Ein laut einem psychiatrischen Gutachten zurechnungsfähiger Mann ist am Mittwoch am Wiener Landesgericht wegen absichtlich schwerer Körperverletzung und Nötigung - nicht rechtskräftig - zu dreieinhalb Jahren unbedingter Haft verurteilt worden. Nachdem der Reifenhändler wegen ausstehender Mietzahlungen delogiert worden war, marschierte er der Anklage zufolge im September 2020 mit einer Luftdruckpistole zur Hausverwaltung, schoss auf einen Mitarbeiter und schlug mit der Waffe auf ihn ein.
Vor Beginn der Verhandlung nährte das Verhalten des Angeklagten allerdings Zweifel, ob diesem lediglich eine - wie die von der Staatsanwaltschaft beigezogene Gerichtspsychiaterin festgestellt hatte - Lockerung der Impulskontrolle eigen ist und nicht ein gravierenderes psychisches Leiden vorliegt. „Es war mein Körper, nicht mein Wille,“ rief der von zwei Justizwachebeamten begleitete 33-Jährige aufgeregt und lautstark herum, „man hat mich mit Strom vergewaltigt!“
Wirre Aussagen vor Gericht
Im Verhandlungssaal ersuchte der Angeklagte dann den Schöffensenat, ihm „ganz genau“ zuzuhören: „Wenn Sie mir heute helfen, können wir das aufdecken.“ Er werde seit Jahren von einer Klinik in Serbien, wo er vor längerer Zeit wegen seiner Kokain-Abhängigkeit behandelt wurde, und von einem auf Suchtberatung spezialisierten Verein gesteuert: „Ich bin ein Produkt der Klinik. Ich bin ein Prototyp.“ Und dann begann der 33-Jährige aufzuzählen, was man ihm alles implantiert habe. Fazit: „Ich kann mich nicht schuldig bekennen. Mein Körper war es. Mein Verstand, die Person nicht.“ Man habe ihn „reingelegt“.
Ich kann mich nicht schuldig bekennen. Mein Körper war es. Mein Verstand, die Person nicht.
Der Angeklagte
Schwere Verletzungen durch Schläge
Der attackierte Angestellte der Hausverwaltung hatte einen Eindrückungsbruch des linken Stirnbeins mit Eröffnung der Stirnhöhle, eine Einblutung in die Stirnhöhle, Bruchspalten an der Schädelbasis und eine Jochbeinfraktur erlitten. Er bekam dafür vom Gericht eine finanzielle Wiedergutmachung in Höhe von 3000 Euro zugesprochen. Eine Kollegin, die dem Schwerverletzten zu Hilfe kommen wollte, kassierte ebenfalls einen Schlag mit dem Griff der Waffe, was eine Rissquetschwunde über der linken Augenbraue bewirkte.
Der 33-Jährige hatte seinen brutalen Auftritt telefonisch angekündigt. Er avisierte, er würde die Hausverwaltung „in die Scheiße reiten“. Seinen Anruf beendete er mit den Worten „Sie können mich Herrgott nennen“.
Die Psychiaterin hatte in ihrem Gutachten beim 33-Jährigen eine Persönlichkeitsstörung festgestellt, die aber keiner höhergradigen geistig-seelischen Abartigkeit gleichkomme. Ausschlaggebend für die Tat war vielmehr „Wut in Folge der erfolgten Delogierung“, meinte der Richter. Die Staatsanwältin gab vorerst keine Erklärung ab, das Urteil ist somit nicht rechtskräftig.
Kommentare
Da dieser Artikel älter als 18 Monate ist, ist zum jetzigen Zeitpunkt kein Kommentieren mehr möglich.
Wir laden Sie ein, bei einer aktuelleren themenrelevanten Story mitzudiskutieren: Themenübersicht.
Bei Fragen können Sie sich gern an das Community-Team per Mail an forum@krone.at wenden.