Riesenskandal?

Amri-Freund mit vielen Identitäten und Straftaten

Ausland
23.02.2019 11:30

Bahnt sich ein neuer Skandal in Deutschland an? Nicht nur sollen, wie am Freitag bekannt wurde, die Behörden nur sechs Wochen nach dem Anschlag auf den Berliner Weihnachtsmarkt den radikalen Islamisten und Freund von Attentäter Anis Amri, Bilel Ben Ammar, gezielt nach Tunesien abgeschoben haben, um ihn vor einer eventuellen Strafverfolgung zu schützen - der 28-Jährige hatte sich bei unseren Nachbarn auch unter verschiedenen Namen als Asylwerber registrieren lassen und zahlreiche Straftaten verübt. Nun soll Ammar befragt werden - ob in Tunesien oder Deutschland, ist nicht klar.

In einer E-Mail eines Beamten des Bundesinnenministeriums an die damalige Staatssekretärin und heutige US-Botschafterin in Washington, Emily Haber, vom 16. Jänner 2017, das der Deutschen Presse-Agentur vorliegt, heißt es, dass Ben Ammar möglichst bald abgeschoben werden sollte. Der Beamte zitiert darin Innenstaatssekretär Hans-Georg Engelke: „Das Verhetzungspotential (ein Begriff von Herrn Engelke, den ich sehr treffend finde) in dem Sachverhalt ist wieder enorm, allein schon wegen seiner zwölf Aliasse.“

Einer Namensliste zufolge nannte sich der Tunesier Ben Ammar unter anderem Fathi Mheni, Abu Bakir Muawed und Ahmad Hassan. Er gab sich mal als Marokkaner, mal als Ägypter und dann wieder als Libyer aus.

Per Boot nach Italien und über die Schweiz nach Deutschland
Ben Ammar war nach Erkenntnissen der Sicherheitsbehörden 2014 zusammen mit anderen Tunesiern per Boot nach Italien und dann über die Schweiz nach Deutschland gekommen und stellte unter anderem in Chemnitz einen Asylantrag. Er traf seinen Bekannten Anis Amri am 18. Dezember 2016, einen Tag bevor Amri in Berlin einen Lastwagen kaperte, damit über den Breitscheidplatz raste und zwölf Menschen tötete. Amri konnte nach dem Attentat nach Italien fliehen, wo er vier Tage später von der Polizei erschossen wurde.

Video: Zeugin spricht über Todesfahrt: „So viel Blut“

Untersuchungsausschuss will ihn als Zeugen vernehmen
Ben Ammar wurde am 1. Februar 2017 nach Tunesien abgeschoben. Als einer von 118 Passagieren einer Linienmaschine landete er in Tunis. An Bord habe sich der aus Deutschland Abgeschobene ruhig verhalten, hieß es hinterher. Was er von den Anschlagsplänen seines Freundes Anis Amri wusste, ist bis heute nicht klar. Der Untersuchungsausschuss des Bundestages, der mögliche Fehler der Behörden rund um den Anschlag aufklären soll, will ihn wahrscheinlich demnächst als Zeugen vernehmen. Ob er in Berlin oder Tunesien befragt werden soll, ist noch nicht entschieden.

Abgeordneten der Opposition erscheint das Tempo verdächtig, mit dem die deutschen Behörden damals auf die Abschiebung dieses engen Vertrauten von Amri drangen. Sie fragen sich, ob da möglicherweise etwas vertuscht werden soll - etwa, dass man die Gefährder Amri und Ammar nicht von der Straße holte, weil man sich von ihnen interessante Informationen über andere gewaltbereite Islamisten im In- und Ausland erhoffte.

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