Zwei Todesopfer

Tiefe Trauer nach Drama im Wiener Explosionshaus

Wien
28.06.2019 07:00

Trauer und Entsetzen im vierten Wiener Gemeindebezirk nach der verheerenden Explosion mit zwei Toten und 15 Verletzten. Donnerstagfrüh war die Leiche einer zweifachen Mutter geborgen worden, am Abend entdeckten die Einsatztrupps dann eine weitere Leiche. Es dürfte sich um jenen jungen Koch handeln, der zuvor als vermisst gemeldet war. Die Suche nach ihm gestaltete sich als Gewaltakt. Die „Krone“ sprach mit der Mutter des 22-Jährigen.

Schritt für Schritt wird klar, welch unendliches Leid die heftige Detonation in Wien-Wieden verursacht hat. Die Zahl der Verletzten stieg auf 15 an (auch ein Feuerwehrmann verunfallte bei Bergearbeiten). Doch die Überreste des teils eingestürzten fünfstöckigen Gemeindebaus an der Ecke Preßgasse und Schäffergasse gaben auch ein trauriges Geheimnis preis.

Donnerstagfrüh gruben die Einsatzkräfte zuerst den leblosen Körper der zweifachen Mutter Ana B. (29) aus. Einige Stunden später arbeiteten sich die Bergetrupps bei menschenunwürdiger Hitze und völlig erschöpft bis in das vor, was von den vollkommen zerstörten Wohnungen noch übrig blieb. Und das unter höchsten Sicherheitsmaßnahmen - den Bewohnern des Gebäudes wurde jeglicher Zutritt verboten.

„Habe nichts als meine Kleider am Körper“
„Mir sagt keiner was, ich habe nichts als meine Kleider am Körper“, erzählt eine Mieterin dem „Krone“-Team. „Kein Geld, keine Papiere. Nichts“, so Liliana S. weiter. „Wir schaffen das hier alles nicht. Wir sind am Ende.“ Ein Kriseninterventionsteam ist daher im Dauereinsatz. Am Donnerstagabend durften die Bewohner der Gebäude in der Nachbarschaft zudem kurz in Begleitung der Feuerwehr in ihre Wohnungen, um die wichtigsten Dokumente und Medikamente zu holen.

Während anfangs noch von drei vermissten Personen ausgegangen worden war, gab es in einem Fall Entwarnung: Ein Mieter befand sich zum Unglückszeitpunkt im Krankenhaus. Die Suche nach einem weiteren Opfer endete jedoch tragisch: Am Abend wurde eine männliche Leiche in den Trümmern entdeckt. Es dürfte sich um Koch Daniel Sch. (22) handeln.

Rückblende auf den Donnerstagnachmittag: Daniels Mutter Martha Sch. sitzt zusammengekauert auf dem Boden jener Schule, die nach der Tragödie zum Krisentreffpunkt für Angehörige wurde. Die stechende Sonne lässt sie kalt: Sie wählt wieder und wieder eine Nummer auf ihrem Handy - die ihres Sohnes Daniel.

Doch die Leitung ist tot. Er, Daniel, der aus Leidenschaft WhatsApp-Nachrichten verschickt und empfangen hat, der immer online war - zum letzten Mal am Mittwoch um 16.28 Uhr. Sieben Minuten später flogen Mauerwerk und Trümmer durch die Preßgasse in Wien-Wieden. Alles war mit einem Schlag anders, alles zerstört. Auch Daniels Wohnung im dritten Stock des Gemeindebaus.

„Wir wissen nicht, ob er zu dem Zeitpunkt zu Hause war“, sagt Mutter Martha Sch. am Donnerstagmorgen schulterzuckend im „Krone“-Gespräch. „Aber wo soll er schon gewesen sein?“, fügt der Onkel des 22-Jährigen hinzu. Daniel war Koch - jedenfalls bis vor zwei Wochen. Da soll er alles hingeschmissen haben. „Vielleicht ist er irgendwo unterwegs nach dem Stress mit dem Job“, wirft einer seiner Freunde ein. „Nein“, widerspricht Martha Sch.: „Ich fürchte, das war er nicht.“ Was Daniel war - „ein wenig eigen und labil“, sagt sein Onkel. Mit der Mama hatte er seit einiger Zeit keinen Kontakt. An diesem heißen Sommertag am Boden sitzend, sieht man ihr an, wie leid ihr das tut: „Wenn ich nur wüsste, was mit ihm passiert ist!“ Wenig später wurden die schlimmsten Befürchtungen wahr ...

Ursachenforschung durch Brandexperten
Was das Unglück ausgelöst hat, ist indes Gegenstand der Ermittlungen. Da das Gebäude jederzeit einstürzen könnte, wurde noch am Donnerstag ein 45-Tonnen-Kran angefordert, mit dem das Dach über dem klaffenden Loch abgebaut werden sollte. „Die Gefahr eines Folgeeinsturzes ist sehr groß“, sagte Gerald Schimpf von der Wiener Berufsfeuerwehr am Nachmittag.

Der Fall weckt Erinnerungen an eine Explosion in der Wiener Mariahilfer Straße im Jahr 2014. Damals hatte ein Mieter in selbstmörderischer Absicht das Haus in die Luft gejagt.

Sandra Ramsauer, Oliver Papacek und Stefan Steinkogler, Kronen Zeitung

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