Nach Kiew-Telefonat

Informant wirft Weißem Haus Vertuschung vor

Ausland
26.09.2019 16:12

Jener Geheimdienstmitarbeiter, der die Causa Biden ins Rollen gebracht hat, wirft dem Weißen Haus nach dem umstrittenen Telefonat zwischen US-Präsident Donald Trump und seinem ukrainischen Amtskollegen Wolodymyr Selenskyj Vertuschung vor. In einer am Donnerstag veröffentlichten schriftlichen Beschwerde des Agenten heißt es, Mitarbeiter des Weißen Hauses hätten den Zugang zu den Aufzeichnungen des Gesprächs zu beschränken versucht. Den Inhalt des Telefonats hatte Trumps Kabinett am Mittwoch selbst veröffentlicht, um die Vorwürfe, im Zuge des Gesprächs habe Trump Druck auf Selenskyj ausgeübt, um kompromittierendes Material gegen den demokratischen Präsidentschaftskandidaten Joe Biden zu bekommen, zu entkräften.

In ihrer Beschwerde schreibt die anonym bleiben wollende Person von „mehreren US-Regierungsvertretern“, von denen er oder sie „überzeugende Informationen“ erhalten habe, „dass der Präsident der Vereinigten Staaten die Macht seines Amtes nutzt, um Einmischung bei der US-Wahl im Ausland zu erbitten“. Auch Mitarbeiter des Weißen Hauses schätzten das Telefonat Trumps mit Selenskyj der Beschwerde zufolge als bedenklich ein. Sie hätten gesagt, dass der Präsident wohl „für persönlichen Nutzen“ sein Amt „missbraucht“ habe.

Demokraten streben Amtsenthebung an
Die amtliche Geheimhaltung des Whistleblower-Dokuments war am späten Mittwochabend (Ortszeit) bereits aufgehoben worden. Die Demokraten werfen Trump einen Verfassungsbruch vor und haben bereits erste Schritte für ein Amtsenthebungsverfahren gegen Trump unternommen.

Die Veröffentlichung der Beschwerde bietet nun weiteren politischen Sprengstoff. Chuck Schumer, Minderheitsführer der Demokraten im Senat, zeigte sich entsetzt: „Nachdem ich die Beschwerde des Whistleblowers gelesen habe, bin ich sogar noch besorgter über das, was passiert ist. Es ist sehr beunruhigend.“

Nancy Pelosi, Demokratin und Sprecherin des Repräsentantenhauses, sagte am Donnerstag, die Handlungen des republikanischen Präsidenten hätten den Demokraten keine andere Wahl gelassen, als Schritte für ein Amtsenthebungsverfahren einzuleiten. „Es ist eine traurige Woche für unser Land. Das ist nichts, was wir auf die leichte Schulter nehmen“, erklärte Pelosi. Sie betonte gleichzeitig, es gebe dabei keinen vorbestimmten Ausgang. Man sei bei den Untersuchungen auch offen für entlastende Fakten, sollte es diese geben.

Trump: „Demokraten wollen Republikaner zerstören“
„Absolut keinen Grund“ für ein Amtsenthebungsverfahren sieht weiterhin der republikanische Präsident, der auf Twitter seine Parteifreunde mit eindringlichen Worten warnte: „Die Demokraten versuchen, die Republikanische Partei zu zerstören und alles, wofür sie steht. Haltet zusammen, spielt ihre Spielchen und kämpft hart. Unser Land steht auf dem Spiel!“ Dieser Tweet wurde wenig später gelöscht.

Trumps Sprecherin Stephanie Grisham sagte am Donnerstag, auch durch die Veröffentlichung der Beschwerde habe sich für die US-Regierung nichts verändert. Es handele sich dabei lediglich um Schilderungen aus „dritter Hand“ und „zusammengeschusterte Zeitungsausschnitte“. Das Weiße Haus werde sich daher weiterhin gegen die „Hysterie“ und die „falschen Erzählungen“ der Demokraten und vieler „Mainstream-Medien“ zur Wehr setzen.

Auszüge aus dem vom Weißen Haus veröffentlichten Telefonprotokoll:

Trump: „Wir tun viel für die Ukraine. (...) Viel mehr, als die europäischen Staaten es tun, und sie sollten Ihnen mehr helfen, als sie es tun. Deutschland tut fast nichts für Sie. Alles, was sie tun, ist reden und ich denke, dass das etwas ist, wozu Sie sie wirklich fragen sollten. Als ich mit Angela Merkel gesprochen habe, spricht sie über die Ukraine, aber sie tut nichts. Viele europäischen Länder sind genauso. (...)“

Selenskyj: „Sie haben absolut recht. Nicht nur zu 100 Prozent, sondern sogar zu 1000 Prozent. (...) Sie tun nicht so viel, wie sie für die Ukraine tun sollten. (...) Obwohl logischerweise die Europäische Union unser größter Partner sein sollte, sind die Vereinigten Staaten technisch ein viel größerer Partner als die Europäische Union. (...)“

Trump: „Ich möchte Sie allerdings um einen Gefallen bitten, weil unser Land viel durchgemacht hat und die Ukraine viel darüber weiß. (...) Ich würde gerne, dass der Justizminister Sie oder Ihre Leute anruft, und ich würde gerne, dass Sie dem auf den Grund gehen. Wie Sie gestern gesehen haben, ist dieser ganze Unsinn mit einer schlechten Leistung eines Mannes namens Robert Mueller [der US-Sonderermittler in der Russland-Affäre, Anm.], einer inkompetenten Leistung, aber es wird gesagt, dass vieles davon mit der Ukraine angefangen hat. Was immer Sie machen können, es ist sehr wichtig, dass Sie es tun, wenn das möglich ist. (...)“

Selenskyj: „(...) Ich sage Ihnen persönlich, dass einer meiner Assistenten erst kürzlich mit Herrn Giuliani [Trumps persönlichem Anwalt] gesprochen hat. (...) Ich garantiere Ihnen als Präsident der Ukraine, dass alle Ermittlungen offen und ehrlich geführt werden. Das kann ich Ihnen versichern.“

Trump: „Gut, denn ich habe gehört, dass Sie einen Staatsanwalt hatten, der sehr gut war und der kaltgestellt wurde und das ist wirklich ungerecht. (...) Rudy [Giuliani] weiß sehr gut, was vor sich geht, und er ist ein sehr fähiger Kerl. Wenn Sie mit ihm sprechen könnten, wäre das großartig. (...) Es gibt viele Gerede über Bidens Sohn, dass Biden die Strafverfolgung gestoppt habe, und viele Leute wollen rausfinden, was es damit auf sich hat. Was auch immer Sie mit dem Justizminister tun könnten, wäre toll. Biden hat damit herumgeprahlt, dass er die Strafverfolgung gestoppt hat, also wenn Sie das prüfen könnten ... Es klingt für mich schrecklich.“

Trump: „(...) Ich werde Herrn Giuliani bitten, Sie anzurufen, und ich werde auch Justizminister [William] Barr bitten, anzurufen, und wir werden der Sache auf den Grund gehen. Ich bin sicher, dass Sie dahinterkommen. (...)“

Selenskyj: „(...) Ich möchte Ihnen auch versichern, dass wir den Fall sehr ernst nehmen und an den Ermittlungen arbeiten. (...)“

Trump: „Gut. Also, vielen Dank und ich weiß das zu schätzen. Ich werde Rudy und Justizminister Barr anweisen, anzurufen. (...)“

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