Große Symbolkraft

US-Kongress: Massaker an Armeniern war Völkermord

Ausland
12.12.2019 20:21

Nach jahrzehntelangem Hin und Her hat der US-Kongress jetzt die Massaker an den Armeniern im Ersten Weltkrieg offiziell als Völkermord eingestuft. Der Senat beschloss am Donnerstag einstimmig eine entsprechende Resolution, die bereits im Oktober vom Repräsentantenhaus beschlossen worden war. In den vergangenen Wochen war die Resolution im Senat drei Mal gescheitert.

Die Resolution des Senats ist rechtlich nicht bindend, hat aber große Symbolkraft und Gewicht für die Beziehungen zwischen den USA und der Türkei. In den vergangenen Jahrzehnten waren immer wieder ähnliche Beschlussvorlagen eingebracht worden, doch hatten sie nie eine Mehrheit erzielt. Als das US-Repräsentantenhaus dann Ende Oktober für die Armenien-Resolution stimmte, führte dies zu scharfem Protest aus Ankara. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan bezeichnete den Vorwurf des Völkermords als „die größte Beleidigung unseres Volkes“.

Im Senat war die Resolution dann von Republikaners mehrmals blockiert worden, unter anderem mit dem Argument, dies würde „das Engagement der Regierung untergraben, echte Herausforderungen in unseren bilateralen Beziehungen zur Türkei zu bewältigen“. Der republikanische Senator Lindsey Graham hatte die Verabschiedung zudem nach einem Besuch Erdogans in Washington im November verhindert.

Bisher von 30 Ländern als Völkermord anerkannt
Bisher haben die Parlamente von 30 Ländern die Massaker an den Armenien als Völkermord anerkannt. Erstes Land war 1965 Uruguay. Das EU-Parlament bezeichnete 1987 die Ereignisse als Völkermord, die EU-Kommission vermeidet dagegen den Begriff. Als erstes großes europäisches Land hatte Frankreich 2001 die Massaker an den Armeniern im Osmanischen Reich offiziell als Völkermord eingestuft. Im April 2015 verurteilte auch der österreichische Nationalrat die Gräueltaten als Völkermord. Die Türkei zog daraufhin ihren Botschafter kurzzeitig aus Wien ab. Deutschland folgte dann 2016, was eine schwere diplomatische Krise mit der Türkei auslöste.

Während des Ersten Weltkrieges waren Armenier systematisch verfolgt worden und unter anderem auf Todesmärsche in die syrische Wüste geschickt worden. Historiker sprechen von Hunderttausenden bis zu 1,5 Millionen Opfern. Die Türkei als Nachfolgerin des Osmanischen Reiches gesteht den Tod von 300.000 bis 500 000 Armeniern während des Ersten Weltkrieges ein und „bedauert“ die Massaker.

Die christlichen Armenier waren seitens der Osmanen beschuldigt worden, mit dem Kriegsgegner Russland im Bunde zu stehen und zahlreiche Türken ermordet zu haben. Die an den Armeniern begangenen Massaker wurden zumeist von kurdischen Hilfstruppen ausgeführt. Der österreichischen Schriftsteller Franz Werfel (1890-1945) hat mit seinem Roman „Die vierzig Tage des Musa Dagh“ das Los der Armenier einer breiten Öffentlichkeit bekannt gemacht.

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