Tempel-Massaker

Mitangeklagte leugnen Beteiligung an Attentat in Wien

Österreich
13.07.2010 15:06
Der zweite Tag im Ravidass-Prozess am Wiener Straflandesgericht war geprägt von Unschuldsbekundungen und Widersprüchen in den Aussagen der Mitangeklagten. Im Zuge der Befragungen durch Richterin Susanne Lehr baten die nach eigener Angabe "streng gläubigen" Sikhs um Verzeihung für bereits getätigte Falschaussagen und beteuerten, nichts mit der Schießerei in dem Tempel am 24. Mai 2009 in Wien-Rudolfsheim zu tun gehabt zu haben.

Die beiden jeweils 29-jährigen Männer, die am Dienstag eingehend befragt wurden, lieferten der Richterin sowie den Geschworenen zwei nahezu idente Versionen. Sie seien am Tag des laut Staatsanwaltschaft "geplanten Attentats" zum Beten in ihrem Tempel in der Donaustadt gewesen. Anschließend hätte man ihnen gesagt, in Rudolfsheim wären zwei hohe geistliche Ravidass-Würdenträger zu Gast. Darauf hin sei man mit einem Auto, in dem sich neben anderen Personen auch der mutmaßliche Schütze befunden haben soll, zu dem Tempel im 15. Bezirk gefahren.

Absicht der Sikhs sei aber nicht ein Angriff auf die Gurus gewesen, sondern lediglich ein klärendes Gespräch. Denn Hintergrund der Aufregung, die in der Sikh-Gemeinde in der Donaustadt um sich gegriffen hatte, war die Tatsache, dass die beiden Ravidass-Gurus es gewagt hatten, sich nicht unterhalb, sondern neben das "Heilige Buch" zu setzen, was die Sikhs als Provokation auffassten.

Angeklagter dementiert ursprüngliche Aussagen
Beide Männer berichteten, den Tempel in der Pelzgasse betreten, sich niedergesetzt und gebetet zu haben - als plötzlich Schüsse fielen. In dem allgemeinen Getümmel will keiner gesehen haben, wer geschossen hat. Spätestens da begannen jedoch die Aussagen zu divergieren: Richterin Lehr las den Beklagten Aussagen aus dem Vorjahr vor, die gänzlich andere Versionen des Tathergangs enthielten. In einem Fall hatte einer der 29-Jährigen angegeben, den Täter zwar nicht gekannt, dafür aber erkannt zu haben. "Nein, das stimmt nicht. Nein, das habe ich nicht gesagt", erhielt die Vorsitzende stets zur Antwort, während einer der Angeklagten auf eine Operation mit Vollnarkose verwies. Unmittelbar danach habe man ihn nämlich befragt.

Dolche am Körper getragen, aber nicht eingesetzt
Nach den Schüssen hätten die zwei Männer jedenfalls versucht, aus dem Tempel zu gelangen, doch seien beide von jungen Burschen, die Ravidass-Kopftücher trugen, zu Boden gerissen und geschlagen worden. Obwohl die Sikhs Dolche am Leib getragen hatten, die - wie auch der Turban - als religiöses Symbol gelten, habe man von den Stichwaffen keinerlei Gebrauch gemacht. Wie es zu den zahlreichen Schnitt- und Stichwunden kam, die viele der Ravidass-Gläubigen an diesem Tag erlitten hatten, konnten sie sich nicht erklären.

"Ich lebe eigentlich nur für Gott"
Über das Privatleben der beiden 29-jährigen Sikhs, die seit 2002 bzw. 2003 in Österreich leben, ist lediglich bekannt, dass sie als Zeitungskolporteure gearbeitet haben - eigenen Angaben zufolge sieben Tage in der Woche. Während einer betonte, dass es falsch sei, vor dem "Heiligen Buch" zu streiten oder gar zu töten und der Polizei dankte, "dass sie uns gerettet haben", sagte der eine lediglich: "Ich lebe eigentlich nur für Gott."

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