Ex-Berater Cummings:

„Johnson wollte sich Coronavirus spritzen lassen“

Ausland
26.05.2021 18:50

Er versprach, eine politische Bombe platzen zu lassen. Bislang ist es ein lautstarker Rachefeldzug: Dominic Cummings, Mastermind hinter dem Brexit und umstrittener Ex-Berater des britischen Premier Boris Johnson, ist am Mittwoch mit der Regierung seines Ex-Chefs hart ins Gericht gegangen und hat gar behauptet, dass Johnson sich - vor seiner tatsächlichen Covid-19-Erkrankung - das Coronavirus habe spritzen lassen wollen.

Der einst wichtigste Berater hat der Regierung katastrophales Versagen zu Beginn der Corona-Pandemie vorgeworfen. Johnson selbst habe das Virus völlig unterschätzt, sagte Cummings vor Parlamentsabgeordneten in London. Der Regierungschef habe sich sogar absichtlich mit Corona infizieren lassen wollen, um zu zeigen, dass das Virus nicht gefährlich sei, behauptete er.

„Im Februar (2020) dachte Boris Johnson, es sei nur eine Gruselgeschichte. Er dachte, das sei die neue Schweinegrippe“, sagte der früher sehr einflussreiche Berater aus. Weiter behauptete er, Johnson habe gesagt: „Ich werde (den medizinischen Chefberater) Chris Whitty dazu bringen, mir das Coronavirus live im Fernsehen zu injizieren, damit jeder merkt, dass es nichts ist, vor dem er Angst haben muss.“ Johnson erkrankte später tatsächlich an dem Virus und war einige Tage auf der Intensivstation.

Johnson hätte Briten zu „Coronavirus-Partys“ aufrufen sollen
Minister, Beamte und Berater seien „katastrophal hinter den Standards zurückgeblieben, die die Öffentlichkeit in einer Krise erwarten darf“, sagte Cummings. „Als die Öffentlichkeit uns am meisten gebraucht hat, haben wir versagt“, entschuldigte er sich bei den Angehörigen der Corona-Toten. Der ursprüngliche Plan der Regierung sei es gewesen, eine Herdenimmunität zu erreichen. So habe der damalige oberste Spitzenbeamte Mark Sedwill Mitte März gesagt, Johnson solle die Bevölkerung zu „Coronavirus-Partys“ aufrufen, ähnlich wie manche Eltern „Feuchtblatternpartys“ für ihre Kinder veranstalten. Das sei offizieller Rat des Gesundheitsministeriums gewesen, behauptete Cummings.

Wegen der Weigerung Johnsons sei dann nach Aussage seines früheren Top-Beraters ein zweiter Corona-Lockdown um Wochen verzögert worden. Cummings erklärte, er habe Mitte September 2020 gemeinsam mit wissenschaftlichen Beratern bei Johnson mit Nachdruck für einen mindestens zweiwöchigen Lockdown geworben. Doch der Premier habe nicht gehandelt.

Ex-Berater bestätigt berüchtigtes Johnson-Zitat
Erst Ende Oktober verhängte die konservative Regierung neue Kontakt- und Ausgangsbeschränkungen. Auch nach dem Entschluss zu neuen Beschränkungen im Herbst habe Johnson noch gegen Schließungen des öffentlichen Lebens gewettert. Medienberichten zufolge sagte Johnson damals, lieber nehme er in Kauf, dass sich „die Leichen zu Tausenden auftürmen“. Cummings bestätigte die Aussage, die der Premier wiederholt dementiert hat. Gegner werfen dem früheren engsten Berater von Johnson vor, sich dafür zu rächen, dass er die Downing Street im November 2020 im Streit verlassen musste.

Nach den schweren Vorwürfen seines früheren Beraters verteidigte Johnson seine Corona-Politik. „Wir haben in jeder Phase versucht, den Verlust von Menschenleben zu minimieren“, sagte Johnson am Mittwoch im Parlament in London. Der Umgang mit der Pandemie sei „entsetzlich schwierig“. Der Premier betonte: „Keine der Entscheidungen war einfach. Es ist für jede Region traumatisch, in einen Lockdown zu gehen.“

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