Immer weniger Fälle

„Pfusch“ in Österreich EU-weit am geringsten

Österreich
07.02.2019 09:59

In Österreich ist die Schwarzarbeit im EU-weiten Vergleich am geringsten. 2019 soll das Volumen hierzulande im Jahresabstand um 5,1 Prozent auf 24,1 Milliarden Euro weiter sinken, wie aus den aktuellen Berechnungen des Linzer Ökonomen Friedrich Schneider hervorgeht. Das entspricht 6,2 Prozent des Bruttoinlandsprodukts - im EU-Schnitt liegt der Anteil der Schattenwirtschaft bei 16,3 Prozent. Was aber gesagt werden muss: Vieles, was in unseren Nachbarländern bereits unter Schwarzarbeit fällt, ist hierzulande noch lange nicht als „Pfusch“ strafbar.

„Bei uns ist die Kontrollintensität wohl nicht so ausgeprägt wie in anderen Ländern - mit Ausnahme der Bauwirtschaft“, so Schneider. „Die Frage der ,Nachbarschaftshilfe‘ ist bei uns sehr ausgeprägt - was in Deutschland unter ,Pfusch‘ fällt, ist bei uns nicht unter ,Pfusch‘ subsumiert.“ Beim Häuslbauen würden nur die Stunden aufgeschrieben und gegengerechnet - nach dem Motto „Heut‘ bau ich, nächstes Jahr baust du“. Viele Häuser und Eigenheime gäbe es aber ohne Pfusch gar nicht.

Der größte Verlierer bei der Schwarzarbeit sei der Staat, dem hauptsächlich Sozialversicherungsbeiträge entgingen, meint Schneider. Die Steuer- und Sozialversicherungsausfälle belaufen sich den Angaben zufolge auf zwei bis 3,5 Milliarden Euro pro Jahr. Die Steuerverluste hielten sich in Grenzen, da das schwarz verdiente Geld sofort wieder in der offiziellen Wirtschaft ausgegeben werde. Ein weiterer Verlierer seien die Krankenversicherungen, die die erhöhten Kosten der zusätzlichen Unfälle bzw. Arbeitsunfähigkeit der Pfuscher tragen würden.

Schwarzarbeit in EU geht nur minimal zurück
In den 28 EU-Staaten soll es heuer gegenüber 2018 einen Rückgang der Schwarzarbeit um nur 0,54 Prozentpunkte geben. Ähnlich niedrige ,Pfusch‘-Raten wie Österreich weisen die Niederlande und Luxemburg mit 7 bzw. 7,4 Prozent des BIP aus. Am massivsten zutage tritt die Schattenwirtschaft in Bulgarien (30,1 Prozent), Rumänien (26,9) und Kroatien (26,4).

Der heuer für Österreich erwartete Rückgang des ,Pfuschens‘ sei „primär der wirklich kräftigen Konjunktur zu verdanken und der doch deutlich gesunkenen Arbeitslosigkeit“, so Schneider. „Da ist der Anreiz viel, viel kleiner.“ Der offiziell versteuerte Verdienst sei gut, und auch die Steuerreform werde Entlastungen bringen. „Würde man sich auch noch trauen, die kalte Progression abzuschaffen, würde das der Schattenwirtschaft einen Dämpfer versetzen“, ist der Ökonom überzeugt. Damit sei aber nicht vor 2022/23 zu rechnen.

Steuerprogression bremst Rückgang der Schattenwirtschaft
Da besagte Steuerprogression insbesondere mittlere und untere Einkommensschichten treffe, sei der Effekt auf die Schattenwirtschaft hoch - von einem Prozent Lohnsteigerung würden ungefähr 30 Prozent durch die kalte Progression wegbesteuert. Wäre diese per 1. Jänner 2019 abgeschafft, würde sich die Schattenwirtschaft heuer um fast 1,8 Milliarden Euro verkleinern, nicht nur um 1,3 Milliarden Euro, betont Schneider.

Den Berechnungen zur Schwarzarbeit für 2019 zugrunde gelegt sind die Prognosen der Wirtschaftsforschungsinstitute Wifo und IHS, die für heuer von einem Anstieg des offiziellen BIP um 1,9 Prozent und einem Rückgang der Arbeitslosigkeit um rund 15.000 Personen ausgehen. Beide Faktoren bringen dem Volkswirt zufolge ein Absinken des Pfuschvolumens um 980 Millionen Euro. Die Einführung des Familienbonus bewirke weitere 320 Millionen Euro. Seit 2005 sinkt die Schattenwirtschaft in Österreich mehr oder weniger kontinuierlich - Ausreißer nach oben gab es aber beispielsweise 2009 (plus 2,9 Prozent), 2014 (+5,8) und 2015 (+4,5).

Der Großteil ,pfuscht neben normalem Job
66 Prozent der Wertschöpfung kommen 2019 von ,Pfuschern‘ die (selbstständig oder unselbstständig) in einem offiziellen Job beschäftigt sind, die volle Steuer- und Abgabenlast tragen und „nur“ die schwarzen Überstunden nicht versteuern. 16 Prozent der Schwarzarbeit gehen auf das Konto der organisierten Kriminalität (Prostitution, Bau), 17 Prozent kommen von Arbeitslosen und Frühpensionisten. Nach Bundesländern betrachtet wird heuer in Wien mit einem Volumen von voraussichtlich 4,8 Milliarden Euro am meisten gepfuscht. Dahinter folgen Oberösterreich mit 2,9 Milliarden Euro und Niederösterreich mit 2,8 Milliarden.

„Schwarze“ Milliardenumsätze in Baugewerbe und Handwerk
Mit rund 39 Prozent den größten Anteil an der Schattenwirtschaft hat der Sektor Baugewerbe und Handwerksbetriebe (inklusive Reparatur). In diesem Bereich werden 2019 voraussichtlich 9,9 Milliarden Euro umgesetzt - davon fast 1,9 Milliarden Euro in Wien, 1,14 Milliarden Euro in Oberösterreich und 1,10 Milliarden in Niederösterreich.

Ohne Steuern abzuführen aktiv am Arbeiten sind des Weiteren Gewerbebetriebe und haushaltsnahe Dienstleister. Deren Anteil an der Schwarzarbeit liegt bei 17 Prozent bzw. 4,3 Milliarden Euro - 813 Millionen Euro davon in Wien, 495 Millionen in Oberösterreich und 481 Millionen in Niederösterreich. Dahinter folgen die Sektoren „andere Gewerbe- und Industriebetriebe“ (Kfz, Maschinen etc.) sowie „Dienstleistungsbetriebe“ (Hotels, Gaststätten etc.). In diesen beiden Sektoren erreicht der Pfusch heuer ein Volumen von knapp 4,1 Milliarden Euro - 765 Millionen davon in Wien, 466 Millionen in Oberösterreich und 452 Millionen in Niederösterreich.

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