Fahrlässige Tötung?

Tomizawa-Unfall: Ermittlungen gegen zwei Piloten

Sport
08.09.2010 14:15
Nach dem tödlichen Unfall des Japaners Shoya Tomizawa beim Motorrad-Grand-Prix von San Marino im italienischen Misano hat die Staatsanwaltschaft der norditalienischen Stadt Rimini am Mittwoch Ermittlungen gegen zwei Piloten in die Wege geleitet. Gegen die hinter Tomizawa fahrende Scott Redding und Alex De Angelis, die den Japaner überrollt haben, wird laut "Gazzetta dello Sport" wegen fahrlässiger Tötung ermittelt.

Keine Ermittlungen wurden gegen die Manager der Rennstrecke von Misano aufgenommen. Redding und De Angelis wollen der Staatsanwalt ein Dokument vorlegen, in dem sie ihre Version des Unfalls darstellen. Das Dokument muss von Reddings Eltern unterzeichnet werden, weil der 17-jährige Brite noch minderjährig ist. "Wir sind überzeugt, dass De Angelis von jeglicher Verantwortung entlastet wird", sagte der Rechtsanwalt des 26-jährigen De Angelis, Alessandro Rinaldi.

Bikes beschlagnahmt
Die Staatsanwaltschaft von Rimini beschlagnahmte die drei im Unfall verwickelten Motorräder und die Ausrüstung Tomizawas. Die Eltern des Japaners sind in Italien eingetroffen und hielten sich lange auf der Stelle auf, an der ihr Sohn verunglückte. Die Obduktion der Leiche des 19-jährigen Piloten wurde auf Freitag verschoben.

Tomizawa hatte 2009 seine erste komplette WM-Saison in der 250-ccm-Klasse bestritten. Zu Beginn dieses Jahres war er mit einem GP-Sieg in Katar und einem zweiten Platz in Jerez furios in die Saison gestartet. Es waren die beiden einzigen Podestplätze seiner Karriere.

Trauer, Wut und Empörung
Nach dem tödlichen Unfall mischte sich in die allgemeine Trauer auch Wut und Empörung darüber, dass das Rennen nicht unterbrochen wurde. Vor allem die italienischen und die spanischen Medien schreiben, was sich viele ohnehin denken.

Pressestimmen aus Italien
"La Repubblica": "Die Schau muss weitergehen und nicht nur das: Der Tod existiert nicht einmal. Er ist nicht da, wegradiert - oder besser noch: Er hat nie existiert. Das ist es, was den Zuschauern vermittelt werden soll. Den Tod gibt es nur am Rande, in Form des prickelnden Risiko, das die Fans anzieht, aber ihnen nicht den Spaß verderben darf. In aller Eile wird der Tomizawa von der Piste geschafft, doch ohne das Rennen zu unterbrechen. Der Sterbende muss runter vom Asphalt, aus den Augen, aus dem Rampenlicht der Fernsehschirme, aus dem Herzen des Publikums. Und so hat der Große Preis des Grauens eine weitere Runde gedreht."

"La Gazzetta dello Sport": "Man darf sich nicht hinter falschem Moralismus verstecken. Rennen sind gefährlich und das Risiko gehört dazu. Aber wenn man innerhalb von sieben Tagen zweimal mit dem Tod konfrontiert wird, dann hinterlässt das Spuren... Warum hat man nicht die Siegerehrung verhindert? Das wäre eine Geste des Respekts gewesen. Man wäre dies den armen Eltern in Japan schuldig gewesen, die soeben ihren Sohn live im Fernsehen haben sterben sehen."

"Tuttosport": "Ein Motorrad-Schock: Tod in Misano. Eine Tragödie."

"Corriere dello Sport": "Eine Tragödie in Misano. Aber das Rennen geht weiter und sorgt für heftigen Streit."

"Il Giornale": "Niemand hatte den Mut, das Rennen zu stoppen."

Pressestimmen aus Spanien
"Marca": "Tragödie in Misano"

"As": "Tomizawa starb, weil er einen gefährlichen Beruf ausübte. Das Fahren von Motorradrennen ist ein Job für wagemutige Typen, die unbedingt schneller sein wollen als die Rivalen und die davon träumen, Rennen zu gewinnen und Titel zu holen. Beim Tod von Tomizawa muss sich niemand Nachlässigkeiten oder Fehler ankreiden lassen. Der Unfall war einfach Pech. Da kann man die Sache drehen und wenden, wie man will."

"El País": "Der Tod ist nicht das Ende eines Motorradrennens. Trotz des Unfalls von Tomizawa wurde die Rennveranstaltung nicht abgebrochen."

"El Periodico de Catalunya": "Die Spanier erreichten den sechsten Dreifach-Sieg der Saison, aber der Tod des Japaners Tomizawa überschattete alle Erfolge. Selbst die Sieger verließen Misano mit Tränen in den Augen. Sie wissen, dass es in zwei Wochen beim nächsten Rennen auch sie treffen kann."

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(Bild: KMM)
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