„Realistische Lösung“

Trumps Nahostplan ohne die Palästinenser

Ausland
28.01.2020 20:47

Seit Monaten ließ US-Präsident Trump auf seinen Nahostplan warten. Nun hat er den „Deal des Jahrhunderts“, den „großartigsten Nahostplan“ aller Zeiten als eine Wahlkampfunterstützung für Israels Premier Benjamin Netanyahu gemeinsam mit diesem vorgestellt. Bevor Trump die Eckpunkte der „neuen Landkarte“ präsentierte, führte der 45. Präsident der USA aus, wie kläglich seine bisherigen Amtsvorgänger an der Aufgabe gescheitert seien. Aber nun sei eine „realistische Zwei-Staaten-Lösung“ gefunden worden. Zentrale Eckpunkte: Jerusalem bleibt Israels ungeteilte Hauptstadt. Die Palästinenser bekommen ihre Hauptstadt in Ostjerusalem und ihr Gebiet wird nahezu verdoppelt. Daran sind aber zahlreiche harte Bedingungen geknüpft. Die arabische Zustimmung ist mehr als fraglich.

So müssten sich die Palästinenser vom „Terrorismus“ lossagen, sagte Trump. Laut Weißem Haus soll der künftige Palästinenserstaat zudem „entmilitarisiert“ sein. Die Verantwortung für die Sicherheit der Palästinenser soll von Israel übernommen werden. Im Laufe der Zeit könnten die Palästinenser dann „mehr Verantwortung für die Sicherheit“ übernehmen, so Trump.

Die arabische Seite fehlte in Washington. Die Palästinenser hatten den Plan bereits im Vorfeld als Verstoß gegen UN-Resolutionen und geltendes Völkerrecht zurückgewiesen. Die Führung in Ramallah wirft Trump vor, in dem Konflikt einseitig Partei für Israel zu ergreifen und boykottierte deshalb die Zusammenarbeit.

„Es ist eine Win-Win-Situation für beide Völker“, betonte US-Präsident Donald Trump und erntete dafür Applaus von Premier Benjamin Netanyahu. (Bild: AP)
„Es ist eine Win-Win-Situation für beide Völker“, betonte US-Präsident Donald Trump und erntete dafür Applaus von Premier Benjamin Netanyahu.

Auch am Tag der Präsentation kam es zu Protesten im Gazastreifen. Demonstranten liefen mit palästinensischen Flaggen durch die Straßen. Reifen wurden verbrannt, Plakate zeigten den US-Präsidenten mit Vampirzähnen und Hakenkreuz sowie Trump mit einem rot durchgestrichenen Nahost-Plan in den Händen.

Auch die ältere Palästinenserin hält nichts von Trumps „Jahrhundert-Deal“. (Bild: APA/AFP/SAID KHATIB)
Auch die ältere Palästinenserin hält nichts von Trumps „Jahrhundert-Deal“.
Wütende Palästinenser äußerten ihren Unmut schon vor der Präsentation des Friedensplans. (Bild: AP)
Wütende Palästinenser äußerten ihren Unmut schon vor der Präsentation des Friedensplans.

Trump: „Großer Schritt in Richtung Frieden“
Aus Sicht Trumps ist aber ein „großer Schritt in Richtung Frieden“ erfolgt. Schließlich hätte auch die israelische Seite erstmals konkrete territoriale Kompromisse signalisiert. Israel hatte 1967 während des Sechstagekriegs unter anderem das Westjordanland, Ost-Jerusalem und die Golanhöhen erobert. Die Vereinten Nationen stufen die Gebiete als besetzt ein. Aus dem damals ebenfalls eroberten Gazastreifen ist Israel abgezogen. Die Palästinenser wollen in Westjordanland und Gazastreifen einen unabhängigen Staat mit der Hauptstadt Ost-Jerusalem ausrufen.

Palästinenser protestieren gegen den Friedensplan von Donald Trump und Benjamin Netanyahu. (Bild: APA/AFP/Jaafar ASHTIYEH)
Palästinenser protestieren gegen den Friedensplan von Donald Trump und Benjamin Netanyahu.

Gebietsaustausch und Annexion
Rund 70 bis 80 Prozent des besetzten Westjordanlandes sollen nach Medienberichten von Israel geräumt und unter palästinensische Kontrolle gestellt werden. Im Gegenzug für die Annexion des Jordantals durch Israel sei ein Gebietstausch vorgesehen, Israel solle dabei vermutlich einen Teil der Negev-Wüste aufgeben. Das Westjordanland und der Gazastreifen sollten durch einen Tunnel miteinander verbunden werden. Ein Rückkehrrecht für palästinensische Flüchtlinge sieht der Nahostplan übrigens nicht vor.

Die Negev-Wüste nimmt etwa 60 Prozent des israelischen Territoriums ein. Es leben aber nur zehn Prozent der Bevölkerung dort. (Bild: APA/AFP/THOMAS COEX)
Die Negev-Wüste nimmt etwa 60 Prozent des israelischen Territoriums ein. Es leben aber nur zehn Prozent der Bevölkerung dort.

Netanyahu hofft auf Verhandlungsbereitschaft der Palästinenser
Netanyahu versicherte, er werde den US-Plan als Grundlage für bilaterale Verhandlungen mit den Palästinensern verwenden. Der Regierungschef äußerte die Hoffnung, dass die andere Seite Verhandlungsbereitschaft zeige und die von den USA und anderen Staaten angekündigten großzügigen Investitionen nicht ablehnen. Die Wirtschaft der Palästinenser könnte sich bei einer Annahme des Plans „verdoppeln oder verdreifachen“, versprach Trump.

Abbas erteilt Plan eine Absage
Die erste offizielle Ablehnung ließ allerdings nicht lange auf sich warten. Ein Vertreter der radikalislamischen Hamas, die im Gazastreifen die Kontrolle ausübt, erklärte: „Wir lehnen den Plan ab. Wir werden keinen Ersatz für Jerusalem als Hauptstadt des palästinensischen Staates akzeptieren.“ Wenig später erteilte auch Palästinenserpräsident Mahmoud Abbas dem vorgestellten Plan eine Absage. Der Plan werde „nicht durchkommen“, meinte Abbas am Dienstagabend in Ramallah nach einem Treffen mit verschiedenen Gruppen, darunter auch die Hamas. Die Arabische Liga berief eine Dringlichkeitssitzung ein.

Palästinenserpräsident Mahmoud Abbas (Bild: AP)
Palästinenserpräsident Mahmoud Abbas

Türkei: „Trumps Vorschläge sind eine Totgeburt“
Auch die Türkei zeigte sich in einer ersten Reaktion ablehnend. Das Außenministerium erklärte, es handle sich um „einen Plan zur Annexion mit dem Ziel, die Zwei-Staaten-Lösung abzutöten und palästinensisches Gebiet zu stehlen“. Trumps Vorschläge seien eine „Totgeburt“. Die radikalislamische Hisbollah-Miliz im Libanon sprach von einem Werkzeug, um die Rechte der Palästinenser zu zerstören. Ägypten rief dagegen beide Seiten des Nahostkonflikts auf, den US-Plan zu studieren und unter der Vermittlung der USA Verhandlungen wieder aufzunehmen.

krone.at/Kronen Zeitung

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