Dicke Luft um Bahn

ÖBB-Auftrag an SP-Mandatar für “Anti-VP-Expertise”?

Österreich
21.09.2010 09:09
Es brodelt wieder gewaltig zwischen den Regierungsparteien in Sachen ÖBB: ÖVP-Verkehrssprecher Ferdinand Maier hat am Montag eine Parlamentarische Anfrage an Infrastrukturministerin Doris Bures (SPÖ) eingebracht. Darin erkundigt sich Maier über ein angebliches "Anti-Lopatka-Gutachten", für dessen Erstellung die Bundesbahnen ausgerechnet den Justizsprecher der SPÖ, Hannes Jarolim (re.), beauftragt haben sollen. Jarolims Kostenvoranschlag hat laut ÖVP-Anfrage dem durchschnittlichen Bruttojahreslohn eines Arbeiters entsprochen: 27.000 Euro.

ÖBB-Aufsichtsratspräsident Horst Pöchhacker soll das Gutachten im Sommer 2010 in Auftrag gegeben haben, nachdem ÖVP-Finanzstaatssekretär Reinhold Lopatka (li.) wöchentlich schwere Attacken gegen die ÖBB ritt. Es galt herauszufinden, wie das Unternehmen rechtlich gegen Personen vorgehen könne, "die mit kritischen Aussagen dem Unternehmen schaden könnten". 

Erstellt wurde die Expertise dann jedoch nicht, weil der ÖBB-Vorstand intervenierte, wie im August bekannt wurde. Offiziell lautete der Tenor aus den ÖBB, einen Auftrag für ein solches Gutachten hab es gar nie gegeben. Die Aufregung legte sich und Lopatka meldete sich weiterhin wöchentlich mit einem ÖBB-Thema.

"Insbesondere" auch Staatsekretär prüfen
Am Wochenende tauchte nun ein Schreiben der Kanzlei Jarolim an Pöchhacker auf, in dem diese die rechtliche Prüfung "gerne bestätigt" und sogleich den zeitlichen Aufwand für das Gutachten mit 75 Stunden beziffert und einen Stundensatz von "300 Euro (zuzüglich 20% USt)" angibt. "In diesem Zusammenhang sind insbesondere auch die tatsachenwidrige Behauptung eines Staatssekretärs des Finanzministeriums zu prüfen, welche dieser auch in seiner Funktion als Staatssekretär abgegeben hat", zitiert Maier in seiner Anfrage aus dem Schreiben.

Offenbar sollte Jarolim nicht die einzige Anlaufstelle sein. Laut ÖVP-Anfrage heißt es in dem Jarolim-Schreiben weiter: "Das Ergebnis unserer rechtlichen Prüfung soll letztlich im Rahmen eines von einem renommierten Universitätsprofessor erstellten Gutachtens evaluiert werden." Mit der Parlamentarischen Anfrage an Bures macht die Volkspartei die Sache nun endgültig zum Politikum.

Fragenkatalog zu Freunderlwirtschaft und Mitwissern
Maier möchte von der Infrastrukturministerin wissen, ob sie "als Eigentümervertreterin der ÖBB dem Aufsichtsratschef Pöchhacker den Auftrag erteilt (hat), ein Gutachten gegen ihren eigenen Regierungskollegen" anfertigen zu lassen. Beziehungsweise, ob Bures den Auftrag erteilt habe, dieses Gutachten von SP-Justizsprecher Hannes Jarolim erstellen zu lassen. Und weiter: ob es üblich sei, "solche Aufträge innerhalb der SPÖ-Familie zu vergeben".

Der ÖVP geht es allerdings nicht nur um die Frage, ob Bures so ein Gutachten in Auftrag gegeben habe. Sondern auch darum, ob sie über die Auftragserteilung informiert war. Kopien des Jarolim-Briefes dürften intern an ÖBB-Chef Christian Kern, an den Gewerkschafter Wilhelm Haberzettl sowie an Herbert Kasser geschickt worden sein, Letzterer ist Generalsekretär im Infrastrukturministerium und sitzt auch im Aufsichtsrat der ÖBB.

Maier will also von Bures wissen, ob sie von ihrem "engsten Mitarbeiter" Kasser über den Auftrag informiert wurde. Maier: "Wenn ja, was haben Sie unternommen, um einen solchen Auftrag zu stoppen?" Nächste Frage: "Wenn nein, warum informiert Sie der Generalsekretär Ihres Ministeriums nicht über solch gravierende Dinge wie ein geplantes Gutachten gegen einen Regierungskollegen?"

Maier begehrt auch Auskunft darüber, ob es "weitere Aufträge der ÖBB, der Asfinag oder anderer Unternehmen, bei welchen Sie eine Eigentümerfunktion ausüben, an Dr. Jarolim (gibt)". Und schließlich: "Halten Sie es für gerechtfertigt, dass ein Unternehmen, das Milliarden an Steuergeldern verschlingt, Geld in die Hand nimmt, um Kritiker zum Schweigen zu bringen?" 

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