilsvollstreckung gegen ihren Peiniger auszusetzen. Wie berichtet, hätte die 31-jährige Frau am Samstag in Teheran jenem Mann, der sie mit Säure überschüttete und blendete, ebenfalls mittels ätzender Flüssigkeit das Augenlicht nehmen sollen. Im letzten Moment wurde die Vollstreckung jedoch ausgesetzt.

Vor allem die Umstände, wie die gerichtlich erlaubte Blendung dann doch noch verhindert wurde, hätten sie wütend gemacht. Die Erklärungen der Behörden seien nämlich "fadenscheinig" gewesen, sagte Bahrami laut dem Münchener Buchverlag mvg, in dem 2010 ihre Biografie "Auge um Auge" erschienen war.

Die für Samstagmittag in einem Spital in Teheran geplante Vollstreckung habe nicht stattgefunden, weil angeblich kein Arzt da war, sagte Bahrami laut Gesprächsnotizen des Verlags, die krone.at vorliegen. "Das stimmte aber nicht. Bei uns stand ein Arzt, der sagte, dass er extra für die Vollstreckung gekommen ist. Dann hieß es, ich hätte das falsche Krankenhaus ausgewählt. Es hätte ein anderes Krankenhaus sein müssen, eine spezielle Augenklinik. Ich vermute, dass sie ihn (ihren verurteilten Peiniger Majid Movahedi, Anm.) gleich behandeln wollen, um sein Augenlicht zu retten. Aber wieso wählen sie nicht das Krankenhaus aus, damit es auf jeden Fall das richtige ist?", heißt es in dem Protokoll eines Telefonats, das mit Bahrami am Wochenende geführt wurde.

Alle bekamen ein Fax - nur Bahrami nicht
Den Schilderungen nach stand die eigens aus ihrer neuen Heimat Spanien nach Teheran gereiste Frau buchstäblich vor verschlossener Tür. Der iranische Parlamentspräsident Ali Larijani habe an alle Beteiligten Faxe geschickt, dass die Urteilsvollstreckung ausgesetzt würde - außer an Bahrami. Der Auskunft, dass der Termin diese Woche nachgeholt werden könne, misstraut sie. "Ich weiß nicht, welche Taktik sie jetzt verfolgen. Es kann sein, dass es vollstreckt wird. Irgendwas hecken sie aus, aber ich weiß nicht, was."

Bahrami vermutet, dass den iranischen Behörden die internationale Aufmerksamkeit zu viel wurde. Man habe ihr vorgeworfen, dass sie mit der ausländischen Presse gesprochen und ihren Leidensweg in Buchform festgehalten habe. "Der große Widerhall in der Presse hat der Justiz nicht gefallen." Ende der Woche müsse sie jedenfalls unter anderem für die Verlängerung ihrer Aufenthaltsgenehmigung nach Barcelona zurück. "Ich hoffe, dass mir durch das alles keine weiteren Schwierigkeiten entstehen." Auf die Frage, ob sie noch an die iranische Justiz glaube, sagte Bahrami: "Ich kann mich im Moment nicht dazu äußern, aber es fällt mir langsam schwer."

Gericht urteilte nach "Auge um Auge"-Prinzip
Der Fall der heute 31-jährigen Frau hat wiederholt für Schlagzeilen gesorgt. Ein islamisches Scharia-Gericht hat Majid Movahedi 2009 als Vergeltung für ein Säureattentat auf sie verurteilt. Er hatte Ameneh Bahrami, mit der er gemeinsam Jus studierte, 2004 mit Säure übergossen, weil sie seinen Heiratsantrag abgewiesen hatte. Bahrami verlor bei dem Anschlag ihr Augenlicht und wurde schwer entstellt.

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