Schutz gegen Pocken
Impfpflicht: Tirol war 1807 ein Vorreiter!
Österreich führt mit 1. Februar 2022 eine Impfpflicht ein. Tirol war 1807 Vorreiter. Denn Bayern und das von ihm besetzte Tirol waren weltweit die ersten Länder mit einer Impfpflicht.
Im Jahre 1796 übertrug der englische Landarzt Edward Jenner den Inhalt einer Kuhpockenblase über einen Schnitt im Oberarm auf einen Buben und schützte ihn so gegen Pocken. Die Methode wurde Vakzination genannt, weil die Erreger der Kuh verwendet wurden – vom lateinischen Wort „Dacca“, die Kuh. „Kaiserin Maria Theresia ebnete den Weg für die Impfung für einen Großteil der Bevölkerung. Sie errichtete ein ,Inokulationshaus’, in dem sich die Bevölkerung kostenlos impfen lassen konnte“, berichtet der Tiroler Chronist Martin Reiter.
Kaiserin Maria Theresia ebnete den Weg für die Impfung für einen Großteil der Bevölkerung.
Martin Reiter
Weigerung aus religiösen Gründen
Schon um 1800 gab es die ersten Pockenimpfungen in Tirol, am 27. August 1807 führte Bayern als erstes Land der Welt die Impfpflicht ein. Somit galt diese auch für die „bayrischen Untertanen“ in Tirol. „Damals starb in Tirol fast noch jedes dritte Kind an einer Infektionskrankheit, vor allem an Blattern (Pocken). Trotzdem verweigerten viele Eltern vorwiegend aus religiösen Gründen eine Impfung“, weiß der Chronist.
Alois Zangerle, Kreisphysikus von Rattenberg, schrieb über diesen Widerstand: „Philosophisch-medizinische Gründe belehren das Volk nicht, und werden in alle Ewigkeit wenigstens jenen Teil des rohen Volkes, welcher seinen Kindern lieber die Engelsglorie als längeres Leben zu eigener Unterstützung im Alter wünscht, nie belehren.“
1824 wurde Impfung wieder verboten
Kurz nach Bayern führte auch die Regierung in der Habsburger-Monarchie die Pockenimpfung verpflichtend für alle Kinder ein. „Die gesetzliche Pockenschutzimpfung musste gegen den Widerstand der katholischen Kirche durchgesetzt werden. 1824 wurde die Impfung von Papst Leo XII. verboten“, sagt Reiter.
Oft zählten Kinder erst zur Familie, wenn sie die Pocken überstanden hatten.
Martin Reiter
Ab dem 18. Jahrhundert häuften sich die Pockenfälle und lösten die Pest als schlimmste Krankheit ab. Nach Schätzungen starben jährlich rund 400.000 Menschen an Pocken. „Oft zählten Kinder erst zur Familie, wenn sie die Pocken überstanden hatten“, sagt Reiter. Seit 1980 sind die Pocken weltweit ausgerottet.

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