25.09.2020 17:03

Krankes Finanzsystem?

„Keine schwarzen Schafe mehr - alle schon grau“

An vorderster Front im Kampf gegen Geldwäsche sollten die Banken stehen. Sie sehen als Erstes, ob eine Überweisung verdächtig aussieht, und könnten sie dann auch stoppen. Das tun sie aber nicht, weil jede Transaktion Geld bringt. Das haben die FinCen-Files gezeigt: tausende Aufzeichnungen aus einer Abteilung des US-Finanzministeriums. Wie kaputt das internationale Finanzsystem wirklich ist, bespricht Damita Pressl bei „Moment Mal“. Zu Gast sind Michael Nikbakhsh, Journalist beim ‚profil‘, der an der Auswertung der FinCEN-Files beteiligt war, sowie Manfred Schumi, Wirtschaftsexperte der Kronen Zeitung.

Das Bild, das die FinCEN-Files zeichnen, ist düster. „Am Anfang dieser Geschichte steht ein Verbrechen“, erklärt Michael Nikbakhsh, der für Österreich an den Files mitrecherchiert hat. Das sind etwa illegales Glücksspiel, Steuerhinterziehung oder Korruption, aber auch Drogenhandel oder Waffenschiebereien. Durchaus lukrative Geschäfte, deren Einnahmen in einem weiteren Schritt verschleiert werden müssen. So ergeben sich dann endlose Transaktionsketten von Bank zu Bank. „Jene Bank in dieser Kette ist verpflichtet, das zu hinterfragen“, gibt Nikbakhsh zu bedenken. Doch dafür sind diese Transaktionen zu lukrativ. Inzwischen, so zeigt die FinCEN-Recherche, ist eine ganze Industrie entstanden, „an Beratern, die Menschen, die ein kleines Thema haben, wie sie Schwarzgeld verschwinden lassen können, zeigen, wie man das macht“, erklärt Nikbakhsh.

Schuld seien aber nicht nur die Banken, gibt Manfred Schumi, Wirtschaftsexperte der Kronen Zeitung, zu bedenken. Denn von exotischen Geldinstituten Informationen einzuholen, sei gar nicht so einfach, und die Kriminellen würden Heere an Anwälten einsetzen, um die Verfolgung zu erschweren. „Da ist die ganze internationale Gemeinschaft gefordert, besser zusammenzuarbeiten.“ Dass das Problem ein systemisches ist, bestätigt auch Nikbakhsh: „Der gesamte Finanzsektor ist gefordert. Es gibt ja kaum noch die schwarzen Schafe, die sind jetzt alle ein bisschen grau ...“

Dass die FinCEN-Recherche das System umwälzt, ist unwahrscheinlich. „Der Weg von einem Verdacht bis zum Nachweis einer Straftat ist ein langer“, gibt Schumi zu bedenken. Die Behörden seien hier oft überfordert. Nikbakhsh ist ein wenig optimistischer: „Es bewegt sich, aber es bewegt sich sehr langsam.“ Jede Recherche würde einen kleinen Anstoß geben, und so würden die Gesetze Stück für Stück genauer. Das wäre jedenfalls dringend notwendig, denn meist bewegen sich die Geldinstitute bei solchen Machenschaften tatsächlich im gesetzlichen Rahmen.

Was es noch bräuchte: Haftstrafen für beteiligte Banker, so Nikbakhsh, damit diese sich nicht einfach freikaufen können. 

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