Jetzt auch in Libyen
Hunderte demonstrieren gegen Gaddafi
Die Sicherheitskräfte seien eingeschritten, um Zusammenstöße zwischen Anhängern Gaddafis und einzelnen "Saboteuren" zu beenden, berichtete die Zeitung "Quryna", die vom Gaddafi-Sohn Saif al-Islam gegründet wurde.
Die Proteste entzündeten sich offenbar an der Festnahme eines Menschenrechtlers. Er arbeitete mit Familien zusammen, deren Angehörige im berüchtigten Gefängnis Abu Salim inhaftiert sind. In dem Gefängnis sind Regierungsgegner und Islamisten eingesperrt. 1996 kam es dort zu Ausschreitungen, bei denen 1.000 Insassen erschossen wurden. Der Internetseite "Kurina" zufolge wurde der Anwalt auf Druck der Protestierenden auf freien Fuß gesetzt, die Menge der Demonstranten wuchs aber dennoch immer weiter an. In Benghazi, der zweitgrößten Stadt des Landes, gibt es schon länger Widerstand gegen Gaddafi.
Nach Berichten von Augenzeugen und örtlichen Medien zündeten mit Steinen und Brandsätzen bewaffnete Demonstranten Autos an und gerieten mit Beamten aneinander. Die Demonstranten riefen demnach Parolen wie "Das Volk wird die Korruption beenden" und "Benghazi wach auf, dies ist der Tag, auf den du gewartet hast". Im Internet wurden Amateurvideos veröffentlicht, auf denen im Dunkeln Hunderte von Männern und Frauen zu sehen sind, die rufen: "Das Volk will den Sturz des Regimes" und "Gaddafi, raus, raus!". Aus regierungsnahen Kreisen hieß es, bei den Demonstranten habe es sich um "15 junge Menschen" gehandelt.
Anhänger von Gaddafi auf der Straße
Die oppositionelle libysche Internet-Zeitung "Libya Al-Youm", die ihre Redaktion in London hat, schrieb, die Polizei habe Wasserwerfer eingesetzt, um die Demonstranten zu vertreiben. Es seien auch Steine geflogen, als sich Mitglieder der sogenannten Revolutionskomitees den Demonstranten entgegengestellt hätten. Der britische Rundfunksender BBC berichtete unter Berufung auf Augenzeugen, die Polizei habe Tränengas, Wasserwerfer und Gummigeschosse gegen die Demonstranten eingesetzt.
Nach der Auflösung der Demonstration versammelten sich in Benghazi, Tripolis und weiteren Städten Hunderte Anhänger von Staatschef Gaddafi, der das Land seit über 40 Jahren unter seiner Kontrolle hat. Das libysche Fernsehen übertrug in der Früh live, wie sie Fahnen und Fotos von Gaddafi schwenkten und den Revolutionsführer priesen.
"Gewalt vermeiden"
Die Europäische Union rief Libyen auf, das Recht der Bevölkerung auf freie Meinungsäußerung zu gewährleisten. Die libyschen Behörden müssten den Protestierenden Gehör schenken und "jegliche Gewalt vermeiden", sagte die Sprecherin der EU-Außenbeauftragten Catherine Ashton am Mittwoch vor Journalisten in Brüssel. Die EU verfolge die Ereignisse in dem nordafrikanischen Staat aufmerksam.
Auf Facebook gibt es einen Aufruf zu Großdemonstrationen in allen libyschen Städten an diesem Donnerstag. Die Kundgebungen sollen an die Ereignisse des 17. Februar 2006 erinnern. Damals war eine Demonstration gegen die Mohammed-Karikaturen in Benghazi in eine Protestaktion gegen die libysche Führung ausgeartet. Es gab Tote und Verletzte.
Saudi-Arabien als nächstes?
Seit Wochen wird die arabische Welt von Demonstrationen und Unruhen erschüttert. In Ägypten und Tunesien wurden die autoritären Machthaber durch den Druck der Straße vertrieben. Auch in Bahrain, im Iran und im Jemen gibt es seit Tagen Proteste gegen die Regierungen, bei denen es Tote und Verletzte gab. Auch in Saudi-Arabien brodelt es bereits. Die jungen Saudis wollen Reformen, der alte, kranke König Abdullah hat demnächst über seine Erbfolge zu entscheiden. Zudem gründeten Islamisten vergangene Woche eine Oppositionspartei. Und auch im Internet häufen sich inzwischen die Rufe nach einer Revolution im arabischen Königreich.
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