Opfer vor Abschiebung

Mord in Gerasdorf: Nehammer vermutet Hintermänner

Wien
07.07.2020 17:03

Seit 2005 war Martin B., der am Samstagabend im niederösterreichischen Gerasdorf mit einem Kopfschuss getötet wurde, in Österreich. Mit Frau und drei Kindern lebte er zuletzt in einer Gemeindebauwohnung in der Wiener Donaustadt, sollte aber wegen mehrerer Vorstrafen abgeschoben werden. In der Community fiel der frühere Polizist in jüngster Zeit als erbitterter Gegner des gefürchteten tschetschenischen Präsidenten Ramsan Kadyrow auf. Wohl auch deshalb vermutet Innenminister Karl Nehammer (ÖVP), dass es Hintermänner geben könnte. Er fordert „volle Aufklärung“ der Bluttat.

Am Samstagabend wurde Mamichan U. alias Martin B. auf einem Firmengelände an der B7 in Gerasdorf unweit der Wiener Stadtgrenze erschossen. Die Ermittlungen laufen seitdem auf Hochtouren - schließlich hatte B. auf seinem Videoblog Kadyrow monatelang heftig kritisiert und beschimpft. Dass er sich damit in Gefahr brachte, war den Sicherheitsbehörden klar. Zwar lehnte der 43-Jährige Personenschutz ausdrücklich ab, allerdings wurde seine Wohnung in Wien-Donaustadt observiert. Dafür ist grundsätzlich kein Einverständnis des Betroffenen erforderlich.

„Viel zu oft werden ausländische Konflikte nach Österreich hereingetragen“
Ob der tödliche Kopfschuss ein Auftragsmord war, will auch Innenminister Nehammer wissen: „Es braucht volle Aufklärung, denn viel zu oft werden ausländische Konflikte nach Österreich hereingetragen. Dafür habe ich null Toleranz.“ Gewaltbereite oder radikale Gruppen, die - egal aus welchem Motiv - den Rechtsstaat mit Füßen treten, müssten entschieden in die Schranken gewiesen werden.

Verdächtige schweigen weiter, Gutachten noch ausständig
Die beiden Verdächtigen - jener 47-jährige Tschetschene, der den tödlichen Schuss abgegeben haben soll, sowie ein Landsmann (37), der B. zum Tatort begleitet hatte - schweigen weiter. Das vorläufige Obduktionsergebnis ist ebenso ausständig wie das von der Staatsanwaltschaft in Auftrag gegebene Schießgutachten. Letzteres sei allerdings „sehr aufwendig“ und erst in mehreren Wochen zu erwarten, wie Friedrich Köhl, der Sprecher der Staatsanwaltschaft Korneuburg, am Dienstag mitteilte.

Die russische Botschaft in Wien wartet nach eigenen Angaben unterdessen noch auf eine Bestätigung seitens der niederösterreichischen Polizei, ob es sich bei den Festgenommenen um russische Staatsbürger handelt. Die Botschaft habe eine entsprechende Anfrage an die österreichischen Behörden gerichtet. „Bis jetzt haben wir noch keine diesbezüglichen Informationen“, sagte ein Sprecher der Botschaft auf Anfrage der APA. Sollten die beiden Männer Flüchtlinge sein, unterlägen sie der Zuständigkeit Österreichs und nicht Russlands.

B. berief gegen Abschiebe-Entscheidung
Der in Martin B. umbenannte Tschetschene war nach seiner Flucht nach Österreich 2007 als Konventionsflüchtling anerkannt worden. Allerdings stand ihm nach drei gerichtlichen Vorstrafen - darunter wegen Schlepperei und Vortäuschung einer mit Strafe bedrohten Handlung - die Aberkennung des Asylstatus bevor. Ein entsprechendes Verfahren war im Laufen, B., der bis Anfang September 2019 eine Haftstrafe verbüßt hatte, hatte gegen die erstinstanzliche Entscheidung, die seine Abschiebung bedeutet hätte, Rechtsmittel eingelegt.

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