Druck auf Informanten

Novomatic: Heikler Chat und offene Drohung

Wirtschaft
14.09.2020 06:00

Causa Ibiza, Casinos und die Folgen: Aktuelle Konversationen via Mobiltelefon zwischen Lobbyisten und Insidern geben umfassende Einblicke. Die Nervosität in Politikkreisen steigt, und es gibt auch Warnungen gegenüber allzu gesprächigen Personen. Auch für den U-Ausschuss könnte das neue Dynamik bedeuten.

13. Februar 2020. Meinls Weinkeller am Graben. Philipp Trattner erinnert sich genau an die zwei Herren, die in seiner Nähe saßen und plauderten. Trattner, Sektionschef im Sportministerium von Vizekanzler Werner Kogler (vorher war er für Vorgänger Strache tätig), liefert eine detaillierte Beschreibung.

„Er trug weißes Hemd, Jeans, blaues Sakko“
Der eine war demnach ein Lobbyist des Glücksspielkonzerns Novomatic (Gegenstand von Ermittlungen und des U-Ausschusses rund um mögliche Bestechlichkeit von Türkis-Blau). „Er trug weißes Hemd, Jeans, blaues Sakko. Der andere war ein ranghoher Beamter eines ÖVP-geführten Ministeriums.“

Worüber die beiden mitten in der heißen Novomatic-Phase (Hausdurchsuchungen etc.) sprachen, kann Trattner nicht sagen. Auch nicht die Person, die mit ihm damals am Tisch saß. Jedenfalls kam der Beamte auf die beiden zu, notierte eine Geheimnummer, bat um absolute Vertraulichkeit. Möglicherweise fühlte man sich ertappt.

40 Seiten Chatverkehr
Und es gibt einen vielsagenden Chatverkehr (mehr als 40 Seiten lang, von Februar bis heute) zwischen einem Geschäftsmann mit besten Kontakten zur ÖVP-Spitze und jenem Insider, der im Weinkeller mit Trattner war, der der „Krone“ vorliegt. Zu erkennen sind zunehmende Nervosität und Angst vor Enthüllungen um dubiose Deals mit Novomatic (an den Casinos Austria beteiligt bis Ende 2019), was sich auch in Drohungen manifestiert.

„Novo-Scheiße“
Dem ÖVP-nahen Geschäftsmann wurde später von dem Lobbyisten schriftlich nahegelegt, die Finger von der „Novo-Scheiße“ zu lassen. „Du bist schon viel zu weit gegangen, ohne dass es Dir was bringt, ausgenommen Riesenprobleme“ (siehe Bild unten).

Die Bim als Werbefläche
Dass Novomatic seit 2005 versuchte, Politiker für sich zu gewinnen, um das Glücksspielgesetz zu ändern (also das Monopol der Casinos Austria zu stürzen), ist evident (die „Krone“ berichtete u. a. über einen entsprechenden Masterplan).

Dass das Lobbying Teilerfolge erzielte, ebenso (Politiker von Grün, SPÖ und ÖVP dockten bei Novomatic an), zudem konnte man in Wien offensiv für Novomatic-Automaten werben. 2019 zierte eine fordernde Dame Straßenbahnen mit dem Satz „Und wann kommst du?“. Nachdem Bürger bei der Stadt Wien gefragt hatten, warum Glücksspielkonzerne bei öffentlichen Betrieben werben dürfen, wurde reagiert. Heute zieren die Öffis Werbungen ähnlicher Machart. Nur geht es um die Bitte, Plasma zu spenden, und nicht darum, sein Geld in Casinos zu tragen.

Erich Vogl, Kronen Zeitung

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