Vormarsch auf Kabul

Afghanistan: Immer mehr Städte in Hand der Taliban

Ausland
13.08.2021 14:14

Innerhalb einer Woche haben die militant-islamistischen Taliban 18 von 34 Provinzhauptstädten in Afghanistan eingenommen. Zuletzt eroberten sie die Stadt Pul-i-Alam, die nur etwa 70 Kilometer südlich der Hauptstadt Kabul liegt. Zwei weitere Provinzhauptstädte im Süden des Landes wurden offenbar friedlich an die Islamisten übergeben. Die NATO kommt angesichts des raschen Taliban-Vormarsches am Freitag zu einer Sondersitzung zusammen.

Pul-i-Alam mit seinen geschätzt 120.000 Einwohnern ist die Hauptstadt der Provinz Logar im Osten des Landes. Die Islamisten hätten die wichtigsten Regierungseinrichtungen der Stadt übernommen und den Provinzgouverneur sowie den Geheimdienstchef gefangen genommen, sagten offizielle Vertreter am Freitag. Aus Sicherheitskreisen heißt es seit Längerem, dass in der Provinz Logar Taliban-Kämpfer für einen Angriff auf Kabul versammelt werden. Die Taliban kontrollieren fünf der sieben Bezirke, zwei weitere sind umkämpft. Von Pul-i-Alam sind es nur rund eineinhalb Stunden mit dem Auto in die Hauptstadt.

Sicherheitskräfte übergaben Städte kampflos
Mit Tirinkot in der Provinz Urusgan und Kalat in der Provinz Sabul übernahmen die Taliban zwei weitere Provinzhauptstädte im Süden des Landes. Das bestätigten lokale Behördenvertreter am Freitag. Demnach sind beide Städte friedlich an die Islamisten übergeben worden. In Tirinkot mit geschätzt 116.000 Einwohnern hätten sich alle Sicherheitskräfte den Taliban ergeben, sagte ein Parlamentarier. Sie hätten ohnehin nirgendwohin fliehen können, weil alle Straßen aus der Stadt von den Islamisten blockiert worden seien.

In Kalat hatten sich Sicherheitskräfte in den vergangenen Wochen am äußeren Ring der Stadt immer wieder Gefechte mit den Taliban geliefert. Nun wurde auch diese Stadt kampflos übergeben. In der Nacht auf Freitag war die zweitgrößte Stadt Kandahar im Süden des Landes an die Taliban gefallen, Freitagfrüh noch die wichtige Stadt Laschkargah in Kandahars Nachbarprovinz Helmand.

Experte: Schneller Vormarsch nicht überraschend
Für den österreichisch-afghanischen Autor und Journalisten Emran Feroz kommt der rasche Vormarsch der Taliban nicht überraschend. In den umliegenden Distrikten der Großstädte wie Kandahar und Herat hätten sich die Taliban schon seit Jahren festgesetzt. Jetzt werde der Moment genutzt, „nun zeigen sie sich“, sagt Feroz im Gespräch mit dem Sender Puls 24. „Das führt zu einer Demoralisierung der Regierungstruppen, weshalb viele von ihnen aufgeben“, erklärt er (siehe auch Video oben).

NATO kommt zu Sondersitzung zusammen
Indes kommt die NATO angesichts der dramatischen Lage am Freitag zu einer Sondersitzung zusammen. Laut NATO-Kreisen wird Generalsekretär Jens Stoltenberg eine Sitzung der NATO-Botschafter leiten. Zentrales Thema sollen demnach Evakuierungsmaßnahmen in Afghanistan sein.

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