250.000 Sozialwaisen

„Krone“ in Rumänien: „Mama, wann kommst du heim?“

Ausland
31.01.2020 06:00

Pflegerinnen aus dem Osten fehlen in ihren Herkunftsländern. Allein in Rumänien zählt man 250.000 Sozialwaisen, weil deren Elten in Westeuropa als Arbeitsmigranten arbeiten. Ein „Krone“-Lokalaugenschein.

Sarkastisch nennt man die zu Hause zurückgelassenen Kinder in Rumänien mittlerweile schon „Euro-Waisen“. Schließlich sind deren Mamas und Papas nur aus einem Grund als Arbeitsmigranten in den Westen gegangen: wegen des Euros - sprich, in Westeuropa lässt sich auf dem Arbeitsmarkt viermal so viel wie im Osten verdienen. Beträgt der durchschnittliche Stundenlohn in Rumänien lediglich drei Euro, so werden in Mitteleuropa bis zu 14 Euro für die Stunde bezahlt.

Dieses Wohlstandsgefälle hat ganze Regionen entvölkert, das heißt nahezu „elternlos“ gemacht: Es fehlt die gesamte mittlere Generation. Kinder werden von ihren Großeltern so recht und schlecht versorgt. Und wenn es diese nicht mehr gibt, kommen die Mädchen und Buben eben in ein Heim.

Kindern fehlen die Eltern, Pensionisten die Pfleger
Würde sich nicht die Caritas in Tagesheimstätten oder Kinderheimen so rührend um Sozialwaisen kümmern, müssten wohl wieder Zigtausende als Straßenkinder bei Wind und Kälte frierend dahinvegetieren.

Beim „Krone“-Lokalaugenschein mit Caritas-Präsident Michael Landau im Kinderheim Stremt war die soziale Wärme, in diesem Fall für Roma-Kinder, besonders spürbar. Heimleiterin Mihaela C. behandelt die Zöglinge wie ihre eigenen Kinder: liebevoll, herzlich, rührend. „Die Kleinen erhalten Geborgenheit und Zukunftsperspektiven“, so Landau, „denn die Betreuer sorgen sich neben der Gesundheit auch sehr genau um den regelmäßigen Schulbesuch.“

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Die Geburtslotterie meint es nicht mit allen gut in Europa. Aber der Caritas-Grundsatz bleibt: Ein Kind ist ein Kind, egal, wo seine Wiege stand.

Monsignore DDr. Michael Landau, Caritas-Präsident

Zwei Autostunden weiter versorgt die Caritas in der von Kohlenminen-Schließungen gebeutelten Bergbaustadt Petrosani in einer Kindertagesstätte „Euro-Waisen“, die am Handy sehnsüchtig fragen: „Mama, wann kommst du heim?“

Von 63.000 Betreuerinnen kommen 43 Prozent aus Rumänien
Gleichzeitig birgt die Auswanderung älterer Arbeitskräfte, etwa von Pflegerinnen um die 50 Jahre, eine weitere Schattenseite: Von den 63.000 Personenbetreuerinnen in Österreich kommen 43 Prozent aus Rumänien. Und viele dieser Frauen fehlen bei der Betreuung von Pensionisten in der Heimat. „Das ist hier ein Megaproblem. Leute, die wir ausgebildet haben, wandern in den Westen ab und fehlen uns“, beklagt Andras Marton, Caritas-Direktor in Alba Julia, die Situation. Gemeinsam mit Landau will er dieses Dilemma bekämpfen und sich für einen „fair care migration level“, sprich für europaweite „Maastricht-Kriterien“ im sozialen Bereich, einsetzen.

Christoph Matzl, Kronen Zeitung

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