Ein Alterslimit am Steuer kommt für Seniorenvertreter nicht in Frage. Ihr Argument: Die Generation 70+ ist laut Statistik seltener in schwere Unfälle verwickelt. Auch ÖAMTC-Psychologin Marion Seidenberger warnt: „Drängen auf Führerscheinabgabe ist der falsche Weg“
Wer in Österreich einen Führerschein erworben hat, darf bis an sein Lebensende ein Auto lenken – ohne seine Fahrtauglichkeit auch nur ein einziges Mal überprüfen lassen zu müssen. Dieser Umstand sorgt immer wieder für Diskussionen. Tenor: „Wenn ich einmal so alt bin, fahre ich nicht mehr mit dem Auto. Da gebe ich den Führerschein freiwillig ab.“ Und: „Die Alten müssten regelmäßig überprüft werden, ob sie überhaupt noch fahrtauglich sind.“ Sprüche wie diese hört man sofort an den Stammtischen, wenn Senioren wie etwa jener 86-Jährige in St. Florian in schwere Verkehrsunfälle verwickelt sind oder sie sogar verursacht haben.
Weniger Verletzte in der Altergruppe 75+
Mit Zahlen untermauern lassen sich diese Stammtisch-Ansichten nicht. Die Statistik gibt nur Auskunft, wie viele ältere Menschen in Verkehrsunfälle involviert waren, nicht jedoch wie viele davon den Unfall auch verursacht haben. Im Jahr 2019 (2020 ist aufgrund des abgeschwächten Verkehrs durch Corona nicht repräsentativ) wurden 922 Autolenker, die 75 Jahre oder älter waren, bei Verkehrsunfällen verletzt, weitere 22 Lenker getötet. Laut Verkehrsclub Österreich (VCÖ) verunglückten damit in dieser Altersgruppe 112 Personen pro 100.000 Einwohner bei einem Verkehrsunfall. In der Altersgruppe der 25- bis 34-Jährigen beläuft sich die Bilanz auf 382 Personen pro 100.000 Einwohner.
Führerscheinverlust schränkt Leben der Senioren ein
Mit der Besonnenheit der älteren Autofahrer, die zudem weniger Kilometer zurücklegen und dabei defensiver fahren, argumentiert Seniorenbund-Obmann LH a. D. Josef Pühringer: „Regelmäßig wird an der Zuverlässigkeit von älteren Personen im Straßenverkehr gezweifelt, manche fordern sogar den Entzug der Lenkerberechtigung ab einem gewissen Alter. Anstatt Maßnahmen zu setzen, die das Leben der Senioren einschränken, sehen wir in der Information und Prävention den Schlüssel für mehr Sicherheit.“ Mit dem ÖAMTC bietet der Seniorenbund Kurse an, bei denen sich die Pensionisten über technische Neuerungen informieren können.
Ich bin davon überzeugt, dass ältere Mitbürger sich der Verantwortung im Straßenverkehr bewusst sind und selbst wissen, ob sie eine mögliche Gefahr für die anderen Verkehrsteilnehmer darstellen.
Seniorenbund-Obmann LH a. D. Josef Pühringer
Angehörige sollen Gespräch suchen
Die Einsicht, wann eine solche Schulung notwendig ist, sollte von den Senioren selbst kommen, betont ÖAMTC-Psychologin Marion Seidenberger. Stellen Angehörige fest, dass die Älteren nicht mehr sicher unterwegs sind, sollten sie zuerst das Gespräch suchen, um festzustellen, ob diese für das Thema offen sind. „Viele hören lieber auf den Rat des Arztes. Familienmitglieder argumentieren meist defizitorientiert.“
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